Wurde der Werkvertrag vor dem 1. Januar 2018 geschlossen, ist § 640 Abs. 1 Satz 3 BGB a. F. mit folgendem Wortlaut maßgeblich: "Der Abnahme steht es gleich, wenn der Besteller das Werk nicht innerhalb einer ihm vom Unternehmer bestimmten angemessenen Frist abnimmt, obwohl er dazu verpflichtet ist."

Voraussetzung der fiktiven Abnahme ist also, dass der Unternehmer dem Besteller nicht nur mitgeteilt hat, seine Bauleistung sei fertiggestellt, sondern diesen auch ausdrücklich zu Abnahme auffordert und seitens des Bestellers dennoch keine Abnahme erfolgt.

Nachfolgende Voraussetzungen müssen demnach erfüllt sein:

  • Zunächst muss das Werk überhaupt abnahmefähig und abnahmereif sein. Ansonsten trifft den Besteller bereits keine Verpflichtung zur Abnahme. Eine fiktive Abnahme kommt also von vornherein nicht in Frage, wenn das Werk wesentliche Mängel aufweist.
  • Der Unternehmer muss eine angemessene Frist zur Abnahme gesetzt haben.

    Wie der Unternehmer diese Frist setzt, ist im Gesetz nicht geregelt. Schriftform ist für die Fristsetzung nicht erforderlich. Freilich muss der Unternehmer im Streitfall beweisen, dass er eine Frist gesetzt hat.

    Die Frist muss angemessen sein. Das ist sie dann, wenn der Besteller die Werkleistung nach ihrer konkreten Beschaffenheit unter gewöhnlichen Verhältnissen abnehmen kann. Allgemein wird insoweit in Anlehnung an die Bestimmung des § 12 Abs. 5 VOB/B eine Frist von 12 Werktagen als angemessen erachtet. Hat der Unternehmer eine kürzere Frist gesetzt, schadet ihm dies nicht, da dann die angemessene Frist von 12 Werktagen gilt.

     
    Hinweis

    Letztlich 2-Wochen-Frist

    Da § 12 Abs. 5 VOB/B auf Werktage abstellt und der Samstag als ein solcher gilt, der Sonntag aber nicht, entsprechen 12 Werktage letztlich 2 Wochen.

    Verweigert der Besteller ernsthaft und endgültig die Abnahme, soll eine Fristsetzung entbehrlich sein.[1] Allerdings ist dies nicht ganz unumstritten, weshalb auch im Fall endgültiger Abnahmeverweigerung eine Frist gesetzt werden sollte. Es ist jedenfalls nicht auszuschließen, dass der BGH hier seine Meinung ändern wird.

  • Die Frist muss ergebnislos abgelaufen sein

    Entweder die vom Unternehmer zur Abnahme gesetzte oder die im Übrigen angemessene Frist von 12 Werktagen muss ergebnislos abgelaufen sein. Hat der Besteller die Frist unverschuldet, etwa wegen Erkrankung nicht eingehalten, ist dies unbeachtlich. Auch eine unverschuldete Fristversäumnis hat die fiktive Abnahme zur Folge.

 
Hinweis

Keine Auswirkung auf Mängelrechte

Tritt die Fiktionswirkung ein, hat dies keine Auswirkungen auf die Mängelrechte des Bestellers. So im Fall fiktiver Abnahme Mängel vorhanden sind, die der Besteller kennt, findet nämlich § 640 Abs. 2 BGB keine Anwendung. Dieser regelt, dass dem Besteller, der das Werk trotz Mangelhaftigkeit abgenommen hat, seine Mängelrechte nur dann zustehen, wenn er sich seine Rechte wegen des Mangels bei der Abnahme vorbehält.[2] Diese Bestimmung findet aber nur bei der rechtsgeschäftlichen Abnahme Anwendung, nicht jedoch bei der fiktiven Abnahme.

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