Leitsatz

Der Beschluss, eine Ausgabe des Jahres 2014 in die Abrechnung 2014 einzustellen, ist überflüssig, aber ordnungsmäßig.

Der Verwalter muss auch nichtige Beschlüsse durchführen.

 

Normenkette

WEG § 28 Abs. 5

 

Das Problem

Die Wohnungseigentümer beschließen zur Abrechnung 2014, einen Betrag von 11.700,62 EUR, den die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer einem Sachverständigen gezahlt hat, solle "zulasten der Instandhaltungsrückstellung verbucht bleiben". Gegen diesen Beschluss wendet sich Wohnungseigentümer K. Ferner meint er, der Verwalter schulde wegen der Beauftragung des Sachverständigen Schadensersatz. Denn der Beschluss, mit dem die Wohnungseigentümer den Verwalter zum Vertragsschluss ermächtigt hatten, sei nach Vertragsschluss für unwirksam erklärt worden

 

Die Entscheidung

Die Anfechtung

Die Anfechtungsklage ist nach Ansicht des Landgerichts unbegründet.

  1. Die Erläuterungen zum Beschlusstext seien entweder in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht erklärender Art und hätten offensichtlich die Motivationslage für den Beschluss darstellen sollen.
  2. Soweit beschlossen worden sei, im Jahr 2014 erfolgte Ausgaben auch im Jahr 2014 in die Abrechnung einzustellen, gebe der Beschluss nur die herrschende Rechtsprechung wieder. Eine solche Beschlussfassung sei zwar überflüssig, aber im Ergebnis unschädlich und entfalte keine eigenständige Wirkung. Wenn eine Ausgabe im Jahr 2014 erfolgt sei, sei sie – unabhängig von ihrer Berechtigung – auch im Jahr 2014 in die Abrechnung einzustellen.
  3. Die Kammer könne auch nicht erkennen, warum der Betrag von 11.700,62 EUR der Instandhaltungsrückstellung nicht habe entnommen werden dürfen. Ob es sich bei den Kosten des Gutachtens um Instandsetzungskosten oder Instandhaltungskosten handele, sei für die Entnahme aus der Instandhaltungsrückstellung irrelevant gewesen. Insbesondere sei eine Fehlbuchung nicht erkennbar. Ferner sei nicht erkennbar, dass dadurch Kosten hätten versteckt werden sollen. Schließlich sei die Problematik auch hinreichend offengelegt worden.

Schadensersatz

Ein Schadensersatzanspruch gegen den Verwalter bestehe bereits dem Grunde nach nicht.

  1. Zum Zeitpunkt der Entscheidung, das Gutachten einzuholen, sei der Beschluss noch auszuführen gewesen bzw. habe sich als eine taugliche Ermächtigungsgrundlage dargestellt. Beschlüsse seien, solange sie nicht rechtskräftig durch ein Gericht oder bestandskräftig durch einen Zweitbeschluss aufgehoben worden seien, auszuführen.
  2. Für das Ergebnis der Entscheidung nicht relevant sei, dass der Beschluss, ein Gutachten einzuholen, angefochten worden sei. Die Anfechtung entfalte nach der Grundkonzeption des Wohnungseigentumsrechts keine aufschiebende Wirkung. Der Beschluss sei für den Verwalter bindend. Der Verwalter mache sich weder im Innenverhältnis gegenüber den Wohnungseigentümern noch im Außenverhältnis gegenüber Dritten schadensersatzpflichtig, wenn ein durch ihn ausgeführter Beschluss später für ungültig erklärt werde. Der Verwalter sei nicht für die von den Wohnungseigentümern getroffenen Entscheidungen verantwortlich.
  3. Wäre der Beschluss nichtig gewesen, würde nichts anderes gelten. Denn auch Beschlüsse, die durch das Gericht infolge einer Anfechtungsklageaufgehoben werden würden, würden rückwirkend unwirksam, d.h. der Beschluss werde so behandelt, als wäre er nie gefasst worden. Hinsichtlich der Ausführungspflicht ändere die Nichtigkeit eines Beschlusses nichts, weil das Gesetz in diesem Zusammenhang keine Differenzierung zwischen einer bloßen Anfechtbarkeit und Nichtigkeit vornehme und die Rechtsfolgen (Unwirksamkeit ex tunc) identisch seien und auch im Hinblick auf die Erkennbarkeit es für den Ausführungspflichtigen keinen Unterschied mache. Im Regelfall könne der Ausführungspflichtige erst im Nachhinein nach rechtlichem Hinweis des Gerichts erkennen, ob sich ein Beschluss als nichtig oder bloß anfechtbar darstelle – jedenfalls dann, wenn die zum Streit gestellte Problematik vorher noch nicht erkennbar entschieden worden sei.

Der Streitwert

Beim Streitwert seien die Interessen der klagenden und beklagten Partei zu addieren (Hinweis auf LG Dortmund v. 17.1.2017, 1 S 246/16 und LG Frankfurt a.M. v. 26.11.2015, 2-13 S 38/15, BeckRS 2015, 20528).

Die Kosten

Die Kostenquote sei trotz Zurückweisung in der Sache zu korrigieren gewesen, da es sich um eine Entscheidung handele, die von Amts wegen zu treffen sei. Die Kostenregelung des erstinstanzlichen Urteils sei von Amts wegen anzupassen, weil die Kostenquote auch dann anhand der § 91, § 92 ZPO zu überprüfen sei, wenn die Berufung nach § 522 ZPO zurückgewiesen werde (Hinweis u.a. auf OLG München v. 9.9.2011, 1 U 1571/11). Diesbezüglich bestehe auch keine Bindung des Rechtsmittelgerichts, da § 308 Abs. 2 ZPO den Grundsatz der Kostenentscheidung von Amts wegen ohne Antragsbindung kenne und insoweit das Verbot der "reformatio in peius" (= Verböserung) nicht gelte.

 

Kommentar

Anmerkung
  1. Die eine Frage des Falles ist, welche Mittel der Instandhaltungsrückstellung man für welche Zwecke einsetzen darf. ...

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