Leitsatz

Änderung der vereinbarten Kostenverteilung; Unschädlichkeit für dinglich Berechtigte

 

Normenkette

§ 10 Abs. 1 Satz 2 WEG; §§ 876, 877 BGB; § 19 GBO; Bayer. Unschädlichkeitszeugnis-Gesetz Art. 1 – UnschG -

 

Kommentar

  1. Soll eine Änderung der als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch eingetragenen Gemeinschaftsordnung neuerlich in das Grundbuch eingetragen werden (hier: eine Änderung der Kostenverteilung), kann in entsprechender Anwendung des Unschädlichkeitsgesetzes festgestellt werden, dass dies für die dinglich Berechtigten an den rechtlich nachteilig betroffenen Wohnungseigentumsrechten unschädlich ist.

    Das auf Art. 120 i.V.m. Art. 1 Abs. 2 EGBGB beruhende Gesetz, das Unschädlichkeitszeugnis betreffend (UnschG vom 15.06.1998, BayRS 403-2J), bestimmt, dass eine mit Rechten Dritter belastete Teilfläche eines Grundstücks im Falle ihrer Veräußerung ohne Einwilligung der Berechtigten von den Belastungen frei wird, wenn das AG feststellt, dass die Veräußerung für die Berechtigten unschädlich ist. Insoweit kommt im vorliegenden Fall hinsichtlich einer Änderung der Gemeinschaftsordnung eine entsprechende Anwendung des Gesetzes in Betracht, ohne dass hier Pfandgläubiger materiell-rechtlich gem. §§ 877, 876 BGB der Änderung zustimmen müssten und ohne deren Bewilligung gem. § 19 GBO Änderungen nicht in das Grundbuch eingetragen werden könnten (vgl. BayObLGZ 1984, 257; BGHZ 91, 343/346). Der Senat hat in seiner Entscheidung bereits vom 14.1.1988 (BayObLGZ 1988, 1) sogar die Anwendung des Unschädlichkeitsgesetzes selbst im Falle der Begründung eines Sondernutzungsrechts bejaht (einschränkend demgegenüber wieder BayObLGZ 1974, 217 und OLG Köln, ZMR 1993, 428).

    Allerdings hält der Senat an seiner Auffassung fest, dass dem Unschädlichkeitsgesetz die Erwägung zugrunde liegt, dass bei nur geringfügigen Wertminderungen des Haftungsobjekts die sich aus den §§ 875 ff. BGB i.V.m. den §§ 19, 29 GBO ergebende Notwendigkeit, die Pfandfreigabeerklärung der dinglich Berechtigten beizugeben, Härten zur Folge hätte, an denen vielfach eine Änderungsmaßnahme scheitern würde, welche eine Schmälerung des Haftungsgegenstands auslöst. Zweck des Gesetzes ist es, solche Härten zu vermeiden. Es besteht deshalb ein dringendes Bedürfnis, das Unschädlichkeitsgesetz auch auf Fälle wie diesen (Änderung des Kostenverteilungsschlüssels) analog anzuwenden, da andernfalls bei einer großen Zahl von Betroffenen Änderungen der Gemeinschaftsordnung praktisch ausgeschlossen wären. Das Haftungsobjekt ist in einem solchen Fall im Wert nur geringfügig beeinträchtigt. Insoweit gibt es i. Ü. bereits entsprechende Gesetzesreformgedanken.

  2. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze musste der Streit deshalb unter Aufhebung der Vorinstanz-Entscheidungen zum Zwecke weiterer Ermittlungen zu den Voraussetzungen eines Unschädlichkeitszeugnisses (vgl. Art. 5 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Unschädlichkeitsgesetz) an das AG zurückverwiesen werden.
 

Link zur Entscheidung

BayObLG, Beschluss vom 03.07.2003, 2Z BR 107/03, NZM 21/2003, 853 = BayObLGZ 2003 Nr. 27

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