Leitsatz (amtlich)

1. Ein Rückforderungsanspruch der Schwiegereltern gegen das Schwiegerkind nach Scheitern der Ehe setzt grundsätzlich eine beim Wegfall der Geschäftsgrundlage noch vorhandene, messbare Vermögensmehrung voraus, die zugleich den Anspruch nach oben begrenzt (BGH FamRZ 2012, 273 Rn. 31). Dabei ist jedoch nicht allein auf den Zeitpunkt des Wegfalls der Geschäftsgrundlage - des Scheiterns der Ehe - abzustellen. Vielmehr ist dem Beschenkten eine Rückgewähr des Geschenks im Rahmen von § 313 BGB auch dann regelmäßig nicht zumutbar, wenn zum Zeitpunkt des Zugangs des ersten Rückforderungsverlangens die Zuwendung nicht mehr messbar in seinem Vermögen vorhanden ist.

2. Auf die Gründe des nachträglichen Vermögensverlustes kommt es in der Regel nicht an. Das Risiko, dass die Zuwendung zum Zeitpunkt der Rückforderung im Vermögen des Beschenkten nicht mehr vorhanden ist, trägt grundsätzlich der Schenker. Etwas anderes gilt nach Treu und Glauben nur dann, wenn der Beschenkte das Vermögen bewusst gemindert hat, um den Schenker zu benachteiligen.

 

Tenor

  • 1.

    Der Antrag wird abgewiesen.

  • 2.

    Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.

  • 3.

    Die sofortige Wirksamkeit von Ziffer 2. wird angeordnet.

Der Verfahrenswert wird auf 90.000,00 € festgesetzt.

 

Gründe

I.

Das Verfahren betrifft die Rückforderung behaupteter Zuwendungen der ehemaligen Schwiegermutter an den Schwiegersohn nach Scheitern der Ehe.

Der Antragsgegner war mit der Tochter der Antragstellerin, der Zeugin A. H., verheiratet. Die am 18.4.1995 geschlossene Ehe wurde mit Endbeschluss des Amtsgerichts Rosenheim vom 8.12.2011 rechtskräftig geschieden. Aus der Ehe sind die drei Kinder P., M. und F. hervorgegangen.

Im August 1997 erwarben der Antragsgegner und die Tochter der Antragstellerin ein Einfamilienhaus in R. An dem Haus wurden in der Folge umfangreiche Renovierungen durchgeführt. Das Haus wurde fortan bis zur Trennung der Eheleute H. Ende des Jahres 2007 von diesen und ihren Kindern bewohnt. Im Zuge der Trennung der Ehegatten wurde das Anwesen im Sommer 2008 veräußert.

Die Antragstellerin behauptet, sie habe ihrer Tochter und dem Antragsgegner für den Erwerb und die Renovierung des Hauses im Januar 1997 einen Betrag von 56.000 DM, im August 1997 einen Betrag von 300.000 DM und Anfang Januar 1998 einen Betrag von 90.000 DM geschenkt. Schließlich habe sie den Eheleuten im Frühjahr 1998 einen weiteren Betrag von 30.000 DM zum Kauf einer neuen Kücheneinrichtung geschenkt. Die Antragstellerin ist der Auffassung, sie sei aufgrund des endgültigen Scheiterns der Ehe berechtigt, die Schenkungsbeträge (teilweise) zurückzufordern. Die Höhe des Anspruchs betrage 75 % des auf den Antragsgegner entfallenden hälftigen Anteils der Schenkungen in Höhe von 238.000 DM (= 121,687,47 €), sodass sich ein Rückforderungsanspruch von rund 90.000 € ergebe. Die Eheleute hätten etwa 10 Jahre in dem Haus gelebt, sodass bei einer Lebenserwartung des Antragsgegners zum Zeitpunkt der Schenkung von 40 Jahren der Schenkungszweck für 25 % der anzunehmenden Zeitspanne erreicht und für 75 % der Zeitspanne nicht erreicht worden sei. Die Antragstellerin trägt schließlich vor, der jedem Ehegatten aus der Veräußerung des Hauses verbleibende Verkaufserlös nach Abzug der Verbindlichkeiten habe 104.000 € betragen.

Die Antragstellerin beantragt, zu erkennen:

Der Antragsgegner ist verpflichtet, der Antragstellerin 90.000 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Antragsgegner stellt

Antrag auf Klageabweisung.

Der Antragsgegner behauptet, der Betrag von 300.000 DM sei ihm zwar seinerzeit von der Antragstellerin in bar übergegen worden. In Höhe von 200.000 DM habe es sich aber nicht um eine Schenkung der Antragstellerin, sondern des verstorbenen M. B. gehandelt. Die Antragstellerin sei insoweit nur Geldbotin gewesen. Die weiteren 100.000 DM der 300.000 DM seien Eigenkapital seiner damaligen Ehefrau, der Tochter der Antragstellerin, gewesen. Der Antragsgegner trägt weiter vor, den Betrag von 90.000 DM hätten er und seine Ex-Frau im Januar 1998 erhalten. Hierbei habe es sich aber nicht um eine Schenkung gehandelt. Als Gegenleistung sei die im Eigentum der Zeugin A. H. stehende Wohnung im 1. Obergeschoss des Anwesens [...] an die Antragstellerin privatschriftlich "abgetreten" worden. Damit sei gemeint gewesen, dass der Antragstellerin die Mieteinnahmen aus der Wohnung zustehen sollten. Der Antragsgegner behauptet ferner, bei den 30.000 DM für die Küche habe es sich wiederum um ein Geschenk des Herrn B. und nicht der Antragstellerin gehandelt. Schließlich trägt der Antragsgegner vor, der bereinigte Verkaufserlös aus der Veräußerung des Hauses nach der Trennung habe lediglich 99.479,16 € pro Ehegatte betragen. Der auf ihn entfallende Betrag sei dabei zur Gänze an seine Tante, die Zeugin B. H., die dem Antragsgegner 250.000 DM zum Erwerb des Hauses geliehen habe, ausbezahlt worden.

Die Antragstellerin behauptet, den oben genannt...

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