Nachgehend

BGH (Urteil vom 28.09.2012; Aktenzeichen V ZR 251/11)

LG Karlsruhe (Urteil vom 19.07.2011; Aktenzeichen 11 S 75/10)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht die Beklagten zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

4. Der Streitwert wird auf 6.000,00 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Parteien bilden die Wohnungseigentümergemeinschaft Schlesierstr. 30 in Ettlingen.

Die Wohnungseigentümergemeinschaft fasste in der Wohnungseigentümerversammlung vom 29.04.2009 unter Tagesordnungspunkt 2 folgenden Beschluss:

„In der Wohnanlage wird eine Gesamtsanierung gemäß der Planung der Arbeitsgruppe Engerie und Betriebswirtschaft durchgeführt, die folgende Leistungen einschließt:

  • Isolierung der Klellerdecke,
  • Wärmedämmung der Fassade,
  • Einbau einer Zwischensparrendämmung im Dachbereich und Neueindeckung des Daches,
  • Austausch der Fenster und Balkontüren, soweit noch nicht geschehen,
  • Einbauen von Vorsatzrollläden,
  • Erneuerung der Heizanlage (Brennwerttechnik),
  • Einbau eines Blockheizkraftwerkes,
  • Erneuerung der Balkontrennwände,
  • Sanierung der Balkone und
  • Einrichten neuer Balkongeländer.

Die Finanzierung der Gesamtsanierung, die sich über einen Gesamtaufwand von ca. 555.000,00 EUR beläuft, erfolgt über staatliche Zuschüsse und zinsbegünstigte KfW-Darlehen, aufzunehmen über die Volksbank Karlsruhe, wobei die Zinsbindung auf 10 Jahre festgelegt ist und die Laufzeit 20 Jahre beträgt. Die Kosten für die Bedienung des Darlehens werden regelmäßig in den Wirtschaftsplan eingestellt und somit in monatlichen Teilbeträgen gemäß den vorliegenden Einzelauswertungen, die jeder Eigentümer erhalten hat, getragen. Die Überwachung der Sanierungsarbeiten erfolgt über Herrn Architekt …”

14 Eigentümer der aus 17 Eigentümern bestehenden Wohnungseigentümergemeinschaft stimmten diesem Beschluss zu, bei einer Gegenstimme und einer Enthaltung.

Der Kläger teilte der Hausverwaltung mit, an der beschlossenen Finanzierung der Gesamtsanierung nicht teilnehmen zu wollen und stellte den Antrag, ihn aus jeglicher Haftung, die sich aus der Finanzierung dieser Maßnahme ergebe, freizustellen. Der Kläger beabsichtigt, die Finanzierungssumme, die auf sein Wohnungseigentum entfällt, aus eigenen Mitteln aufzubringen. Der Antrag des Klägers wurde mit Beschluss unter Tagesordnungspunkt 3 in der Wohnungseigentümerversammlung vom 06.11.2009 mehrheitlich abgelehnt.

Mit der am 05.12.2009 zugestellten Klage wendet sich der Kläger gegen die beiden oben genannten Beschlüsse der Wohnungseigentümergemeinschaft.

Der Kläger trägt vor,

er dürfe nicht im Rahmen der Kreditaufnahme dazu gezwungen werden, für die übrigen Wohnungseigentümer über die Wohnungseigentümergemeinschaft zu haften. Es habe jeder Wohnungseigentümer selbst dafür Sorge zu tragen, seinen Teil der Sanierungskosten aufzubringen.

Da die auf 20 Jahre angelegte Finanzierung nur über eine Festzinsbindung von 10 Jahren verfüge, sei die tatsächliche Belastung durch die Kreditaufnahme nicht abzuschätzen. Die Berechnung der Beklagten beruhe auf der ungesicherten Annahme, dass die Zinsen nach 10 Jahren 8 % nicht überstiegen.

Der Kläger beantragt,

den Beschluss der Eigentümerversammlung vom 29.04.2009 zu dem Beschlusspunkt Tagesordnungspunkt 2 „Beschluss über die Gesamtsanierung der Wohnunganlage einschließlich deren Finanzierung” für nichtig zu erklären,

ferner den Beschluss der Eigentümerversammlung vom 06.11.2009 zu dem Beschlusspunkt Tagesordnungspunkt 3 betreffend der Haftungsfreistellung des Klägers für die Kreditaufnahme der Gesamtsanierung der Eigentümergemeinschaft für ungültig zu erklären.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten tragen vor,

bezüglich des Beschlusses vom 29.04.2009 sei die Anfechtungsfrist gemäß § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG abgelaufen. Der Beschluss sei auch nicht nichtig, weil er ordnungsgemäßer Verwaltung entspreche. Nach der Neufassung des Wohnungseigentumsgesetz sei eine Kreditaufnahme durch die Gesamtheit der Wohnungseigentümer zulässig und entspreche ordnungsgemäßer Verwaltung. Die Kreditaufnahme sei zur Umsetzung des Sanierungsbeschlusses notwendig, um einen besonders günstiges KfW-Darlehen zu erhalten. Nach Durchführung der Sanierungsmaßnahme habe die Eigentumswohnung des Klägers einen höheren Verkehrswert, aufgrund der dann durchgeführten Modernisierungsmaßnahmen und Energieeinsparungsmaßnahmen könne auch eine Mieterhöhung durchgeführt werden. Daneben komme es zu einer Senkung der derzeit hohen Instandhaltungsrücklagen um bis zu 55,00 EUR, die monatliche Mehrbelastung für die dann energetisch auf neustem Stand liegende Wohnung betrage lediglich 77,74 EUR.

Bezüglich des Parteivorbringens wird ergänzend auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen, insbesondere auf die Finanzierungsauswertung in Anlage P1.

 

Entscheidungsgründe

I.

Die zulässige Klage ist unbeg...

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