Nachgehend

BGH (Urteil vom 26.05.2004; Aktenzeichen VIII ZR 169/03)

 

Tenor

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerinnen 394,23 EUR nebst 4 % Zinsen aus jeweils 27,98 EUR seit dem 6. Januar, 4. Februar, 4. März und 5. April 2000, ferner Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz aus jeweils 27,98 EUR seit dem 5. Mai, 6. Juni, 5. Juli, 4. August, 5. September, 6. Oktober, 4. November und 5. Dezember 2000 sowie aus jeweils 29,22 EUR seit dem 5. Januar und 4. Februar 2001 zu zahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits haben jeweils als Gesamtschuldner die Klägerinnen 75 % und die Beklagten 25 % zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den jeweiligen Vollstreckungsschuldnern wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, sofern nicht die jeweiligen Vollstreckungsgläubiger Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

 

Tatbestand

Die Beklagten schlössen mit der Klägerin zu 1) und Frau Gerda Walker als Vermieterinnen am 8. Dezember 1981 einen schriftlichen Mietvertrag über die Wohnräume im Haus Galenstraße 1, 13597 Berlin, Vorderhaus, 3. OG. Die Beklagte zu 2) ist als Rechtsnachfolgerin von Frau Gerda Walker in das Mietverhältnis eingetreten. Das Haus befindet sich in einem Abstand von ca. 50 Metern zu den Bahnanlagen des 1998 in Betrieb genommenen Fern- und S-Bahnhofes Spandau.

Mit ihrer Klage begehren die Klägerinnen den von den Beklagten aufgrund einer Mietminderung (20 % der Bruttokaltmiete) einbehaltenen Mietzins für den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2000 in Höhe von monatlich 218,94 DM sowie für den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 28. Februar 2001 in Höhe von monatlich 228,58 DM.

Die Klägerinnen beantragen,

die Beklagten zu verurteilen, an sie 3.084,44 DM nebst 4 % Zinsen aus jeweils einem Teilbetrag von 218,94 DM seit dem 6.1., 4.2., 4.3. und 5.4.2000 sowie 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus jeweils einem Teilbetrag von 218,94 DM seit dem 5.5., 6.6., 5.7., 4.8., 5.9., 6.10., 4.11. und 5.12.2000 sowie aus jeweils einem Teilbetrag von 228,58 DM seit dem 5.1. und 4.2.2001 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen.

Sie meinen, aufgrund der erhöhten Lärmentwicklung durch den Betrieb des Fernbahnhofes und wegen der Zunahme des Straßenverkehrs auf der Seegefelder Straße zur Minderung des vereinbarten Mietzinses berechtigt zu sein. Zum Beginn des Mietverhältnisses habe die vorhandene Lärmkulisse allein in dem durchfahrenden Bahnverkehr und dem seinerzeit geringeren Straßenverkehr bestanden. Die an den Gleisen errichtete Lärmschutzwand habe hinsichtlich des Straßenverkehrs eine gegenteilige Wirkung entfaltet, da sie die Geräusche reflektiere. Ferner habe der Busverkehr in der Seegefelder Straße zugenommen. Unter Bezugnahme auf ein Lärmprotokoll vom 6. und 7. Oktober 1998 tragen die Beklagten vor, daß die Lärmbeeinträchtigung nicht nur tagsüber vorliege, sondern insbesondere in den Nachtstunden, wenn Güterzüge den Bahnhof durchfahren und diese Geräusche neben den durch Gong angekündigten Bahnhofansagen zu einer erheblichen Lärmentwicklung führen. Die Lärmkulisse habe zur Folge, daß es ihnen nicht wie zuvor möglich sei, bei geöffnetem Fenster zu schlafen oder Fernseh- bzw. Radiogeräte bei normaler Zimmerlautstärke benutzen zu können. Die Klägerinnen hätten den Einbau von Schallschutzfenstern nicht vornehmen lassen, obwohl ein Planfeststellungserfahren ergeben habe, daß durch die wesentliche Änderung der Bahntrasse Lärmvorsorgemaßnahmen für die Wohnung erforderlich seien.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist nur in Höhe von 394,23 EUR begründet.

Der rechnerisch außer Streit stehende Bruttokaltmietzins für den Zeitraum vom 1. Januar 2000 bis zum 28. Februar 2001 war gemäß § 537 Abs. 1 BGB (a.F.) um 15 % gemindert.

Die zuerkannte Klageforderung setzt sich danach wie folgt zusammen:

Zeitraum

vereinbarter Mietzins (bruttokalt)

nach Minderung um 15 % geschuldeter Mietzins

Zahlungen der Beklagten

offener Mietzins (monatlich) für gesamten Zeitraum

1. Januar 2000 bis 31. Dezember 2000

1.094,72 DM

930,51 DM

875,78 DM

(54,73 DM × 12 Monate) 656,76 DM

1. Januar 2001 bis

28. Februar 2001

1.142,90 DM

971,46 DM

914,32 DM

(57,14 DM × 2 Monate) 114,28 DM

771,04 DM

(394,23 EUR).

Der von den Beklagten geschuldete Bruttokaltmietzins war aufgrund der vom Fernbahnhof Spandau ausgehenden und auf die gemieteten Räume einwirkenden Lärmbelästigungen um 15 % gemindert.

Grundsätzlich kann ein Mangel gemäß § 537 BGB (a.F.) auch in einem sogenannten Umweltfehler bestehen, d.h. in Beeinträchtigungen, die nicht von der Mietsache selbst ausgehen, sondern auf diese einwirken. Hierzu können auch die Beeinträchtigungen durch Geräusche zählen. Hierbei soll es im besonderen Maße auf die Ausgestaltung des Vertrages im einzelnen und auf die konkrete Lage und Situation der Mietsache selbst ankommen, denn Voraussetzung für die Annahme eines Mangels sei immer, daß nach der allgemeinen Verkehrsanschauung d...

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