Gemäß § 640 Abs. 3 BGB verliert der Besteller seine Mängelrechte nach § 634 Nr. 1 bis 3 BGB, wenn er ein mangelhaftes Werk rechtsgeschäftlich abnimmt, obwohl er den Mangel kennt. Etwas anderes gilt nur dann, wenn er sich seine Rechte wegen des Mangels bei der Abnahme vorbehält. Von großer praktischer Bedeutung ist diese Vorschrift nicht, da es in aller Regel bereits an der Kenntnis der Mangelhaftigkeit seitens des Auftraggebers fehlen wird.

Ein Rechtsverlust tritt unter folgenden Voraussetzungen ein:

  1. Kenntnis von Mängeln

    Der Besteller muss zum Zeitpunkt der Abnahme positive Kenntnis von einem oder mehreren Mängeln haben. Insoweit reicht es nicht aus, dass der Mangel erkennbar gewesen wäre oder dieser dem Besteller sogar hätte auffallen müssen. Erforderlich ist vielmehr die positive Kenntnis des Mangels. Fahrlässigkeit – auch grobe – reicht nicht aus.[1] Darüber hinaus genügt es auch nicht, wenn der Auftraggeber das äußere Erscheinungsbild des Mangels wahrgenommen, also beispielsweise eine Schieflage des Eingangspodests erkannt hat. Er muss vielmehr zusätzlich auch noch um die sich hieraus ergebende Fehlerhaftigkeit des Werks gewusst und somit eine entsprechende Bewertung vorgenommen haben.

    In diesem Zusammenhang ist insbesondere zu berücksichtigen, dass der Auftragnehmer die Darlegungs- und Beweislast für die Kenntnis des Bestellers von dem Mangel trägt. Der Beweis wird ihm allenfalls im Ausnahmefall dann gelingen, wenn der Auftraggeber bei der Abnahme ausdrücklich einen bestimmten Zustand als Mangel ansieht und dennoch erklärt, er nehme das Werk vollständig und vorbehaltlos ab.

  2. Kein Mangelvorbehalt

    Wie bereits ausgeführt, muss der Besteller in positiver Kenntnis eines Mangels sein und dennoch die Abnahme vorbehaltslos erklären. Im Übrigen ist der Vorbehalt bei der Abnahme zu erklären und nicht etwa vorher oder nachher. Ein vor Abnahme erklärter Vorbehalt ist nur dann maßgeblich, wenn er im Zeitpunkt der Abnahme erkennbar aufrechterhalten wird. Dies wiederum gilt aber nur dann, wenn zwischen der Erklärung des Vorbehalts und der Abnahme ein enger zeitlicher Zusammenhang besteht.

    Der Mangelvorbehalt kann im Übrigen grundsätzlich formlos geäußert werden. Dies ist aber bereits aus Beweisgründen niemals empfehlenswert.

Im Übrigen muss zumindest eine ausdrückliche oder konkludente Abnahme erfolgt sein. Die Abnahmefiktion des § 640 Abs. 2 BGB reicht nicht aus.[2] Allerdings ist zu beachten, dass es auch bei einer konkludenten Abnahme nach § 640 Abs. 3 BGB zum Rechtsverlust führt, wenn der Besteller sich die Rechte wegen der ihm bekannten Mängel nicht vorbehält.[3]

Sofern tatsächlich einmal von einer vorbehaltlosen Abnahme ausgegangen werden kann bzw. der Auftragnehmer eine solche beweisen kann, steht der Auftraggeber noch lange nicht mit leeren Händen da. Die vorbehaltlose Abnahme führt nur zum Verlust des

Der Schadensersatzanspruch oder der Anspruch auf Ersatz vergeblicher Aufwendungen des § 634 Nr. 4 BGB bleibt dem Besteller auch bei vorbehaltloser Abnahme erhalten.[4] Er verliert allerdings gemäß § 341 Abs. 3 BGB seinen Anspruch auf eine etwa vertraglich vereinbarte Vertragsstrafe.

 
Wichtig

Einwendung oder Einrede?

Auch wenn die Fälle der vorbehaltlosen Abnahme in der Praxis selten sind bzw. dem Auftragnehmer der Beweis einer solchen nur selten gelingen wird, ist von Bedeutung, ob es sich insoweit um eine Einwendung handelt oder lediglich um eine Einrede.

Einwendung

Wesen der Einwendung ist, dass das Gericht sie von Amts wegen zu prüfen hat. Hat der Auftragnehmer im Rahmen der streitigen Auseinandersetzung mit seinem Auftraggeber (noch) nichts zu einer vorbehaltlosen Abnahme vorgetragen, trifft das Gericht eine entsprechende Nachforschungspflicht.

Einrede

Anders verhält es sich bei einer Einrede. Diese muss die Partei stets von sich aus erheben. Das Gericht darf hierauf nicht einmal hinweisen, will es sich nicht dem Vorwurf der Parteilichkeit aussetzen und somit einen Ablehnungsgrund riskieren. Bei der Verjährung handelt es sich beispielsweise um eine Einrede.

Für den Bereich des VOB/B-Vertrags hat sich der BGH bereits früh insoweit positioniert, als er von einer Einrede ausgeht.[5] Ohne dies für den BGB-Vertrag bislang entschieden haben zu müssen, geht die herrschende Meinung auch hier von einer Einrede aus, die der Auftragnehmer von sich aus erheben muss.

[3] BGH, Urteil v. 27.1.2011, VII ZR 175/09, BauR 2011 S. 876.
[5] BGH, Urteil v. 6.12.1973, VII ZR 37/73, NJW 1974 S. 236.

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