1.1 Sondereigentum

Grundsätzlich zu beachten ist zunächst, dass ein Wohnungseigentümer nicht nur Eigentümer seiner Wohnung oder Teileigentumseinheit ist, sondern darüber hinaus auch Miteigentümer des Gemeinschaftseigentums, was über seinen Miteigentumsanteil zum Ausdruck kommt. Diese Doppelstellung ist bedeutsam für die Abnahme von Sonder- und Gemeinschaftseigentum. Der Wohnungseigentümer ist insoweit allein und ausschließlich zuständig für die Abnahme seines Sondereigentums. Da er auch Miteigentümer des Gemeinschaftseigentums ist, ist der einzelne Wohnungseigentümer ebenfalls zur Abnahme des Gemeinschaftseigentums berechtigt.[1]

In der Praxis verbreitet, wird zunächst das Sondereigentum abgenommen und später dann das Gemeinschaftseigentum. Derartige Teilabnahmen sind nach § 641 Abs. 1 Satz 2 BGB zulässig. Im Übrigen nimmt jeder einzelne Wohnungserwerber das Sondereigentum unabhängig von den anderen Erwerbern allein ab. Die Abnahme des jeweiligen Sondereigentums bleibt ohne Auswirkungen für oder gegen andere Eigentümer. Im Rahmen der Abnahme des Sondereigentums kann sich der Wohnungseigentümer vertreten lassen und hiermit einen Dritten ermächtigen.

Abnahme von Sondernutzungsflächen

Die Abnahme des Sondereigentums durch den jeweiligen Wohnungseigentümer soll auch für Sondernutzungsflächen gelten, soweit diese fertiggestellt sind.[2] Ohne abweichende Besonderheiten im Einzelfall, erstreckt sich die Abnahme des Sondereigentums auch auf die die Eigentumswohnung umschließenden Außenwände, Fußböden, Decken, den Balkon oder auch die zur Wohnung gehörige Terrasse. Allerdings gilt dies dann nicht, wenn geregelt ist, dass bei Bezugsfertigkeit nur das Sondereigentum bzw. das gesamte Gemeinschaftseigentum nach vollständiger Fertigstellung abzunehmen ist. Dann spricht dies für eine auf das Sondereigentum beschränkte Abnahme bei Bezugsfertigkeit.

1.2 Gemeinschaftseigentum

Hinsichtlich der Abnahme von Gemeinschaftseigentum ist die entscheidende Frage, wer berechtigt ist, die Abnahme zu erklären. Aus Sicht des Bauträgers ist stets eine einheitliche Abnahme vorteilhaft und nicht eine sukzessive seitens der einzelnen Erwerber.

In Beantwortung der Frage, wer das Gemeinschaftseigentum abnimmt, muss man sich vor Augen führen, wer Partei des Bauträgervertrags ist. Dies ist auf der einen Seite der Erwerber der Wohnung und auf der anderen Seite der Bauträger. Der Bauträger ist aus dem Bauträgervertrag gegenüber dem Wohnungserwerber nicht nur zur Herstellung mängelfreien Sondereigentums verpflichtet, sondern auch zur mängelfreien Herstellung des Gemeinschaftseigentums. Auch wenn der Erwerber im Einzelfall nur einen sehr geringen Miteigentumsanteil an der Wohnanlage und somit am Gemeinschaftseigentum hat, hat er dennoch Anspruch auf insgesamt mängelfreies Gemeinschaftseigentum.[1]

 
Praxis-Beispiel

Das schiefe Eingangspodest

Die Wohnanlage verfügt über 2 getrennte Eingänge und Treppenhäuser. Das Podest im Zugangsbereich zum rechten Teil der Wohnanlage weist eine deutliche Schieflage auf. Obwohl das Appartement des Erwerbers, das gerade einmal 20/1.000 Miteigentumsanteile repräsentiert, nur durch den linken Gebäudeeingang zu erreichen ist, hat dieser Erwerber Anspruch auf Mängelbeseitigung hinsichtlich des schief errichteten Podestes gegen den Bauträger.

1.2.1 Grundsätze

Zur Abnahme sind also in erster Linie die Wohnungseigentümer als Vertragspartner des Bauträgers berufen. Sie können die Abnahme persönlich erklären oder sich auch vertreten lassen.

 
Wichtig

Abnahmeerklärung eines Wohnungseigentümers: Bindung nur zwischen ihm und Bauträger

Die von einem Wohnungseigentümer erklärte Abnahme des Gemeinschaftseigentums im Hinblick auf seinen Miteigentumsanteil hieran, hat nur Wirkung zwischen ihm und dem Bauträger. Die von ihm erklärte Abnahme hat also keine Rechtswirkungen gegenüber den übrigen Wohnungseigentümern und bindet diese nicht.[1]

 
Praxis-Beispiel

Das vergessene Fenster

Nach der Baubeschreibung sollte das Wohnzimmer einer Erdgeschosswohnung mit 3 Fenstern ausgestattet werden. Tatsächlich wurden nur 2 eingebaut. Der Erwerber einer Obergeschosswohnung stört sich hieran nicht. Ganz im Gegenteil ist er der Auffassung, dass die Fassade der Anlage nunmehr ästhetischer sei und erklärt die Abnahme. Der Erwerber der betroffenen Erdgeschosswohnung, der seine Wohnung am darauffolgenden Tag abnimmt, ist verständlicherweise hiermit ganz und gar nicht einverstanden und verweigert die Abnahme.

Wäre hier der Erwerber der Erdgeschosswohnung an die vom Erwerber der Obergeschosswohnung erklärte Abnahme gebunden, hätte er keine Erfüllungsansprüche mehr gegen den Bauträger, sondern nur noch Mängelansprüche. Es ist freilich auch nicht ansatzweise nachvollziehbar, warum andere Erwerber berechtigt sein sollen, über das Schicksal des individuellen Rechtsverhältnisses zwischen Erwerber und Bauträger zu bestimmen.

In der Praxis spielen ...

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