Besonderer Gerichtsstand des Vorprozesses

Von besonderem Interesse ist der Gerichtsstand des § 34 ZPO. Danach kann ein Anwalt nämlich wegen seiner Vergütung auch vor dem Gericht des Hauptprozesses klagen. Verkannt wird dabei häufig, dass es sich bei der Vorschrift des § 34 ZPO nicht nur um eine Regelung zur örtlichen Zuständigkeit handelt, sondern auch um eine Vorschrift zur sachlichen Zuständigkeit. Das bedeutet, dass auch Vergütungsforderungen von unter 5.000,01 EUR vor dem Landgericht eingeklagt werden können, wenn dort der Hauptprozess stattgefunden hatte. Umgekehrt kann vor dem Amtsgericht auch dann geklagt werden, wenn der Vergütungsanspruch den Betrag von 5.000,00 EUR übersteigt.

 

Beispiel

Der Anwalt begehrt aus einem Rechtsstreit vor dem LG München I eine Vergütung i.H.v. restlichen 4.000,00 EUR. Der Anwalt hat seine Kanzlei in Karlsruhe; der Mandant hat seinen Sitz in Nürnberg.

Der Gerichtsstand des Erfüllungsorts in Karlsruhe scheidet aus. Möglich ist eine Klage vor dem allgemeinen Gerichtsstand in Nürnberg. Zuständig wäre dann das Amtsgericht. Möglich ist aber auch eine Klage in München. Hier kann sich der Anwalt lediglich auf die örtliche Zuständigkeit nach § 34 ZPO berufen und vor dem Amtsgericht klagen. Er kann sich aber auch auf die sachliche Zuständigkeit berufen und vor dem Landgericht München I klagen.

Unanwendbar bei Strafverfahren

Um welche Art "Hauptprozess" es sich gehandelt, ist unerheblich. Die Vorschrift gilt allerdings nicht für Strafsachen (Zöller/Vollkommer, ZPO, 31. Aufl., 2016, § 34 Rn 4). Honorare aus Strafprozessen können nicht im Gerichtsstand des § 34 ZPO eingeklagt werden.

Keine Zuständigkeit des Familiengerichts

Auch wird durch § 34 ZPO nicht die Zuständigkeit des Familiengerichts begründet. Hier ist dann immer – wertunabhängig – die Prozessabteilung des jeweiligen Amtsgerichts zuständig.

 
Hinweis

Klagt der Rechtsanwalt die in einem familiengerichtlichen Rechtsstreit entstandenen Gebühren und Auslagen im Gerichtsstand des Hauptprozesses ein, ist nicht das Familiengericht zuständig, sondern die allgemeine Prozessabteilung des Amtsgerichts.

BGH, Urt. v. 29.1.1986 – IVb ZR 8/85, FamRZ 1986, 347 = NJW 1986, 1178 = Rpfleger 1986, 180 = JurBüro 1986, 714 = MDR 1986, 483 = AnwBl 1986, 353 = BGHZ 97, 79

Bei Werten von über 5.000,00 EUR kann dann auch vor dem Landgericht geklagt werden, in dessen Bezirk das Familiengericht liegt.

Keine Zuständigkeit der Arbeitsgerichtsbarkeit

Resultiert die Vergütung aus einem Verfahren vor einer besonderen Gerichtsbarkeit, eröffnet dies allerdings nicht die Zuständigkeit dieser Gerichtsbarkeit. Zuständig sind dann auch hier die Zivilgerichte, und zwar dasjenige Gericht, das vom Streitwert her zuständig ist und in dessen Sprengel das erstinstanzliche besondere Gericht liegt, vor dem der Rechtsstreit stattgefunden hat. Das gilt z.B., wenn die Vergütung aus einem arbeitsgerichtlichen Verfahren eingeklagt werden soll.

 
Hinweis

Für die Klage eines Prozessbevollmächtigten gegen seinen Mandanten wegen Gebühren und Auslagen im Zusammenhang mit einem Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht ist der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten und nicht zu den Gerichten für Arbeitssachen gegeben.

BAG, Beschl. v. 28.10.1997 – 9 AZB 35/97, AGS 1998, 54 = BAGE 87, 29 = NJW 1998, 1092 = NZA 1998, 219 = JurBüro 1998, 310 = BRAK-Mitt 1998, 100

Keine Zuständigkeit der Finanzgerichtsbarkeit

Auch für die Vergütung aus einem finanzgerichtlichen Verfahren verbleibt es bei der Zuständigkeit der ordentlichen Gerichtsbarkeit.

 
Hinweis

Für die Gebührenforderung eines Rechtsanwaltes, der in einem finanzgerichtlichen Verfahren tätig geworden ist, ist der Finanzrechtsweg auch nicht nach § 155 FGO i.V.m. § 34 ZPO gegeben.

FG Hamburg, Beschl. v. 14.9.2001 – II 297/01, DStRE 2002, 256

Keine Zuständigkeit der Sozialgerichtsbarkeit

Gleiches gilt für die Vergütung aus einem sozialgerichtlichen Verfahren.

 
Hinweis

Der Sozialrechtsweg ist für Streitigkeiten über die Höhe der Vergütung eines Rechtsanwaltes aus der Vertretung in einem den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit zugewiesenen Rechtsbereich nicht eröffnet.

LSG Schleswig, Beschl. v. 25.5.1998 – L 1 S 13/97, AGS 2000, 15 = NZS 2003, 168 = NZS 1999, 56 u. 2003, 168

Ebenso: SG Dresden, Beschl. v. 17.6.2002 – S 1 SF 4/02, AGS 2003, 279 = JurBüro 2003, 592 = RVGreport 2004, 231

Im Falle eines vorangegangen Urheberrechtsstreits besteht keine besondere Zuständigkeit des Gerichts für Urheberrechtsstreitsachen nach § 105 UrhG. Zuständig ist das allgemeine Zivilgericht.

 
Hinweis

Bei der Klage eines Rechtsanwalts gegen seinen Mandanten auf Zahlung des Honorars für die Beratung und Vertretung in einer Urheberrechtssache (hier: Verteidigung gegen Abmahnung wegen Urheberrechtsverletzung) handelt es sich nicht um eine Urheberrechtsstreitsache i.S.v. § 105 UrhG. Somit besteht keine besondere Zuständigkeit eines Gerichts für Urheberrechtsstreitsachen.

BGH, Beschl. v. 17.1.2013 – I ZR 194/12, WRP 2013, 811 = GRUR 2013, 757 = MMR 2013, 463 = NJW 2013, 2439

Vergütung aus Rechtsmittelve...

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