Leitsatz

Wird mit einer Räumungs- und Herausgabeklage eine Klage auf Zahlung künftiger Nutzungsentschädigungen bis zur Räumung und Herausgabe der Wohnung verbunden, richtet sich der Streitwert dieses Zahlungsantrags nach § 3 ZPO unter Berücksichtigung der zu erwartenden Dauer bis zur Räumung und Herausgabe der Wohnung (hier neun Monate). Die Regelungen der § 9 ZPO und § 41 GKG sind insoweit für die Wertfestsetzung unanwendbar.

LG Bonn, Beschl. v. 1.7.2009 – 6 S 36/09

I. Der Fall

Die Kläger hatten neben der Räumung und der Herausgabe eines Einfamilienhauses die Verurteilung der Beklagten zu künftigen Nutzungsentschädigungen bis zur Räumung und Herausgabe des Objekts in Höhe von monatlich 920,33 EUR verlangt. Das erstinstanzliche Gericht (AG Siegburg) hat den Streitwert für den Antrag auf zukünftige Nutzungsentschädigungen mit 40.753,86 EUR festgesetzt. Dabei ist es gem. § 9 ZPO von dem 3½-fachen Jahreswert (42 Monate) ausgegangen und hat offenbar infolge eines Rechenfehlers eine monatliche Nutzungsentschädigung von 970,33 EUR zugrunde gelegt.

Gegen diese Festsetzung haben die Beklagten Streitwertbeschwerde erhoben.

II. Die Entscheidung

Das LG hat den Wert des Antrags auf Zahlung künftiger Nutzungsentschädigungen nur in Höhe des neunfachen Monatsbetrags von 920,33 EUR (8.282,97 EUR) festgesetzt.

Der Streitwert einer Klage auf künftige Nutzungsentschädigungen ist nach § 3 ZPO zu schätzen

Der Streitwert einer Klage, mit der neben dem Räumungs- und Herausgabeanspruch die Zahlung künftiger Nutzungsentschädigungen geltend gemacht wird, ist nach Auffassung des Gerichts gem. § 3 ZPO unter Berücksichtigung der durchschnittlichen Dauer von der Einreichung einer Räumungs- und Herausgabeklage bis zur tatsächlichen Räumung und Herausgabe im Landgerichtsbezirk zu ermitteln. Im LG-Bezirk Bonn belaufe sich dieser Zeitraum durchschnittlich auf neun Monate.

Die §§ 9 ZPO und 41 GKG sind unanwendbar

Die §§ 9 ZPO und 41 GKG seien insoweit für die Wertfestsetzung unanwendbar. Maßgeblich sei vielmehr nach § 3 ZPO das Klägerinteresse bei Einreichung der Klage, das sich hinsichtlich der Nutzungsentschädigung auf die voraussichtliche Dauer der Anspruchszeit beschränke. Insoweit sei § 9 ZPO unanwendbar, weil es sich bei der künftigen Nutzungsentschädigung um eine nur vorübergehend wiederkehrende Leistung handele, die nicht auf unbestimmte Dauer verlangt werden könne (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 27. Aufl., § 9 Rn 3). Auch § 41 GKG greife nicht ein, da es bei der künftigen Nutzungsentschädigung um eine Leistung nach Beendigung des Mietverhältnisses gehe und nicht um den Bestand eines Miet- oder Nutzungsverhältnisses.

III. Der Praxistipp

Bei Klagen auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung (§ 546a BGB) gelten die gleichen Grundsätze wie bei Klagen auf Zahlung künftiger Mieten (OLG Frankfurt/M. Rpfleger 1980, 299 = MDR 1980, 761). Wird auf zukünftige Leistung geklagt (§ 259 ZPO), so greift nicht § 41 Abs. 1 GKG. Vielmehr ist der Wert gem. § 48 Abs. 1 S. 1 GKG i.V.m. den §§ 3 ff. ZPO nach freiem Ermessen festzusetzen, und zwar nicht nach starren Jahrespauschalen, sondern nach dem Umständen des Einzelfalls. Ob dabei auf § 3 ZPO abzustellen ist oder auf § 9 ZPO, mag dahinstehen. Soweit man § 9 ZPO anwendet – was m.E. zuteffender ist –, muss im Rahmen dieser Vorschrift die erwartete Dauer bis zur Räumung geschätzt werden, da die Nutzungsentschädigung nicht auf unbestimmte Zeit zu zahlen ist, sondern auf bestimmte Zeit, nämlich bis zur vollständigen Räumung.

Die überwiegende Rspr. geht vom zwölffachen Monatsbetrag aus

Die überwiegende Rspr. geht dabei grundsätzlich von einem restlichen Zeitraum in Höhe von zwölf Monaten aus.

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