Leitsatz

  1. Gesamtjahresabrechnung sowie Gesamtwirtschaftsplan betreffen grundsätzlich die Gesamtgemeinschaft als Verband, selbst wenn Untergemeinschaften kraft Vereinbarung begründet sein sollten
  2. Eine Anfechtungsklage ist gegen alle restlichen Mitglieder der Gemeinschaft selbst bei vereinbarter Beschlusskompetenz von Untergemeinschaften zu richten
  3. Eine vereinbarte partielle Kompetenz der Mitglieder einer Untergemeinschaft findet ihre Grenzen dort, wo Interessen der Gesamtgemeinschaft tangiert werden
 

Normenkette

§§ 21 Abs. 3, 23, 28, 43 Nr. 4 WEG

 

Kommentar

  1. Vereinbart war vorliegend in der Gemeinschaftsordnung, dass hinsichtlich der Instandhaltung, Instandsetzung sowie Rücklagenbildung Wohnungseigentümer so zu behandeln seien, als wären zu einzelnen Blöcken jeweils eigene Eigentümergemeinschaften gebildet worden. Bewirtschaftungskosten, die sich auf Einzelpositionen bzw. die sich auf Anlagen und Einrichtungen außerhalb des Gebäudes bezögen (insbesondere anteilige Hauswartdienste, Wartungskosten, Gehweg- und Straßenreinigungskosten sowie Gartenpflegekosten und sonstige Kosten), sollten demgegenüber von der Gesamtheit aller Eigentümer nach den vereinbarten Anteilen getragen werden; gleiches sollte gelten für Kosten, die ihrer Natur nach die Gesamtheit der Wohnungseigentümer beträfen. Beschlüsse über Angelegenheiten, welche Belange nur der einzelnen Blöcke beträfen, dürften jedoch nur von den Eigentümern der betreffenden Gebäudeeinheit gefasst werden (über kleine Eigentümerversammlung).

    Angefochten wurden daraufhin die verwalterseits erstellte Gesamtjahresabrechnung mit Einzelabrechnungen sowie der Gesamtwirtschaftsplan nebst Einzelwirtschaftsplänen.

    Begründet wurde die Anfechtung unter Hinweis darauf, dass statt der Gesamtabrechnung und des Gesamtwirtschaftsplans für jede einzelne "Untergemeinschaft" gesonderte Unterlagen zur Abstimmung hätten gestellt werden müssen.

  2. Das Gericht kam zum Ergebnis, dass vorliegend entgegen der Ansicht der Kläger keine 3 gesonderten Jahresabrechnungen und Wirtschaftspläne hätten erstellt und beschlossen werden müssen. Nach gesetzlicher Konzeption beziehen sich eine Gesamtabrechnung und ein Wirtschaftsplan allein auf die gesamte Gemeinschaft der Eigentümer. Eine vereinbarte Untergemeinschaft kann nicht jeweils als eigenständiges Rechtssubjekt mit eigenem Vermögen behandelt werden. Untergemeinschaften besitzen keine eigene rechtliche Existenz, sind vielmehr nur ein unselbstständiger Teil der Gesamtgemeinschaft (vgl. hierzu u.a. Rüscher, ZWE 2011, S. 308, 309). Auch die Gesetzesreform 2007 spricht in Kenntnis möglicher Untergemeinschaften nur der gesamten Wohnungseigentümergemeinschaft eine rechtliche Qualität im Rahmen des § 10 WEG zu (vgl. auch OLG Koblenz, ZMR 2011 S. 225). Bei dieser Grundkonstruktion kann auch in einer Mehrhausanlage eine vereinbarte Untergemeinschaft Kompetenzen nur aus der Gesamtgemeinschaft selbst ableiten und nicht umgekehrt; jedes andere Ergebnis würde hier zu einer Beschlussnichtigkeit führen (vgl. auch LG München I, Urteil v. 20.12.2010, NJW-RR 2011 S. 448).
  3. Zu verklagen sind im Anfechtungsfall damit auch nicht nur die Mitglieder einer Untergemeinschaft, vielmehr sämtliche übrigen Miteigentümer der Gemeinschaft (vgl. § 46 Abs. 1 Satz 1 WEG und BGH, Urteil v. 11.11.2011, V ZR 45/11 sowie BGH v. 10.2.2012, V ZR 145/11 und BGH v. 2.3.2012, V ZR 89/11).

    Im gesetzlich zulässigen Bereich kann hier u.U. mit der "Rechtsfigur" eines Stimmrechtsausschlusses argumentiert werden (vgl. Abramenko, ZWE 2011, S. 159, 162 sowie Rüscher, ZWE 2011, S. 308, 310). Dahingestellt bleiben kann allerdings, ob ein "Blockstimmrecht" zu beachten sei, wenn gleichwohl ein Beschluss auf einer Gesamteigentümerversammlung gefasst wurde und als solcher den verbindlichen Gesamtwillen der Gemeinschaft abbildet. Die partielle Kompetenz der Mitglieder einer Untergemeinschaft findet im Übrigen ihre Grenzen bereits dort, wo wiederum die Interessen der Gesamtgemeinschaft tangiert sind. Vorliegend wurde auch nur eigenständige Beschlusskompetenz der Untergemeinschaft im Sinne getrennter Abrechnungskreise hinsichtlich Instandhaltung, Instandsetzung sowie Rücklagenbildung vereinbart. Diese Positionen können allerdings allein nicht Gegenstand einer wohnungseigentumsrechtlichen Jahresabrechnung oder eines Wirtschaftsplans sein. Insoweit sind Abrechnung und Wirtschaftsplan wieder für die Gesamtgemeinschaft zu erstellen. Eine Untergemeinschaft kann somit nicht Träger eigener Rechte und Pflichten sein, mithin selbst auch kein eigenes Vermögen in Form eigener Instandhaltungsrücklagen haben. Im Ergebnis kann es insoweit nur um eine Regelung im Innenverhältnis gehen, nicht um die Bildung von 3 gesonderten Instandhaltungsrückstellungen. Somit sind vorliegend auch nicht getrennte und isolierte Gesamtjahresabrechnungen für die Untergemeinschaften zu erstellen; jede anderweitige Beschlussfassung wäre schlicht nichtig.

  4. Es verbleibt deshalb auch vorliegend bei der Erstellung einer einheitlichen Gesamtjahresabrechnung so...

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