Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentumsanlage

 

Tenor

1. Der Antragsgegner wird verpflichtet, an die Antragsteller zu Händen der Hausverwaltung 2.494,62 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 5. März 2005 zuzahlen.

2. Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Antragsteller zu tragen.

3. Die Entscheidung zu Ziff. 1. wird im Wege einstweiliger Anordnung für vorläufig vollstreckbar erklärt.

4. Der Geschäftswert wird auf 2.569,68 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

A.

Die Antragsteller sind die Eigentümer der im Rubrum bezeichneten Wohnanlage. Der Antragsgegner ist durch Beschluss des Amtsgerichts Charlottenburg zum Insolvenzverwalter über das Vermögen des Wohnungseigentümers … bestellt worden.

In der Eigentümerversammlung vom 20. April 2004 beschlossen die Eigentümer zum Tagesordnungspunkt (im Folgenden: TOP) 3 die Jahresabrechnung 2003, zum TOP 5 den Wirtschaftsplan 2004. Die Jahresabrechnung 2003 weist für die Einheit … bei einem geschuldeten Wohngeld in Höhe von 2.148,00 EUR (12 × 179,00 EUR) und einem gezahlten Wohngeld von 2.072,94 EUR sowie Kosten in Höhe von 2.804,62 EUR einen Nachzahlbetrag in Höhe von 731,68 EUR aus. Das Wohngeld 2004 betrug monatlich 183,00 EUR. Es ist für Januar – September 2004 in Höhe von insgesamt noch 1.838,00 EUR offen. Wegen der genauen Zusammensetzung dieses Betrages wird auf die Antragsschrift, dort Seiten 2 und 3, verwiesen.

Im Zeitraum Januar 2003 – Mai 2004 stand die Einheit … unter Zwangsverwaltung. Der Insolvenzverwalter zeigte dem Insolvenzgericht am 16. Januar 2004 Masseunzulänglichkeit an.

Die Antragsteller beantragen nach Rücknahme des Antrages in Höhe von 75,06 EUR wegen eines Teils des Saldos aus der Wohngeldabrechnung mit am 5. März 2005 zugestellter Antragsschrift,

1) den Antragsgegner zu verpflichten, an sie zu Händen der Hausverwaltung 2.494,62 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen und

2) die Zahlungsverpflichtung im Wege einstweiliger Anordnung für sofort vollstreckbar zu erklären.

Der Antragsgegner erkennt die Forderung in Höhe von 1.098,00 EUR (Wohngelder Juli–Dezember 2004) unter Protest gegen die Kostenlast an und beantragt im Übrigen,

den Antrag abzuweisen.

Der Antragsgegner ist der Ansicht:

Der Antrag sei unzulässig, soweit die Antragsgegner aus der Jahresabrechnung 2003 Zahlung verlangten. Der Nachzahlbetrag aus der Jahresabrechnung sei nämlich eine Altmasseverbindlichkeit. Wegen dieser könnten die Antragsteller nur im Wege der Feststellungsklage vorgehen. Die Wohngelder für Januar–Juni 2004 schulde hingegen allein die damalige Zwangsverwalterin. Im Übrigen sei ein Antrag nach § 44 Abs. 3 WEG nicht begründet.

 

Entscheidungsgründe

B.

Der zulässige Antrag ist begründet.

I.

Der Antrag ist gemäß § 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG im Wohnungseigentumsverfahren statthaft und auch im Übrigen zulässig. Der Antrag ist insbesondere nicht unzulässig, soweit die Antragsteller nach Rücknahme in Höhe von 75,06 EUR aus der Jahresabrechnung 2003 Zahlung von noch 656,62 EUR verlangen.

1) Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens gehen die Verfügungs- und Verwaltungsbefugnisse über das Wohnungseigentum gemäß §§ 35, 80 InsO auf den Insolvenzverwalter über (BGH NJW 1986, 3206, 3208). Dieser rückt als Träger der Rechte und Pflichten des insolvent gewordenen Wohnungseigentümers weitgehend in dessen Rechtsstellung ein (BGH ZMR 2002, 941, 942). Wird über das Vermögen eines Wohnungseigentümers das Insolvenzverfahren eröffnet, ist für die Frage, wer Wohngeld schuldet, zu unterscheiden, wann die Forderung fällig geworden ist (a.A. AG Mannheim NZM 2004, 800).

1) Nach § 38 InsO ist Insolvenzgläubiger derjenige persönliche Gläubiger, der zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens einen begründeten Vermögensanspruch gegen den Schuldner hat. Maßgeblich ist insoweit, ob der Rechtsgrund für die Entstehung der Forderung vor Eröffnung des Verfahrens gelegt war. Die bis zur Verfahrenseröffnung fällig gewordenen Wohngelder sind danach Insolvenzforderungen i.S.v. § 38 InsO (BGH ZMR 1996, 215; ZMR 1994, 256; NJW 1988, 1910.).

2) a) Daran ändert sich grundsätzlich nichts, wenn eine Jahresabrechnung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens beschlossen wird (BayObLG ZMR 1999, 119; KG ZIP 2000, 2029). Die bereits aus dem Wirtschaftsplan geschuldeten Wohngelder sind auch dann einfache Insolvenzforderungen i.S.v. § 38 InsO. Etwas anderes gilt aber für solche Forderungen, die die geschuldeten Sollwohngelder übersteigen (Abrechnungsspitze). Die Abrechnungsspitze ist eine Masseverbindlichkeit gem. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO (BGH ZMR. 1994, 256; a.A. Beutler/Vogel ZMR 2002, 802, 804), da sie nicht bereits gegen den Wohngeldschulder über den Wirtschaftsplan fällig gestellt war und ihren Schuldgrund allein in der Jahresabrechnung findet.

b) Einer Haftung des Antragsgegner steht auch nicht entgegen, dass er im Januar 2004 gem. § 208 Abs. 1 Satz 1 InsO Masseunzulänglichkeit...

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