Unterbleibt der Versorgungsausgleich, ist die Bewertung zum Teil umstritten.

aaa) Ausgleichsfähige Anrechte

(1) Grundsatz

Bewertung auch bei unterbliebenem Ausgleich

Ausgleichsfähige Anrechte sind auch dann zu bewerten, wenn der Versorgungsausgleich unterbleibt.

(2) Kein Ausgleich wegen kurzer Ehezeit

Das gilt dann, wenn der Ausgleich nach § 3 Abs. 3 VersAusglG wegen kurzer Ehezeit unterbleibt.

 

Kein Ausgleich wegen kurzer Ehezeit

Für ein Versorgungsausgleichsverfahren ist nach § 50 FamGKG auch dann ein Gegenstandswert festzusetzen, wenn Anträge nach § 3 Abs. 3 VersAusglG nicht gestellt werden.

OLG Düsseldorf, Beschl. v. 15.6.2010 – II-7 WF 10/10, AGS 2010, 398 = FuR 2010, 525 = FamRZ 2010, 2102 = JurBüro 2011, 259 = RVGreport 2010, 397 = ZFE 2010, 428

 

Kein Ausgleich wegen kurzer Ehezeit

In einem Versorgungsausgleichsverfahren ist ein Verfahrenswert nach § 50 FamGKG auch dann festzusetzen, wenn ein Antrag nach § 3 Abs. 3 VersAusglG nicht gestellt wird.

OLG Jena, Beschl. v. 24.5.2011 – 1 WF 215/11, AGS 2011, 387 = FamRZ 2012, 128 = FuR 2011, 540 = RVGreport 2011, 314

(3) Kein Ausgleich wegen Geringfügigkeit

Das Anrecht ist auch dann zu bewerten, wenn der Ausgleich nach § 18 VersAusglG wegen Geringfügigkeit unterbleibt.

 

Kein Ausgleich wegen Geringfügigkeit

Bei der Ermittlung des Verfahrenswerts einer Versorgungsausgleichssache sind sämtliche während der Ehezeit erworbenen Versorgungsanrechte zu berücksichtigen, auch die, bei denen wegen Geringfügigkeit ein Ausgleich nicht stattfindet.

OLG Brandenburg, Beschl. v. 10.2.2014 – 9 WF 22/14, FamRZ 2014, 1808 = AGS 2014, 569 = NZFam 2014, 1158

(4) Kein Ausgleich wegen vertraglichen Ausschlusses

Ebenso sind Anrechte zu bewerten, wenn nach §§ 6, 8 VersAusglG ein Ausgleich wegen vertraglichen Ausschlusses unterbleibt.

 

Kein Ausgleich wegen vertraglichen Ausschlusses

Für eine Versorgungsausgleichssache ist ein Verfahrenswert auch dann festzusetzen, wenn der Versorgungsausgleich durch eine Vereinbarung der Parteien ausgeschlossen wurde. Denn ein Versorgungsausgleichsverfahren ist von Amts wegen auch dann einzuleiten, wenn die Eheleute eine Vereinbarung getroffen haben, deren Wirksamkeit vom Gericht zu überprüfen ist. Damit bestimmt sich der Verfahrenswert nach § 50 Abs. 1 FamGKG.

OLG München, Beschl. v. 31.5.2011 – 12 WF 831/11, OLG München AGS 2011, 389 = FamRZ 2011, 1813 = RVGreport 2011, 313 = FF 2012, 43

Der Wert nach § 50 FamGKG gilt auch dann, wenn die Beteiligten sich darüber streiten, ob ein wirksamer Ausschluss vorliegt.

 

Streit über den Ausschluss des Versorgungsausgleichs

Ist zwischen Eheleuten die Wirksamkeit eines Ausschlusses des Versorgungsausgleichs durch notariellen Vertrag streitig, bemisst sich der Verfahrenswert nach § 50 Abs. 1 S. 1 FamGKG.

OLG Frankfurt, Beschl. v. 19.6.2015 – 5 WF 109/15, FamRZ 2016, 165

(5) Kein Ausgleich wegen Unbilligkeit

Schließlich sind Anrechte zu bewerten, wenn der Ausgleich nach § 27 VersAusglG wegen grober Unbilligkeit unterbleibt (siehe OLG Köln FF 2013, 332 = FamRZ 2013, 1910).

bbb) Nicht ausgleichsfähige Anrechte

Bewertung ist strittig

Bei nicht ausgleichsfähigen Anrechten ist dagegen zu differenzieren:

Steht von vornherein fest, dass die Anwartschaften nicht auszugleichen sein werden, etwa bei Kapitallebensversicherungen, für die das Rentenwahlrecht nicht ausgeübt wurde, so werden sie erst gar nicht Gegenstand des Verfahrens und sind nicht zu bewerten.
Ergibt sich erst im Laufe des Verfahren nach Einholung einer Auskunft die fehlende Ausgleichsfähigkeit, weil ein Ehezeitanteil nicht ermittelt wird, das Anrecht aber besteht, sind die Anrechte dagegen Gegenstand des Verfahrens geworden und somit auch zu bewerten.
 

Bewertung von Anwartschaften ohne Ehezeitanteil

1. Im Verfahrenswert in der Folgesache Versorgungsausgleich ist jedes verfahrensgegenständliche und nicht nur jedes auszugleichende Anrecht zu berücksichtigten.

2. Nicht verfallbare Anrechte oder Anrechte ohne Ehezeitanteil können nach Billigkeit von der Festsetzung des Verfahrenswerts im Versorgungsausgleich ausgenommen werden.

OLG Stuttgart, Beschl. v. 13.9.2010 – 16 WF 205/10, AGS 2010, 557 = FamRZ 2011, 134 = NJW-RR 2011, 227 = FamFR 2010, 493 = FF 2011, 130

Zum Teil wird allerdings die Auffassung vertreten, dass solche Anrechte nicht zu bewerten seien.

 

Keine Bewertung von Anwartschaften ohne Ehezeitanteil

1. Bei der Bemessung des Verfahrenswerts für das Versorgungsausgleichsverfahren sind nur Anrechte zu berücksichtigen, über deren Behandlung entschieden worden ist und die damit Gegenstand des Verfahrens waren.

2. Dies ist auch der Fall, wenn hinsichtlich der behandelten Anrechte kein Ausgleich angeordnet wurde oder das Gericht nur festgestellt hat, dass kein Ausgleich stattfindet.

3. Hingegen reicht es für die Berücksichtigung beim Gegenstandswert nicht aus, dass bei Versorgungsträgern Anfragen erfolgt sind und diese das Ergebnis hatten, dass in der Ehezeit keine relevanten Anrechte erworben wurden.

OLG Bamberg, Beschl. v. 16.11.2015 – 2 WF 243/15, AGS 2016, 191 = NZFam 2016, 133 = JurBüro 2...

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