Verfahrensgang

AG Hamburg (Urteil vom 19.10.2002; Aktenzeichen 46 C 253/02)

 

Tenor

1. Die Zwangsvollstreckung aus dem vollstreckbaren Versäumnisurteil des Amtsgerichtes Hamburg vom 19.10.2002, Aktenzeichen: 46 C 253/02, wird für unzulässig erklärt.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 2.000,00 EUR monatlich bis zur Rechtskraft der Entscheidung.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Feststellung der Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus einem 2002 ergangenen Räumungsurteil.

Zwischen dem Kläger als Mieter und der Beklagten als Vermieterin bestand ein Mietverhältnis über die Wohnung 7 in 20354 Hamburg. Aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten konnte der Kläger die Miete in Höhe von zuletzt 2.147,79 EUR nicht zahlen. Die Klägerin kündigte das Mietverhältnis fristlos und nahm den Beklagten in dem Verfahren 46 C 253/02 auf Räumung in Anspruch. Am 19.10.2002 erging ein Versäumnisurteil des Amtsgerichts Hamburg, welches rechtskräftig wurde. In der Folgezeit glich der Kläger zunächst sämtliche Rückstände aus. Es kam jedoch auch in der Folgezeit immer wieder zu Zahlungsrückständen mit der Miete. Die Beklagte erteilte jeweils Räumungsauftrag. U. a. wurden Zwangsräumungstermine angesetzt für den 25.06.2003, 10.09.2003, 04.02.2004, 02.06.2004, 08.12.2004, 12.04.2005 und zuletzt für den 18.08.2005. Bis auf den letzten Vollstreckungsauftrag nahm die Beklagte den Antrag auf Durchführung der Zwangsvollstreckung jeweils zurück, nachdem es dem Kläger – teils auch sehr kurzfristig – gelungen war, die Rückstände jeweils wieder auszugleichen. Bei Erteilung des Räumungsauftrages zum 18.08.2005 befand sich der Kläger mit der Zahlung von Mai bis August 2005 mit insgesamt 8.591,16 EUR in Verzug.

Auf den Antrag des Klägers hat das Gericht die Zwangsvollstreckung einstweilen eingestellt. Die angeordnete Sicherheitsleistung hat der Kläger, wenn auch mit wenigen Tagen Verspätung, erbracht.

Der Kläger beantragt,

die Zwangsvollstreckung aus dem vollstreckbaren Versäumnisurteil des Amtsgerichts Hamburg vom 19.10.2002, Aktenzeichen: 46 C 253/02, für unzulässig zu erklären.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung, die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil vom 19.10.2002 sei nach wie vor statthaft. Sie sei nicht gezwungen, alsbald oder in geraumer Zeit nach Erwirkung des Räumungstitels zu vollstrecken. Der Titel sei auch nicht verbraucht. Weder sei Verwirkung eingetreten noch konkludent ein neuer Mietvertrag abgeschlossen worden. Angesichts der vielfach anberaumten Termine habe der Kläger sich nicht darauf einrichten dürfen, dass er mit der Vollstreckung aus dem Räumungstitel nicht mehr rechnen müsse. Für eine Verwirkung sei daher kein Raum. Der Kläger habe auch aus den gesamten Umständen des Mietverhältnisses nie den Eindruck gewinnen können, dass die Beklagte das Mietverhältnis mit ihm fortsetzen wolle.

Der Kläger hält die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil schon wegen Zeitablaufs für unzulässig.

Für das weitere Vorbringen der Parteien wird ergänzend auf den Sachvortrag in den Schriftsätzen nebst Anlagen sowie die zu Protokoll gegebenen Erklärungen Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist als Vollstreckungsabwehrklage gemäß § 767 ZPO zulässig und auch begründet. Die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil des Amtsgerichts Hamburg vom 19.10.2002, Aktenzeichen: 46 C 253/02, ist infolge Zeitablaufs unzulässig. In der Regel kann aus einem Versäumnisurteil auf Räumung nur innerhalb eines Zeitraumes von etwa zwei Jahren vollstreckt werden. Dabei sind auch bestimmte Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Eine starre Frist gibt es insoweit nicht.

Im vorliegenden Fall datiert das Versäumnisurteil von Oktober 2002 und ist damit inzwischen drei Jahre alt. Die Beklagte hat von dem Räumungstitel nicht rechtzeitig Gebrauch gemacht, sondern diesen in der Vergangenheit nur als Druckmittel benutzt, um die rückständige Nutzungsentschädigung vom Kläger zu erhalten. Da sie nach Zahlung der Rückstände jeweils wieder von der Räumung Abstand genommen hat, macht deutlich, dass es ihr in Wahrheit nicht darum geht, die Wohnung zurückzuerhalten, sondern lediglich darum, die bestehenden Außenstände einzutreiben. Es ist jedoch nicht der Zweck eines Räumungsurteils, auf Jahre hinweg als Druckmittel verwandt zu werden. Nach Ablauf einer gewissen Prüfungsfrist muss sich der Vermieter entscheiden, ob er den einmal von ihm erwirkten Titel vollstreckt, und zwar mit allen Konsequenzen, auch was die Kostenfolge anbelangt, oder ob er sich dazu entschließt, das ursprüngliche Mietverhältnis mit dem Mieter wieder aufleben zu lassen. Nicht dagegen ist der Räumungstitel dafür gedacht, als fortwährendes „Damokles-Schwert” gegenüber dem Mieter verwandt zu werden, damit dieser künftig keine Rückstände mehr entstehen lässt. Von daher ist, von besonderen Umständen abgesehen, nach dem Ablauf von zwei Jahren die Vollstrec...

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