Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 26.05.1993; Aktenzeichen 1 BvR 208/93)

 

Tenor

Der Beklagte wird verurteilt, die im I-Straße, Essen im 2. Obergeschoss gelegene Wohnung, bestehend aus drei Zimmern, Küche, Bad, Flur, Abstellraum, einem im Keller des Hauses befindlichen Lattenverschlag zu räumen und geräumt an die Klägerin herauszugeben.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 4.000,00 DM abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit leistet.

Dem Beklagten wird eine Räumungsfrist bis zum 31.12.1992 bewilligt.

 

Tatbestand

Der Beklagte hatte mit seinen Eltern, die zwischenzeitlich verstorben sind, die im Hause Essen, I-Straße im 2. Obergeschoss gelegene Wohnung im Jahre 1959 bezogen.

Die Klägerin, die das Haus zu Eigentum erworben hat, sprach mit Schreiben vom 06.04.1990 die Kündigung des Mietvertrages wegen Eigenbedarf aus. Wegen des näheren Inhalts des Kündigungsschreibens wird auf Blatt 6 – 9 d. A. Bezug genommen.

Die Klägerin, die 79 Jahre alt ist, einen Herzschrittmacher hat und unter Gleichgewichtsstörungen leidet, plant, ihre im 1. Obergeschoss des Hauses gelegene Wohnung mit der des Beklagten zu verbinden und ihren Sohn dort einziehen zu lassen, damit sie alsbald Hilfe von ihm erhalten könne. Der Sohn wohnt im Nachbarhaus.

Die Klägerin beantragt, den Beklagten zu verurteilen, die im I-Straße, Essen, im zweiten Obergeschoss gelegene Wohnung, bestehend aus drei Zimmern, einer Küche, einem Bad, einem Flur, einem Abstellraum sowie einem im Keller des Hauses befindlichen Lattenverschlag zu räumen und geräumt an die Klägerin herauszugeben.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweise ihm eine Räumungsfrist zu bewilligen.

Er ist der Ansicht, der Mietvertrag, dessen Kündigung zum 03.05.1991 ausgesprochen worden sei, habe sich gemäß § 568 BGB verlängert.

Durch § 17 des Mietvertrages sei der Kündigungsschutz erweitert worden.

Die Stadt Essen habe am 29.09.1959 die Weisung erteilt, dass der Mietvertrag nach fünf Jahren vom Bestand des Dienstverhältnisses unabhängig sei. Diese Weisung sei Bestandteil des Mietvertrages geworden.

Im übrigen, so behauptet der Beklagte, befinde sich zwischen der Wohnung der Klägerin und der ihres Sohnes ein Türsturz, die leichte Zwischenwand ermögliche einen Durchbruch.

Die Klägerin sei nicht pflegebedürftig, sie bewege sich kregel durchs Haus.

Es sei zweifelhaft, dass der Sohn der Klägerin angesichts seiner im Verfahren eingereichten Schriftsätze die Klägerin betreuen könne.

Wegen des Vorbringens der Parteien im übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf die zu Protokoll gegebenen Erklärungen Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben nach Maßgabe der Beweisbeschlüsse vom 10.01.1992 (Blatt 106 d. A.) und 14.02.1992 (Blatt 128 d. A.), auf deren Inhalt Bezug genommen wird. Hinsichtlich der Aussage der Zeugin T wird auf die Feststellungen in der in der Sitzungsniederschrift vom 10.01.1992 (Blatt 107 d. A.), hinsichtlich der Feststellungen und Ausführungen der Sachverständigen Dr. med. X auf das schriftliche Gutachten vom 13.04.1992 (Blatt 137 – 152 d. A.) verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Die Klägerin kann von dem Beklagten die Räumung und Herausgabe der Wohnung gemäß §§ 564 b, 556 BGB verlangen; denn die Kündigung vom 06.04.1990 hat den Mietvertrag zum 31.05.1991 beendet.

Die Kündigung ist hier zum 31.05. 1991 erklärt worden.

Der zunächst im Schreiben genannte Zeitpunkt 03.05.1991 ist auch für den Beklagten erkennbar ein Schreibfehler; die nachfolgenden Passagen über den Widerspruch und die Ausschöpfung der Kündigungsfrist weisen das Datum 31.05.1991 aus.

Es ist dem Vermieter unbenommen, mit einer längeren als der gesetzlichen Frist zu kündigen.

§ 568 BGB greift nicht ein, weil die Klägerin bereits in der Kündigung einer Verlängerung des Mietverhältnisses über den 31.05. hinaus zulässig widersprochen und die Räumungsklage am 12.06.1991 anhängig gemacht hat.

Eine Kündigung ist auch nicht durch den Mietvertrag ausgeschlossen. Das Landgericht Essen hat bereits im Vorprozess folgendes ausgeführt:

Zwischen den jeweiligen Rechtsvorgängern ist am 15.11.1959 ein unter einer auflösenden Bedingung stehendes Mietverhältnis zustandegekommen. Dies folgt aus § 17 Abs. 1 des Mietvertrages, der bestimmt, dass mit Wegfall der in § 1 Abs. 2 des Vertrages definierten Wohnungsberechtigung – Arbeitsverhältnis zwischen Mieter und Unternehmensverband Ruhr Bergbau – der Vertrag mit sofortiger Wirkung aufgelöst wird. Jene Bedingung ist spätestens mit dem Tod des Vaters des Beklagten eingetreten, so dass das Mietverhältnis ungeachtet der Regelung des § 16 als auf unbestimmte Zeit verlängert gilt, § 565 a Abs. 2 BGB. Da der Ausschluss des Rechts auf ordentliche Kündigung des § 17 Abs. 2 erkennbar an die besonderen persönlichen Voraussetzungen der in § 1 Abs. 2 näher beschriebenen Mietberechtigung anknüpft, sind von diesem Zeitpunkt an die Vorschri...

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