Speziell für das Bauvertragsrecht wurde mit der neuen Regelung in § 650g BGB die sog. "Zustandsfeststellung" in das Gesetz aufgenommen. Verweigert der Besteller die Abnahme unter Angabe von Mängeln, hat er auf Verlangen des Unternehmers an einer gemeinsamen Feststellung des Zustands des Werks mitzuwirken.

 
Achtung

Nur Bauverträge ab 1. Januar 2018!

Die Regelung gilt allein für das Bauvertragsrecht. Das Bauvertragsrecht der §§ 650a ff. BGB gilt für sämtliche Bauverträge, die ab dem 1. Januar 2018 abgeschlossen werden. Für Verträge vor diesem Zeitpunkt gilt diese Neuregelung nicht, womit es insoweit auch keine Zustandsfeststellung gibt.

Gemäß § 650a Abs. 1 BGB ist der Bauvertrag ein Vertrag über die Herstellung, die Wiederherstellung, die Beseitigung oder den Umbau eines Bauwerks, einer Außenanlage oder eines Teils davon. Wichtig gerade für den Bereich des Wohnungseigentums regelt Abs. 2 die Instandhaltung eines Bauwerks. Diese ist dann Gegenstand eines Bauvertrags, wenn das Werk für die Konstruktion, den Bestand oder den bestimmungsgemäßen Gebrauch von wesentlicher Bedeutung ist. Unter Instandhaltung versteht der Gesetzgeber[1] dabei Arbeiten, die zur Erhaltung des Soll-Zustands des Bauwerks dienen. Instandhaltungsarbeiten, die für die Konstruktion, den Bestand oder den bestimmungsgemäßen Gebrauch des Bauwerks von wesentlicher Bedeutung sind, können etwa Pflege-, Wartungs- und Inspektionsleistungen sein, die der Erhaltung und/oder der Funktionsfähigkeit des Bauwerks dienen. Erfasst werden insbesondere Verträge zur Pflege und Wartung von tragenden oder sonst für den Bestand eines Bauwerks wichtigen Teilen.

 
Praxis-Beispiel

Betroffene Bereiche des Gemeinschaftseigentums

Für den Bereich des Wohnungseigentums gelten insoweit als Bauverträge im Sinne der Neuregelung insbesondere solche, die die Instandhaltung und Instandsetzung von Fassaden, Dächern und Tiefgaragen zum Gegenstand haben.

Geregelt ist also der Fall, dass der Besteller vom Unternehmer zur Abnahme aufgefordert wurde und der Besteller die Abnahme wegen bestimmter Mängel verweigert. Insoweit soll die Zustandsfeststellung möglichen Streit zwischen Besteller und Unternehmer über den Zustand des Werks vermeiden, wenn der Besteller das Werk bereits in Gebrauch genommen hat. Gerade bei einer späteren Abnahme entstehen jedenfalls Unsicherheiten darüber, ob dann festgestellte Mängel aus dem Verantwortungsbereich des Bestellers oder dem des Unternehmers stammen. Insoweit ist die Zustandsfeststellung auch für den Fall von Bedeutung, dass sich Unternehmer und Besteller einig darüber sind, dass das Bauwerk noch nicht abnahmereif ist.

Den Besteller trifft also praktisch eine Verpflichtung, auf Verlangen des Unternehmers an einer gemeinsamen Feststellung des Zustands des Werks mitzuwirken.

 
Wichtig

Zustandsfeststellung bedeutet nicht Abnahme!

Die Zustandsfeststellung ersetzt nicht die Abnahme und hat auch keine sonstigen Ausschlusswirkungen. Sie dient lediglich der Dokumentation des Zustands des Werks. Hiermit soll späterem Streit vorgebeugt werden. Allerdings wird die Gefahrtragung insoweit modifiziert, als die Ursache später auftretender Mängel als aus dem Verantwortungsbereich des Auftragnehmers stammend vermutet wird.

Nach dem Willen des Gesetzgebers ist die Zustandsfeststellung zu datieren und von den beiden Parteien des Bauvertrags zu unterzeichnen.

Der Termin zur Zustandsfeststellung kann zwischen den Bauvertragsparteien vereinbart werden. Er kann aber auch einseitig vom Unternehmer festgesetzt werden. Hierbei muss er eine angemessene Frist wahren zwischen dem von ihm festgesetzten Termin zur Zustandsfeststellung und dem Zugang seines Verlangens beim Auftraggeber. Wiederum schweigt sich auch hier das Gesetz darüber aus, was in diesem Zusammenhang angemessen ist. In Anlehnung an die Praxis zur fiktiven Abnahme dürfte wohl auch hier ein Zeitraum von 12 Tagen angemessen sein.

[1] BT-Drs. 18/8486, S. 53.

3.7.1 Keine Einigung über den Zustand

In der Praxis kommt es vielfach dazu, dass sich Besteller und Unternehmer im Rahmen der gemeinsamen Zustandsfeststellung nicht über den Zustand des Werks einigen können. Zu berücksichtigen ist ja, dass die Zustandsfeststellung überhaupt nur dann im Raum steht, wenn der Besteller die Abnahme verweigert hat oder einem vom Unternehmer festgesetzten Termin zur Abnahme unentschuldigt ferngeblieben ist.

Verweigert der Besteller seine Unterschrift unter der Zustandsfeststellung, weil er den protokollierten Zustand nicht anzuerkennen gedenkt, kann der Unternehmer nicht einfach eine einseitige Zustandsfeststellung dokumentieren. In diesem Fall ist der Unternehmer vielmehr gezwungen, den Zustand seiner Werkleistung durch ein selbstständiges Beweisverfahren nach den Vorschriften der §§ 485 ff. ZPO durch einen vom Gericht bestellten Sachverständigen feststellen zu lassen

3.7.2 Besteller nimmt nicht teil

Für den Fall, dass der Besteller an der Zustandsfeststellung nicht teilnimmt, kann der Unternehmer die Zustandsfeststellung einseitig vornehmen. Allerdings gilt dies nicht, wenn der Besteller unverschuldet dem Termin fernble...

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