Entscheidungsstichwort (Thema)

Anforderungen an die Zulässigkeit der Stundung von Kosten des Verfahrens zur Restschuldbefreiung i.R.v.Insolvenzverfahren. Konsequenzen und Voraussetzungen für die Bildung einer Rückstellung zur Deckung der Kosten des Verfahrens zur Restschuldbefreiung aus der Insolvenzmasse

 

Leitsatz (amtlich)

Auch in Insolvenzverfahren, die vor dem 01.12.2001 eröffnet worden sind, ist die Stunden der Kosten des Verfahrens zur Restschuldbefreiung (§ 298 Abs. 1 Satz 2, § 4 a InsO) zulässig.

Ist bei Beendigung des Insolvenzverfahrens ungewiss, ob die laufenden Einkünfte des Schuldners während der Wohlverhaltenszeit ausreichen werden, um die Kosten des Verfahrens zur Restschuldbefreiung zu decken, so hat der Insolvenzverwalter bei der Schlussverteilung aus der Insolvenzmasse, soweit möglich, eine Rückstellung für diese Kosten zu bilden. Die zweckgebundene Verfügungsbefugnis über die zurückgestellten Beträge geht mit Beendigung des Insolvenzverfahrens auf den Treuhänder über.

Die Stundung der Kosten ist ausgeschlossen, soweit die Bildung einer solchen Rückstellung möglich ist.

 

Normenkette

InsO §§ 4a, 54-56, 196, 298 Abs. 1 S. 2

 

Tenor

Der Antrag der Schuldnerin auf Stunden der Kosten des Verfahrens zur Restschuldbefreiung wird zurück gewiesen.

Der Insolvenzverwalter wird angewiesen (§ 58 InsO), bei der Schlussverteilung eine hinreichende Rückstellung für die Kosten des Verfahrens zur Restschuldbefreiung zu bilden.

 

Tatbestand

I.

Über das Vermögen der Schuldnerin wurde am 27.12.2000 auf Antrag von drei Gläubigern das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Schuldnerin hat Restschuldbefreiung beantragt. Laut Schlußbericht des Insolvenzverwalters vom 16.12.2002 konnte eine freie Insolvenzmasse im Werte von 26.610,87 EUR erwirtschaftet werden, die nun zur Schlußverteilung ansteht. Im Schlußtermin vom 14.3.2003 hat die Schuldnerin beantragt, ihr die Kosten des Verfahrens zur Restschuldbefreiung zu stunden (Bl. 329, 331 d.A.). Sie behauptet, seit dem 1.1.2002 lägen ihre laufenden Einkünfte unterhalb der Pfändbarkeitsgrenze. Der Richter hat die Entscheidung über den Antrag an sich gezogen (§ 18 Abs. 2 Satz 3 RPflG).

 

Entscheidungsgründe

II.

Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet.

1.

Wie das Gericht bereits in einem anderen Verfahren mit Beschluss vom 24.2.2003 – 62 IK 61/00 entschieden hat, gestattet § 4a Abs. 1 InsO trotz des scheinbar entgegenstehenden Wortlauts des Art. 103a EGInsO auch dann die Kostenstundung im eröffneten Insolvenzverfahren, wenn das Verfahren vor dem 1.12.2001 eröffnet worden ist. Nichts anderes gilt für den hier vorliegenden Fall, in dem es nicht um die Kosten des eigentlichen Insolvenzverfahrens (§ 207 Abs. 1 Satz 2 InsO), sondern um die Kosten des anschließenden Verfahrens zur Restschuldbefreiung geht (§ 4a Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 2, § 298 Abs. 1 Satz 2 InsO). Dies ergibt sich aus dem verfassungsrechtlichen Hintergrund des § 4a InsO. Mit der Stundungsregelung wollten die gesetzgebenden Organe sicherstellen, dass auch solche (redlichen) Schuldner Restschuldbefreiung erlangen können, die nicht über die Mittel zur Deckung der Verfahrenskosten verfügen (vgl. Begründung der Bundesregierung zum Entwurf des InsOÄndG 2001, BT-Dr. 14/5680, S. 11f.; Bericht des Rechtsausschusses, BT-Dr. 14/6468, S. 16f.; BT-Plenarprotokoll 14/179 vom 28.6.2001, S. 17678ff.). Dieser aus dem Gleichheitsgrundsatz und dem Sozialstaatsprinzip (Art. 3 Abs. 1, Art. 20 Abs. 1 GG) abzuleitende Normzweck des § 4a InsO gilt unabhängig von dem Zeitpunkt, zu dem das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist.

2.

Die sachlichen Voraussetzungen für eine Stundung der Verfahrenskosten liegen indessen nicht vor. Die Kosten des Verfahrens zur Restschuldbefreiung können aus der Insolvenzmasse gedeckt werden.

a)

Die Stundung kommt nur in Betracht, wenn das Vermögen des Schuldners voraussichtlich nicht ausreicht, um die Kosten des anstehenden Verfahrensabschnitts zu decken (§ 4a Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 2 InsO). Schuldnerisches Vermögen in diesem Sinn ist auch die Insolvenzmasse (vgl. § 207 Abs. 1 Satz 2 InsO). Sie untersteht zwar der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis des Insolvenzverwalters oder Treuhänders (§ 313 InsO), ihr Rechtsträger bleibt jedoch der Schuldner (§ 80 InsO).

Die gesetzgeberische Entscheidung, daß die Stundung gegenüber der Kostendeckung aus dem schuldnerischen Vermögen subsidiär ist, gilt auch beim Übergang vom Insolvenzverfahren zum anschließenden Verfahren zur Restschuldbefreiung. Für die Kostendeckung im Rahmen dieses Übergangs fehlt zwar eine ausdrückliche gesetzliche Regelung. Es handelt sich aber offensichtlich um eine unbewußte Regelungslücke. Bei wörtlicher Anwendung des§ 196 InsO müßte die Insolvenzmasse in der Schlußverteilung nämlich auch dann bis zur vollständigen Befriedigung der Gläubiger ausgekehrt werden, wenn dem Schuldner die Restschuldbefreiung angekündigt wird und seine künftigen laufenden Einkünfte während der Wohlverhaltenszeit (§ 287 Abs. 2, § 295 Abs. 2 InsO) nicht mit Sicherheit ausreichen, um die für d...

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