Tenor

  • 1.

    Das Aufenthaltsbestimmungsrecht bezüglich des gemeinsamen Kindes ... geboren 25.01.1993 wird in Abänderung der bisherigen Sorgerechtslage auf den Kindesvater übertragen. Im übrigen wird die gemeinsame elterliche Sorge beider Eltern etabliert, weitergehende Anträge auf vollständige alleinige Übertragung der elterlichen Sorge auf den Vater werden zurückgewiesen.

  • 2.

    Mit der Rückführung des Kindes in den Haushalt des Vaters, wird das Jugendamt Fürstenfeldbruck betraut.

  • 3.

    Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

  • 4.

    Der Kindesmutter wird Prozeßkostenhilfe ab Antragstellung gewährt unter Beiordnung von Frau Rechtsanwältin ... Ratenzahlungsverpflichtung keine.

 

Gründe

Der Antragsteller ist der eheliche Vater des Kindes ... geboren am 25.01.1993, die Antragsgegnerin die eheliche Mutter dieses Kindes. Die Ehe der Parteien wurde durch Urteil vom 06.12.1994 1 F. /94 geschieden, wobei der Mutter die alleinige elterliche Sorge übertragen wurde. Die Mutter ist mittlerweile wieder verheiratet mit einem Herrn ... lebt von diesem bereits aber wieder getrennt und in Scheidung, erwartet demnächst ihre Scheidung, sie hat einen neuen Partner namens Marco mit dem sie am 15.03.2001 in die Ortschaft ... (hinter Göttingen) verziehen möchte.

Die Umgangsbefugnis des Vaters wurde in der Scheidung nicht geregelt, in einer notariellen Vereinbarung der Parteien vom 02.03.1994 wurde unter Ziffer III. S. 6 festgehalten, daß die elterliche Sorge für ... auf die Mutter übertragen werden solle und das Besuchsrecht des Vaters "im Einvernehmen der Vertragsteile großzügig geregelt" werden solle. Das Kind ... lebte im übrigen auch nicht bei der Mutter sondern bei den Großeltern mütterlicherseits in G., ca. 1 km von der Wohnung der Mutter entfernt und dies bis Sylvester 2000/01. Wegen des Umgangsrechtes des Vaters war ein umfangreiches Verfahren unter dem Aktenzeichen 2 F 97 anhängig aufgrund Antrages des Vaters vom 25.11.1997. In diesem Verfahren konnte trotz vielfältiger Bemühungen des dortigen Richters und Erholung mehrerer Sachverständigengutachten kein Umgangsrecht des Vaters durchgesetzt werden. Das Jugendamt erstattete Berichte, die in Fotokopie auch in den hiesigen Verfahrensakten liegen, nämlich vom 16.02.1998 Bl. 7, vom 27.10.2000 Bl. 48/48, vom 13.11.2000 Bl. 50 ff und vom 22.01.2001 Bl. 53/54 ff.

Der Richter im Verfahren 2 F. /97 hörte im übrigen die Parteien und das Kind mehrfach an, wegen der Einzelheiten wird auf die Protokolle vom 30.04.1998 Bl. 8/9 vom 01.07.1999 Bl. 21/23 und vom 26.06.2000 Bl. 37 Bezug genommen.

Hintergrund in diesem Verfahren war, daß der Kindesvater an einem sogenannten Tourette-syndrom leidet. Hierbei handelt es sich um eine vergleichsweise harmlose neurologische Störung, die überdies beim Kindesvater nur in sehr leichter Form auftritt. Es treten unwillkürliche, rasche, wiederholt auftretende meist rythmische Bewegungsabläufe in unterschiedlichen Muskelgruppen auf, beispielsweise durch ein Zucken von Gesichtsmuskeln, teilweise auch unwillkürliche Lautproduktionen, die ebenfalls plötzlich einsetzen und keinem offensichtlichen Zweck dienen. Es kann zu einem Blinzeln, Kopfwerfen, Schulterzucken, Grimasieren, Räuspern, Schnüffeln und Zischen kommen und ähnlichem. Manche der Erkrankten haben auch das Bedürfnis, oder besser den Tic, unwillkürlich von ihrer Umwelt als anstössig empfundene Worte zu sagen. Mit der Erkrankung kann ein allgemeines Aufmerksamkeitsdefizit, eine motorische Hyperaktivität und ähnliches einhergehen, die Ursache ist bis heute letztlich ungeklärt, eine medikamentöse Abdämpfung der Symptome ist möglich. In mehrfacher mündlicher Verhandlung mit dem Kindesvater konnten bei ihm überhaupt keine Auffälligkeiten festgestellt werden, auch unter Streß.

Die Mutter verweigerte den Umgang des Kindes mit dem Vater. Der Vater, stets bemüht um diesen, legte zunächst ein privatärztliches Gutachten vom 25.05.1998 vor Bl. 20 b von Dr. T. einem Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, in dem ihm bescheinigt wurde, es bestünden keinerlei Bedenken gegen Treffen des Kindesvaters mit seiner Tochter an dessen Wohnort. Zusätzlich erholte der Richter im Verfahren 2 F. /97 ein Gutachten des Sachverständigen Dr. H. vom 06.05.1999 ein (hier Bl. 10/20 d.A.), das zu dem Ergebnis kam, daß aus medizinischer Sicht derzeit keine ernsthaften Einwände oder Bedenken gegen den unbegleiteten Umgang mit der Tochter bestünden. Gleichwohl kam es zu keinem Umgang des Vaters mit dem Kind. Daraufhin erholte der Richter des Verfahrens 2 F. /97 ein weiteres Gutachten und zwar diesmal der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Technischen Universität München Klinikum rechts der Isar, leitender Oberarzt Prof. Dr. K. hier Bl. 26/36 d.A., das aus fachmedizinischer Sicht keinerlei Bedenken bzgl. eines unbegleiteten Umgangs des Vaters mit seiner Tochter hatte.

Mit Beschluß vom 26.06.2000 Bl. 39/44 regelte das Gericht den unbegleiteten Umgang des Vaters mit dem Kind im einzelnen, gleichwohl kam es zu keinem ...

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