Leitsatz (amtlich)

Den Betreiber eines Freibades trifft hinsichtlich eines Spielgeräts, das zu unkontrollierten Sprüngen und Stürzen in den Nichtschwimmerbereich animiert (Schwimmkrake) eine gesteigerte Verkehrssicherungspflicht; der Geschädigte muss sich bei Unfällen auf sogenannten Spaßanlagen regelmäßig einen Mitverschuldensbeitrag zurechnen lassen.

 

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 244,33 EUR sowie ein Schmerzensgeld in Höhe von 666,66 EUR jeweils zuzüglich Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.08.2010 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger 2/3 sämtlicher weiterer Schäden aufgrund des am 10.07.2010 im Stadionbad erlittenen Unfalls zu ersetzen, soweit die Ersatzansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergegangen sind.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 1/3 und die Beklagte zu 2/3.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Der Kläger kann die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Tatbestand

Der Kläger macht Schadensersatz, Schmerzensgeld und Feststellung der Erstattungsfähigkeit zukünftiger Schäden geltend.

Am 10.07.2010 besuchte der 1993 geborene Kläger das Freibad der Beklagten am W… Zu jener Zeit befand sich im Nichtschwimmerbereich eine mittig an einer Kette verankerte Schwimmkrake; auf Lichtbild Bl. 5 d.A. wird Bezug genommen. Mit Schreiben vom 23.08.2014 wies die Beklagte Ersatzansprüche, die klägerseits im Zusammenhang mit einem Badeunfall geltend gemacht wurden, zurück.

Der Kläger trägt vor, dass er am 10.07.2010 gegen 18 Uhr neben der Schwimmkrake im Wasserbecken gestanden habe. Auf dem Kopf der Krake hätten sich 5 Freibadbesucher befunden. An der gegenüberliegenden Seite sei die Krake sodann von weitere Gästen angehoben worden. Infolge des Sturzes der vom Kopf der Krake herunter fallenden Schwimmbadbesucher sei dem Kläger ein Teilstück seines mittleren Schneidezahns im linken Oberkiefer (Nr. 21) heraus geschlagen worden. Der Kläger ist der Ansicht, dass die Beklagte wegen Verstoßes gegen ihre Verkehrssicherungspflicht Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes von wenigstens 1.500 EUR und Erstattung des für die Überkronung des Zahnstücks aufgebrachten Eigenanteils in Höhe von 366,50 EUR schulde.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 366,50 EUR sowie ein Schmerzensgeld jeweils zzgl Zinsen von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 24.08.2010 zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird.

Festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche weiteren Schäden aufgrund des am 10.07.2010 im Stadionbad erlittenen Unfalls zu ersetzen, soweit die Ersatzansprüche nicht auf Sozialleistungsträger oder andere Dritte übergegangen sind.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor, dass ein seitliches Anheben des Spielgeräts nicht möglich sei; ein grob fahrlässiges Fehlverhalten Dritter wäre ihr im Übrigen nicht zuzurechnen. Die Krake berge bei normalem Gebrauch kein nennenswertes Gefährdungspotential. Der Kläger habe am fraglichen Tag lediglich den Verlust eines Zahnstücks gemeldet, das unauffindbar geblieben sei.

Das Gericht hat nach persönlicher Anhörung des Klägers Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen K…, P…, M… und S… Auf den Inhalt des Sitzungsprotokolls vom 25.09.2014 wird Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist überwiegend begründet. Dem Kläger steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ein Erstattungs- und Schmerzensgeldanspruch in titulierter Höhe zu (§§ 823 I, 249, 253 II BGB bzw. § 280 I BGB).

Unstreitig war der Kläger zum Zeitpunkt des Unfalls zahlender Besucher des Freibads. Der Beklagten oblag insofern die Nebenpflicht, die Gesundheit und die körperliche Unversehrtheit des Klägers angemessen zu schützen. Die Verkehrssicherungspflicht erstreckt sich im Einzelfall auch auf ein absehbares Fehlverhalten Dritter (vgl. Palandt, 73. A., § 823, Rn. 214). Es ist anerkannt, dass ein Freibadbetreiber das Springen vom Beckenrand durch Schwimmbadbesucher ggf. zu unterbinden hat. Der Bademeister muss zumindest bei wiederholten Kopfsprüngen in nicht ausreichende Wassertiefe zum Schutze der springenden und der schwimmenden Badegäste eingreifen (vgl. LG Berlin, VersR 2003, 605; BGH NJW 1980, 1159; Brandenburgisches OLG ZfSch 2000,287). Der Betreiber hat darauf zu achten, dass zur Verfügung gestellte Anlagen bestimmungsgemäß eingesetzt werden (vgl. Palandt, a.a.O.).

Vorliegend hat der seinerzeit Badeaufsicht führende Zeuge P… ausgeführt: „Es ist gelegentlich auch zu beobachten, dass Badegäste die Krake kippen […] da es ja nass ist...

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