Leitsatz

Abrechnungsgenehmigungsbeschluss durch den Verwaltungsbeirat (kraft Vereinbarung) mit vereinbarungswidrig bestätigter Kostenverteilungsänderung führt mangels Anfechtbarkeit zu einer Beschlussnichtigkeit und begründet keine Beitragszahlungsverpflichtung

 

Normenkette

§§ 23 Abs. 4, 28 Abs. 5 und 29 WEG

 

Kommentar

  1. In der Gemeinschaftsordnung war u. a. vereinbart, dass über vom Verwalter aufzustellende Wirtschaftspläne und Jahresabrechnungen der Verwaltungsbeirat durch Stimmenmehrheit zu beschließen habe. Durch diese Regelung wurde § 28 Abs. 5 WEG (Mehrheitsbeschluss der Eigentümer) abbedungen. Vorliegend genehmigte der Beirat allerdings in einigen Kostenpositionen vereinbarungswidrig einen anderen Kostenverteilungsschlüssel.
  2. Beschlüsse eines Verwaltungsbeirats können nicht angefochten werden, da es sich nicht um Eigentümerbeschlüsse handelt, die nur dann grundsätzlich keine Wirkung entfalten, wenn sie vom Gericht im Verfahren nach § 43 Abs. 1 Nr. 4 WEG für ungültig erklärt wurden. Aus diesem Grund sind Verwaltungsbeiratsbeschlüsse, die gegen Gesetz, Beschlüsse der Eigentümer oder – wie hier – die Gemeinschaftsordnung verstoßen, nichtig. Dies gilt sowohl für den vom Beirat beschlossenen Wirtschaftsplan als auch für die nachfolgende Abrechnung. Eine solche Beschlussnichtigkeit kann der auf den Beiratsbeschluss gestützten Beitragsforderung unmittelbar entgegengesetzt werden.
Anmerkung

Dass noch 1989 bei Begründung dieser Wohnanlage eine solche Genehmigungsbeschlussfassung des Beirats in Abweichung zu § 28 Abs. 5 WEG überhaupt vereinbart wurde, ist mir völlig unverständlich. Auch wenn die gesetzliche Regelung des § 28 WEG zumindest hinsichtlich der Abrechnungsmodalitäten nach h. M. als abdingbar anzusehen ist, hat diese auch im Rahmen der diesjährigen Gesetzesreform unverändert gebliebene Bestimmung doch den Sinn, dass von einer Beschlusskompetenz der Gemeinschaft in diesen wichtigen Beschlussfragen nach entsprechenden Diskussionen in einer Versammlung nach wie vor ausgegangen werden sollte. Eine Kompetenzverlagerung geforderter Genehmigungen allein auf den Beirat beeinträchtigt die Mitbestimmungsrechte der Eigentümer doch ganz erheblich. Dies führte in der Vergangenheit auch schon zur Diskussion der Gültigkeit von Vereinbarungen stillschweigender, fiktiver Zustimmungserklärungen in bestimmter Frist mangels Widerspruch. Schon hier wurde die Gültigkeit nach Grundsätzen einer Inhaltskontrolle auch von Gemeinschaftsordnungsvereinbarungen nach § 242 BGB vielfach infrage gestellt. Aus ähnlichen Gründen hätte auch die hier getroffene Vereinbarung vom Senat m. E. als ungültig betrachtet werden können (Eingriff in die Struktur des gesamten Wohnungseigentumsrechts mit nicht hinnehmbaren Kompetenzverlagerungen unter den jeweiligen Entscheidungsorganen im Wohnungseigentumsrecht).

Der Senat kam im vorliegenden Fall allerdings ebenfalls zum Ergebnis einer Beschlussnichtigkeit (mangels Anfechtungsmöglichkeit solcher Beiratsbeschlüsse), allerdings nur deshalb, weil hier vom Beirat eine Kostenverteilungsänderung gegenüber in der Gemeinschaftsordnung getroffenen Vereinbarungen mitsanktioniert wurde. Wäre die Genehmigung vereinbarungskonform gewesen, hätte wohl dieser Beiratsbeschluss nach Ansicht des Senats auch eine berechtigte Anspruchsgrundlage für Hausgeldforderungen erzeugt, ohne wohl mit Erfolgsaussicht einen Nichtigkeitsfeststellungsantrag der Beiratsgenehmigung durchsetzen zu können.

Die grundsätzliche Gültigkeitsfrage solcher Beiratsgenehmigungen kraft Vereinbarung wurde auch schon vor Jahrzehnten unter dem Stichwort der "verdrängenden Vollmacht" streitig geführt. In zukünftigen Vereinbarungen sollten solche Vereinbarungen jedenfalls unterbleiben.

 

Link zur Entscheidung

OLG Hamm, Beschluss vom 19.03.2007, 15 W 340/06

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