Leitsatz

Der teilende Eigentümer kann die in der Gemeinschaftsordnung zum Inhalt des Sondereigentums bestimmten Sondernutzungsrechte durch eine weitere einseitige Verfügung und deren Eintragung in das Grundbuch ändern, solange er noch Eigentümer aller Wohnungseigentumsrechte und noch keine Auflassungsvormerkung für einen Erwerber eingetragen ist.

 

Normenkette

WEG §§ 8, 10 Abs. 2

 

Das Problem

  1. Nach der ursprünglichen Gemeinschaftsordnung von Bauträger T steht dem Wohnungseigentum Nr. 2 als Sondernutzungsrecht eine große Gartenfläche zu. Im August 2006 ändert T außerhalb des Grundbuchs die Gemeinschaftsordnung. Er weist dem Wohnungseigentum Nr. 2 jetzt als Sondernutzungsrecht eine kleine Gartenfläche zu. Die große Gartenfläche ordnet er hingegen dem Wohnungseigentum Nr. 3 zu. Diese Änderung gelangt im Jahr 2013 zum Grundbuchamt. Anfang September 2006 erwirbt B das Wohnungseigentum Nr. 3. B wird im April 2007 im Wohnungsgrundbuch als Eigentümer eingetragen. Ende September 2006 schließen K und T einen Erwerbsvertrag. Zurzeit gebraucht B die große Gartenfläche, K die kleine Gartenfläche. K meint, er habe ein Sondernutzungsrecht an der großen Gartenfläche und verlangt von B die Herausgabe sowie die Unterlassung von deren Nutzung.
  2. Das Amtsgericht gibt der Klage statt. K habe einen Anspruch auf Herausgabe und Räumung der großen Gartenfläche, da ihm ein dingliches Sondernutzungsrecht daran zustehe. Ferner habe er einen Unterlassungsanspruch. Er habe das Wohnungseigentum Nr. 2 nach Maßgabe der ursprünglichen Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung erworben. Diese wiesen K das Sondernutzungsrecht an der großen Gartenfläche zu. Dass T die Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung geändert habe, sei unerheblich. Die Änderung sei nicht Inhalt des Sondereigentums geworden. Als teilender Eigentümer habe T auf die Sondernutzungsrechte nur so lange einwirken können, wie er noch dinglich Berechtigter gewesen sei. Das sei bei Eingang der geänderten Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung beim Grundbuchamt im Jahr 2013 nicht mehr der Fall gewesen. Dagegen wendet sich B mit der Berufung.
  3. Auf die Berufung des B weist das Landgericht die Klage ab. K habe keinen Herausgabeanspruch. Zwar stehe dieser Anspruch auch dem Sondernutzungsberechtigten zu, wenn er die Herausgabe der betreffenden Fläche verlange. T und K hätten sich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme aber lediglich über das Wohnungseigentum Nr. 2 mit der kleinen Gartenfläche als Sondernutzungsrecht nach §§ 873, 925 BGB dinglich geeinigt. T habe mit K insoweit im Rahmen des notariellen Kaufvertrags eine schuldrechtliche Vereinbarung über das Sondernutzungsrecht treffen können. Insbesondere habe T nach Begründung des Sondernutzungsrechts im Wege der Teilungserklärung mit E vereinbaren können, dass ein Sondernutzungsrecht eine geringere Fläche aufweisen soll, als nach der Teilungserklärung vorgesehen. Insofern gelte der Grundsatz der Vertragsfreiheit. Eine solche Vereinbarung könne zwar keine Wirkungen zum Nachteil der anderen Erwerber entfalten. Das sei aber auch nicht der Fall.
  4. Mit der Revision möchte K die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils erreichen. Ohne Erfolg!
 

Die Entscheidung

Herausgabe der Gartenfläche

  1. K könne die Herausgabe der großen Gartenfläche, ihre Räumung und das Unterlassen ihrer weiteren Nutzung von B nach § 985 und § 1004 Abs. 1 BGB nur verlangen, wenn ein Sondernutzungsrecht entsprechend dem ursprünglichen Lageplan Inhalt seines Sondereigentums geworden und ihm (mit diesem) wirksam übertragen worden wäre. Daran fehle es. Ein Sondernutzungsrecht sei zwar wirksam entstanden und auch nicht geändert worden. Es sei K aber nicht übertragen worden.
  2. Sondernutzungsrechte wiesen einem oder mehreren Wohnungseigentümern unter Ausschluss der übrigen (negative Komponente) das Recht zur Nutzung von Teilen des gemeinschaftlichen Eigentums zu (positive Komponente). Sie schränkten damit die gesetzliche Befugnis jedes Wohnungseigentümers zum Mitgebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums nach § 13 Abs. 2 WEG ein. Solche Rechte könnten entweder durch den teilenden Eigentümer oder durch Vereinbarung der Wohnungseigentümer nach § 10 Abs. 2 Satz 2 WEG begründet oder geändert werden (Hinweis unter anderem auf Hügel/Elzer, WEG, 1. Auflage 2015, § 13 Rn. 56).
  3. Die Sondernutzungsrechte an den in dem ursprünglichen Lageplan bezeichneten Flächen seien weder durch die dem geänderten Lageplan vom 27. Juli 2006 entsprechende Nutzung des Gartens noch durch die nachträgliche Einreichung dieses Lageplans bei dem Grundbuchamt in dem Sinne geändert worden, dass sie sich nunmehr auf die in diesem Lageplan bezeichneten Flächen bezögen. Sondernutzungsrechte könnten zwar gemäß § 10 Abs. 2 Satz 2 WEG – mit schuldrechtlicher Wirkung – durch eine Vereinbarung geändert werden. Eine solche Vereinbarung könne grundsätzlich auch durch schlüssiges Verhalten zustande kommen. Es fehle im Fall aber an dem dafür erforderlichen Erklärungsbewusstsein der Parteien und des dritten Wohnungseigentümers. Diese gingen ...

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