Leitsatz (amtlich)

Zum notwendigen Inhalt eines Beschlusses, mit dem die Gemeinschaft Ansprüche einzelner Eigentümer auf Fertigstellung von Arbeiten gegenüber dem Verkäufer oder einem Bauunternehmen ansichzieht.

 

Tenor

Der unter Tagesordnungspunkt 2 in der Eigentümerversammlung der WEG Y-Straße in XXXXX E, am 16.01.2014 gefasste Beschluss:

Zur Herstellung des Gemeinschaftseigentums werden rechtliche Schritte gegen den Bauträger eingeleitet. Gegen den Verkäufer soll gerichtlich vorgegangen werden.

wird aufgehoben und für ungültig erklärt.

Die Beklagten tragen die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Den Beklagten bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, falls nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Tatbestand

Die Beteiligten bilden die aus drei Wohnungseinheiten bestehende Wohnungseigentümergemeinschaft Z 30 in E. Bei dem Gebäude handelt es sich um ein Dreifamilienhaus aus den fünfziger Jahren das im Jahre 2012 in Wohnungseigentum aufgeteilt wurde. Das Gebäude gehörte zuvor der Firma I GmbH, deren Geschäftsführer Herr T2 ist, und der Klägerin, die die Steuerberaterin von Herrn S und/oder dessen Firmen ist. Die Beklagten haben ihre Eigentumswohnungen von der Firma I GmbH gekauft. In diesen beiden Kaufverträgen ist vereinbart, dass die Firma I GmbH das Dach des Gebäudes neu eindeckt sowie Schäden an den Be- und Entwässerungsleitungen der Wohnungen im Erdgeschoss und Dachgeschoss auf eigene Kosten vornimmt.

In der Teilungserklärung vom 09.04.2013 heißt es außerdem wörtlich:

Die Aufteilung der Wohnung Nr. 3 im Dachgeschoss und Spitzboden hat sich geändert und ergibt sich nunmehr aus den anliegenden Aufteilungsplänen „Grundriss Dachgeschoss” und „Grundriss Spitzboden”.

„Alle Beteiligten stimmen unwiderruflich den insoweit erforderlichen Um- und Ausbauarbeiten im Rahmen der baurechtlichen Zulässigkeit und dem unter Beachtung der bautechnischen Erfordernisse (z.B. Statik) in diesem Rahmen notwendigen Veränderungen – auch am Gemeinschaftseigentum – (Verlegung ggfls. erforderlicher Ver- und Entsorgungsleitungen z.B. für Gas, Wasser, Strom). Der jeweilige Eigentümer haftet der Eigentümergemeinschaft für eine ordnungsgemäße Durchführung der von ihm veranlassten Arbeiten und auf Ersatz etwaiger Schäden.”

Die Arbeiten wurden von den Beklagten an die Firma K + S I GmbH, deren Geschäftsführer ebenfalls Herr S ist, vergeben. Die Arbeiten sind seit längerer Zeit aus zwischen den Parteien strittigen Gründen eingestellt worden.

Die Beklagten wollen Ansprüche gegenüber den beteiligten Firmen von Herrn T geltend machen, ggf. auch ein selbständiges Beweisverfahren. Die Verwaltung hatte deshalb zu einer Eigentümerversammlung unter dem 16.01.2014 eingeladen. Die Versammlung fand in den Räumlichkeiten des Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 2.) und in dessen Gegenwart statt. Die Klägerin erschien etwa 10 Minuten nach Beginn der Versammlung. Sie fragte zumindest, warum die Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 1.) bei der Versammlung anwesend sei. Der weitere Inhalt der Gespräche hinsichtlich der Anwesenheit des Beklagtenvertreters ist zwischen den Parteien strittig. Es wurde dann im Laufe der Versammlung folgender Beschluss gefasst und vom Verwalter als Versammlungsleiter verkündet:

„Zur Herstellung des Gemeinschaftseigentums werden rechtliche Schritte gegen den Bauträger eingeleitet. Gegen den Verkäufer soll gerichtlich vorgegangen werden.”

Die Klägerin ist der Auffassung, dass dieser Beschluss rechtswidrig ist. Zum Einen hätte der Beklagten zu 1.) Vertreter nicht an der Versammlung teilnehmen dürfen und zum Anderen sei der Beschluss völlig unbestimmt und vorliegend aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen auch deshalb materiell unwirksam, weil hier nur jedem Einzelnen der beiden Beklagten ggfls. Gewährleistungsansprüche bzw. weitergehende Ansprüche aufgrund der Kaufverträge zustünden.

Die Klägerin beantragt,

wie erkannt.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Sie sind der Auffassung, dass vorliegend der Beklagten zu 1.) Vertreter an der Versammlung hätte teilnehmen dürfen, da die Klägerin nicht ausreichend deutlich ihren Widerspruch erklärt habe. Im Übrigen sind sie der Auffassung, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft berechtigt sei, evtl. Ansprüche an sich zu ziehen. Bei der Auslegung des Beschlusses seien auch außerhalb des Beschlusses liegende Umstände zu berücksichtigen.

Wegen des weiteren Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Der vorliegende Beschluss ist rechtswidrig und war deshalb aufzuheben.

Dabei kann dahingestellt bleiben, ob der Beklagten zu 1.) Vertreter vorliegend an der Versammlung hat teilnehmen dürfen. Insofern hätte der Sachverhalt noch weiter aufgeklärt werden müssen. Prinzipiell sind Wohnungseigentümerversammlungen nicht öffentlich. Ob hier tatsäch...

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