Die Abschreibungen können erstmals im Jahr der Anschaffung und Fertigstellung eines Gebäudes bzw. nach Abschluss der entsprechenden Baumaßnahme in Anspruch genommen werden.

Wirtschaftliches Eigentum genügt

Bei Erwerb eines fertiggestellten Gebäudes ist steuerlich nicht der Zeitpunkt der Grundbucheintragung maßgebend, sondern der Übergang des sogenannten wirtschaftlichen Eigentums. Dieses erlangt der Käufer mit Übergang von Besitz, Nutzen, Lasten und Gefahren, in der Regel mit Abschluss des notariell beurkundeten Kaufvertrags. Sofern im Kaufvertrag vereinbart ist, dass Besitz, Nutzen, Lasten und Gefahren erst zu einem späteren Zeitpunkt auf den Erwerber übergehen sollen, so ist dieser maßgebend, vorausgesetzt, dass sich die Beteiligten auch an die getroffenen Vereinbarungen halten. Dazu gehört z. B., dass die Miete bis zum Übergangszeitpunkt noch dem Veräußerer zusteht und der Kaufpreis nicht schon vorher in voller Höhe bezahlt wurde.

Fertigstellung ist Voraussetzung

Ist das erworbene Gebäude beim Übergang der Nutzen und Lasten noch nicht fertiggestellt, ist die Abschreibung erst ab Fertigstellung möglich.

Die Fertigstellung ist auch maßgebend bei einem Gebäude, das der Eigentümer des Grund und Bodens als Bauherr errichtet bzw. durch von ihm beauftragte Dritte errichten lässt.

Wann ist ein Gebäude fertiggestellt?

Bewohnbarkeit

Ein Gebäude ist fertiggestellt, wenn die wesentlichen Bauarbeiten abgeschlossen sind und der Bau so weit errichtet ist, dass der Bezug der Wohnungen zumutbar ist.[1] Ein Gebäude kann sehr wohl fertiggestellt sein, auch wenn es erst Monate später vermietet wird.

Daraus kann die Erkenntnis gewonnen werden, dass die Fertigstellung nicht von der Benutzung abhängig ist.

Umgekehrt führt die Benutzung von ein oder zwei Zimmern eines ansonsten noch nicht bewohnbaren Gebäudes nicht zur Annahme der Fertigstellung des Gebäudes. Der tatsächliche Bezug der Wohnung lässt zwar den Schluss zu, dass die Wohnung tatsächlich zu diesem Zeitpunkt bezugsfertig war. Dieser Schluss ist aber nicht zwingend und daher widerlegbar.

Bauabnahme nicht maßgebend

Ob jemandem das Beziehen einer Wohnung zugemutet werden kann, ist nach objektiven Kriterien unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung zu entscheiden. Die Abnahme durch die Bauaufsichtsbehörde ist nicht ausschlaggebend.

Wenn ein Mieter die Wohnung/das Gebäude bezieht und Miete bezahlt, ist dies wohl das deutlichste Zeichen für die Fertigstellung

Ein Haus oder eine Wohnung kann im Allgemeinen dann als bezugsfertig angesehen werden, wenn die wesentlichen Bauarbeiten durchgeführt sind. Dazu gehört, dass

  • Türen und Fenster eingebaut sind,
  • Anschlüsse für Strom- und Wasserversorgung vorhanden sind,
  • die Heizung betriebsbereit ist,
  • die sanitären Einrichtungen benützbar sind und
  • die Möglichkeit zur Einrichtung der Küche besteht.

Unerhebliche Restarbeiten

Unerheblich ist, dass noch geringfügige Restarbeiten ausstehen. Eine Mietwohnung, in der nur noch Spüle und Herd aufzustellen und anzuschließen sind und der Teppichboden zu verlegen ist, gilt nach der Verkehrsanschauung als bezugsfertig.

Der BFH hat die Bezugsfertigkeit bejaht, wenn die Fußböden soweit vorbereitet sind, dass nur die bereits entsprechend zugeschnittenen Teppichböden auszulegen und die Wände zu tapezieren sind. Hierbei handelt es sich um unerhebliche Restarbeiten, die vielfach erst vor dem Einzug vorgenommen werden, und zwar insbesondere mit Rücksicht auf die Wohnvorstellung des Mieters.[2] Muss dagegen an einem Fertighaus der Fußboden noch bearbeitet werden, um den Bodenbelag aufbringen zu können, handelt es sich nicht mehr um unerhebliche Restarbeiten.[3]

Der BFH hat die Bezugsfertigkeit eines Wohnhauses verneint, wenn noch teilweise der Fußboden, Einbauten in der Toilette, Treppengeländer, Malerarbeiten und vor allem der Anschluss an die Kanalisation fehlen.[4] Ein Gebäude ist auch dann nicht fertiggestellt, wenn Türen, Fußböden und der Innenputz noch fehlen.[5]

Feststellung der Bezugsfertigkeit

"Wer stellt eigentlich fest, wann ein Gebäude bezugsfertig ist und wer überprüft die Angaben?" lauten oft gestellte Fragen zur Fertigstellung.

Zunächst muss der Steuerpflichtige selbst erklären, wann das Gebäude bezugsfertig war. Dies geschieht entweder bei der Stelle des Finanzamts, die für die Einkommensteuer zuständig ist bzw. bei der Einheitswertstelle.

Zweifelsfälle

In Zweifelsfällen wird das Finanzamt anhand der Handwerker- oder Materialrechnungen das angegebene Fertigstellungsdatum zu überprüfen versuchen. Beim Erwerb von einem Bauträger werden in der Regel das Abnahmeprotokoll oder eine Bestätigung des Bauträgers über das Fertigstellungsdatum als zutreffender Nachweis anerkannt.

 
Hinweis

Keine unterschiedlichen Angaben

Beachten Sie, dass Sie nicht bei 2 verschiedenen Stellen des Finanzamts unterschiedliche Angaben machen können. Der Begriff Fertigstellung ist bei der Einheitsbewertung nicht anders auszulegen als bei der Einkommensteuer.

 
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