Leitsatz (amtlich)

1. Ein Schuldner hat grundsätzlich für jede Zahlungsunfähigkeit nur einmal die Möglichkeit, Restschuldbefreiung zu beantragen. Hat er aus Anlass eines zulässigen und später rechtskräftig als begründet beurteilten Eröffnungsantrags trotz ordnungsgemäßer gerichtlicher Belehrung keinen Antrag auf Restschuldbefreiung gestellt oder hat er trotz Antragstellung das Ziel der Restschuldbefreiung verfehlt, so kann er in einem späteren Verfahren Restschuldbefreiung nur beantragen, wenn die ursprüngliche Zahlungsunfähigkeit weggefallen und der Schuldner in der Folgezeit erneut zahlungsunfähig geworden ist oder es zu werden droht.

2. Etwas Anderes kann nur gelten, wenn der Schuldner im ersten Verfahren die Restschuldbefreiung ohne sein Verschulden verfehlt hat und er dies nicht mit einem Wiedereinsetzungsantrag oder einem Rechtsmittel hat geltend machen können.

 

Normenkette

InsO § 287 Abs. 1, § 20 Abs. 2, § 30 Abs. 3 a.F., § 290 Abs. 1 Nr. 3

 

Tenor

Der Antrag des Schuldners auf Restschuldbefreiung wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Auf Antrag des Schuldners, eines damals selbstständigen Buchhändlers, wurde am 16.12.1999 das Insolvenzverfahren über sein Vermögen eröffnet (AG Duisburg, 60 IN 191/99). Nach Belehrung gemäß § 30 Abs. 3 InsO (in der Fassung von 1999) stellte der Schuldner am 13.04.2000, zwei Monate nach dem Berichtstermin vom 11.02.2000, einen Antrag auf Restschuldbefreiung, den das Amtsgericht zugleich als Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Antragsfrist (§ 287 Abs. 1 Satz 2 InsO in der Fassung von 1999) auffasste. Mit Beschluss vom 17. 4. 2000 (Akte 60 IN 191/99, Sonderband RSB, Bl. 4 ff.) lehnte das Amtsgericht die Wiedereinsetzung ab, weil der Schuldner nicht dargelegt habe, dass er die Frist ohne sein Verschulden nicht eingehalten habe. Zugleich wurde der Antrag auf Restschuldbefreiung als verspätet und damit unzulässig zurückgewiesen. Die hier gegen eingelegte sofortige Beschwerde des Schuldners blieb erfolglos (Beschluss des LG Duisburg vom 07.08.2000 – 24 T 96/00; Akte 60 IN 191/99, Sonderband RSB, Bl. 45 ff.). Nach den Feststellungen des Beschwerdegerichts hatte der Schuldner die Frist für den Wiedereinsetzungsantrag schuldhaft versäumt.

Die Verwertung der Masse erbrachte für die festgestellten Forderungen der nicht nachrangigen Insolvenzgläubiger in Höhe von 665 841,95 EUR eine Quote von 12,5 % (vgl. Schlussbericht des Insolvenzverwalters vom 02.03. 2004; Akte 60 IN 191/99, Bl. 575, Anlage 2, S. 19 ff.). Das Insolvenzverfahren wurde am 06.12.2006 nach Vollzug der Schlussverteilung aufgehoben.

Am 02.01.2007 hat der Schuldner, der nunmehr als Angestellter in einer Buchhandlung arbeitet, erneut die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen sowie Restschuldbefreiung und Stundung der Verfahrenskosten beantragt. In dem eingereichten Gläubiger- und Forderungsverzeichnis hat er pauschal auf das aufgehobene erste Verfahren 60 IN 191/99 verwiesen (Bl. 10 der Akte). Nach Hinweis des Gerichts auf die Entscheidung des BGH vom 06.07.2006 (NZI 2006, 601 = ZVI 2006, 406) hat der Schuldner mitgeteilt, im September 2006 habe sich bei ihm die X-Krankenkasse mit einer neuen Forderung in Höhe von 1 664,19 EUR und im April 2007 die Stadt D. mit einer Forderung in Höhe von 44,22 EUR gemeldet.

 

Entscheidungsgründe

II.

Der Antrag auf Restschuldbefreiung ist unzulässig. Das Recht des Schuldners, einen solchen Antrag zu stellen, ist durch den gleichen Antrag in dem ersten, im Dezember 2006 beendeten Insolvenzverfahren verbraucht. Der Schuldner ist deshalb mit dem neuen Antrag ausgeschlossen. Hierüber kann bereits jetzt, vor Klärung der Voraussetzungen für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens, entschieden werden, weil der Antrag auf Restschuldbefreiung gegenüber dem Eröffnungsantrag einen eigenständigen Verfahrensgegenstand betrifft (vgl. § 1 Satz 2 InsO) und die Sache aus Rechtsgründen insoweit zur Entscheidung reif ist.

A. Ob und unter welchen Voraussetzungen ein Schuldner, gegen den bereits ein insolvenzgerichtliches Verfahren anhängig war, ohne dass der Schuldner Restschuldbefreiung erlangt hat, in einem späteren Verfahren erstmals oder erneut einen Antrag auf Restschuldbefreiung stellen kann, ist im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt. Die Bestimmungen über die Antragsfristen (§ 287 Abs. 1 Satz 2, § 305 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 InsO) gelten ihrem Wortlaut nach unmittelbar nur in dem jeweils bereits anhängigen Verfahren.

1. Auch in der Rechtsprechung ist die Frage bisher nicht grundsätzlich geklärt.

a) Nach Auffassung einiger Amtsgerichte, auf die sich der Schuldner im Schriftsatz seiner Verfahrensbevollmächtigten vom 17.01.2008 (Bl. 53 ff. der Akte) beruft, ist nach Beendigung des ersten Insolvenzverfahrens jederzeit ein erstmaliger oder erneuter Antrag des Schuldners auf Restschuldbefreiung in Verbindung mit einem eigenen Eröffnungsantrag statthaft, selbst wenn der Schuldner bereits im ersten Verfahren hinreichend Gelegenheit zu einem solchen Antrag hatte oder der Antrag als u...

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