Leitsatz

Sollen die Grenzen von Sondereigentum und gemeinschaftlichem Eigentum geändert werden, indem die nach § 8 Abs. 1 WEG erklärte und gemäß §§ 8 Abs. 2, 3, 7 WEG vollzogene Aufteilung abgeändert wird, ist hierfür ab Entstehen der (werdenden) Wohnungseigentümergemeinschaft nach § 4 Abs. 1 und 2 WEG eine Vereinbarung in der Form der Auflassung nach §§ 873, 925 BGB unter Zustimmung der durch Vormerkung gesicherten werdenden Eigentümer erforderlich.

 

Normenkette

WEG § 8

 

Das Problem

  1. B gibt eine Teilungserklärung ab. Danach werden für 13 Wohnungseigentumsrechte und 14 Teileigentumsrechte (Tiefgaragenstellplätze) Wohnungs- und Teileigentumsgrundbücher angelegt. B schließt mehrere Erwerbsverträge. Für einige Erwerber ist bereits der Eigentumsübergang (das sind also bereits Wohnungseigentümer), für andere Erwerber sind Auflassungsvormerkungen eingetragen (diese Erwerber werden, ist auch Besitz verschafft worden, werdende Wohnungseigentümer sein). In sämtlichen Bauträgerverträgen erteilen die Erwerber dem B eine Vollmacht mit diesem Inhalt:

    … die Teilungserklärung abzuändern und Nachträge zur Teilungserklärung zu beurkunden; dabei darf das jeweilige räumliche Sondereigentum (einschließlich Sondernutzungsrecht) des jeweiligen Käufers davon nicht betroffen werden, auch wenn im übrigen Gemeinschaftseigentum betroffen ist, wobei die Benutzung des Gemeinschaftseigentums insgesamt nicht unzumutbar beeinträchtigt oder eingeschränkt werden darf. Dem Käufer dürfen keine zusätzlichen Kosten auferlegt und seine Miteigentumsanteile nicht geändert werden. Der Käufer hat unter diesen Voraussetzungen Änderungen des Baus und der Teilungserklärung hinzunehmen. Die Beschränkungen der Vollmacht gelten nur im Innenverhältnis und sind dem Grundbuchamt nicht nachzuweisen.

  2. B erklärt auf Grundlage dieser Vollmacht, den gesamten Treppenraum zwischen Ober- und Dachgeschoss bis zur Wohnungsabschlusstüre der Wohnungseigentumsrechte 1.5 bzw. 2.5 zum gemeinschaftlichen Eigentum. Das Grundbuchamt beanstandet die fehlende Zustimmung des Erwerbers des Wohnungseigentums 2.5 im Wege der Zwischenverfügung. Ferner sei die Zustimmung einer grundpfandrechtlich gesicherten Gläubigerbank beizubringen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde.
 

Die Entscheidung

  1. Mit Erfolg! Die Zwischenverfügung könne schon deshalb keinen Bestand haben, weil nichts aufgegeben werden dürfe, was ersichtlich nicht oder jedenfalls nicht in angemessener Zeit beigebracht werden könne. Im maßgeblichen Zeitpunkt der Senatsentscheidung stehe aufgrund der Beschwerdebegründung aber fest, dass der Erwerber des Wohnungseigentums Nr. 2.5 seine Zustimmung verweigere und der Versuch einer Einigung zwischen ihm und B ohne Erfolg geblieben sei.
  2. Sollen die Grenzen von Sondereigentum und gemeinschaftlichem Eigentum geändert werden, indem die nach § 8 Abs. 1 WEG erklärte und gemäß §§ 8 Abs. 2, 3, 7 WEG vollzogene Aufteilung in Wohnungs- und Teileigentum unter Umwidmung von Sondereigentum in gemeinschaftliches Eigentum abgeändert werden, sei hierfür im Übrigen ab Entstehen der (werdenden) Eigentümergemeinschaft nach § 4 Abs. 1 und 2 WEG eine Vereinbarung in der Form der Auflassung nach §§ 873, 925 BGB unter Zustimmung der durch Vormerkung gesicherten werdenden Eigentümer erforderlich (Hinweis unter anderem auf Elzer/Schneider in Riecke/Schmid WEG, 4. Auflage 2015, § 8 Rn. 27 und Rn. 31). Daran fehle es aber. Die nach außen unbeschränkt erteilte, im Innenverhältnis zu den Vollmachtgebern jedoch an Beschränkungen gebundene Vertretungsmacht habe B nicht dazu legitimiert, Teile des dem Wohnungseigentum Nr. 2.5 zugeordneten Sondereigentums in gemeinschaftliches Eigentum umzuwandeln. Denn ein derartiges Rechtsgeschäft sei B ausdrücklich untersagt gewesen. Die Vereinbarung sei nach allgemeinen Grundsätzen daher schwebend unwirksam und gemäß § 177 BGB (analog) in ihrer materiell-rechtlichen Wirksamkeit von der Genehmigung des Vertretenen abhängig. Mit Blick auf den das Grundbuchverfahren beherrschenden Legalitätsgrundsatz sei dieser auch für das Grundbuchamt evidente Vollmachtsmissbrauch im Eintragungsverfahren zu beachten.
 

Kommentar

Anmerkung
  1. Der Bauträger kann sich in der Gemeinschaftsordnung keine Vollmacht einräumen lassen, die Bestimmung der Grenzen zwischen den Räumen, die künftig in Sondereigentum stehen, und den Räumen, die gemeinschaftliches Eigentum sein sollen, in Vertretung der (werdenden) Wohnungseigentümer zu verändern (BGH v. 4.4.2003, V ZR 322/02, ZMR 2003 S. 748 f.; BayObLG v. 12.10.2001, 2 Z BR 110/01, ZMR 2002 S. 283 f.).
  2. Möglich ist hingegen, dem Bauträger diese Vollmacht in den Erwerbsverträgen (Bauträgerverträgen) zu geben. Eine solche Änderungsvollmacht wird grundsätzlich unwiderruflich ausgestaltet und schließt das Recht ein, eine Untervollmacht zu erteilen. Das Grundbuchamt kann entsprechende Vollmachten selbstständig prüfen (BayObLG v. 12.9.2002, 2 Z BR 75/02, ZMR 2002 S. 953 f.). Die Prüfungskompetenz des Grundbuchamts gegenüber einer solchen Vollmacht beschränkt sich auf offensicht...

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