Entscheidungsstichwort (Thema)

Waschanlage. Waschanlagenschäden. Beweislastumkehr. Nebenpflichtverletzung

 

Leitsatz (amtlich)

In Abweichung von der grundsätzlichen Beweislastverteilung ist in den sogenannten Waschstraßenfällen anerkannt, dass von der Schädigung auf die Pflichtverletzung der Betreiberin geschlossen werden kann, wenn der Geschädigte darlegt und beweist, dass die Schadensursache allein aus dem Verantwortungsbereich der Betreiberin herrühren kann. Dies ist nur dann der Fall, wenn feststeht, dass das Fahrzeug beim Durchlaufen einer Waschanlage beschädigt worden ist und weder ein Defekt am Fahrzeug noch ein Fehlverhalten des Benutzers vorliegt. Das ist nicht der Fall, wenn die Beschädigung des Fahrzeugs beim Durchlaufen der Anlage erfolgt ist, während andere Fahrzeuge des gleichen Fahrzeugtyps jedenfalls ohne Beschädigung die Anlage durchlaufen und die Schadensursache auf einer Materialschwächung des geschädigten Kraftfahrzeugs beruhen kann.

 

Normenkette

BGB § 823 Abs. 1, § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Von der Darstellung eines Tatbestandes wurde gemäß §§ 495 a, 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

I.

Die Beklagte ist dem Kläger weder gemäß §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 631 BGB noch nach § 823 Abs. 1 BGB zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 323,26 € verpflichtet.

Dem Kläger ist der erforderliche Beweis nicht gelungen, dass die Beklagte eine ihr obliegende Pflicht verletzt und dass diese Pflichtverletzung zu einem Schaden an dem klägerischen Fahrzeug geführt hat.

Nach allgemeinen Grundsätzen ist es an dem Geschädigten als Gläubiger darzulegen und zu beweisen, dass der PKW in der von der Beklagten betriebenen Waschstraße geschädigt worden ist, diese schuldhaft eine ihr obliegende Pflicht verletzt und diese Pflichtverletzung den Schaden verursacht hat. In Abweichung von dieser grundsätzlichen Beweislastverteilung ist in den sogenannten Waschstraßenfällen darüber hinaus anerkannt, dass von der Schädigung auf die Pflichtverletzung der Betreiberin geschlossen werden kann, wenn der Geschädigte darlegt und beweist, dass die Schadensursache allein aus dem Verantwortungsbereich der Betreiberin herrühren kann. Dieser Anscheinsbeweis kommt jedoch nur dann zum Tragen, wenn feststeht, dass der Schaden nur durch den automatisierten Waschvorgang in der Waschstraße selbst verursacht worden sein kann, also keine andere Schadensursache in Betracht kommt (OLG Hamm, NJW-RR 2004, 963, NJW-RR 2002, 1456; LG Essen vom 20.11.2008, Aktz.: 10 S 300/08). Ist diese Feststellung nicht möglich, liegt das Risiko der Unaufklärbarkeit der Schadensursache beim Fahrzeugeigentümer.

Der Nachweis der objektiven Pflichtverletzung und der Schadensverursachung ist nach den vorgenannten Grundsätzen durch den Geschädigten erst dann erbracht, wenn fest steht, dass ein Fahrzeug beim Durchlaufen einer Waschanlage beschädigt worden ist und weder ein Defekt am Fahrzeug, noch ein Fehlverhalten des Benutzers vorliegt.

Eine Schadensursächlichkeit allein im Verantwortungsbereich der Beklagten ist vorliegend jedoch nicht feststellbar.

Nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung im Sinne von § 286 Absatz 1 Satz 1 ZPO hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlung und des Ergebnisses einer Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung als wahr oder nicht wahr zu erachten ist. Die nach § 286 Absatz 1 ZPO erforderliche Überzeugung des erkennenden Gerichtes, erforderte keine absolute oder unumstößliche Gewissheit und auch keine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit, sondern vielmehr nur einen für das praktische Leben brauchbaren Grad an Gewissheit, der vernünftige Zweifel zwar nicht ausschließt, diesen jedoch Schweigen gebietet (BGH NJW-RR 2008, 1380 mit weiteren Nachweisen). Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall.

Das Gericht brauchte insoweit nicht festzustellen, ob das Kraftfahrzeug des Klägers, wie von der Beklagtenseite behauptet, über die in der Ablichtung auf Bl. 116 der Akte - Anl. z. Protokoll vom 19.01.2012 - zu erkennende Arretierung verfügte. Denn nach den überzeugenden Feststellungen, welchen die Parteien insoweit nicht entgegengetreten sind, ist das Vorhandensein dieser Arretierung unerheblich dafür, ob der gegenständliche Schaden durch die senkrechten Trocknungsdüsen im Bereich der Waschanlage der Beklagten verursacht worden ist.

Maßgeblich ist vielmehr, wie der Sachverständige zutreffend ausführt, dass bei dem Kraftfahrzeug des Klägers die Motorhaube im Bereich vor der Windschutzscheibe lediglich mit zwei Steckern gehalten wird. Aufgrund des sehr langen Abstandes zwischen diesen beiden Halterungen, konnte es nach den Feststellungen des Sachverständigen dazu kommen, dass auch bei einem unbeschädigten Kraftfahrzeug zumindest eine Erhebung bzw. eine leichte Wölbung der Motorhaube bei Einsat...

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