Leitsatz

Es gibt keine Beschlusskompetenz, durch Beschluss die Abnahme des gemeinschaftlichen Eigentums zu vergemeinschaften.

 

Normenkette

§ 10 Abs. 6 Satz 3 WEG

 

Das Problem

  1. Wohnungseigentümer vergemeinschaften durch Beschluss die Abnahme des gemeinschaftlichen Eigentums. Gegen diesen Beschluss geht Wohnungseigentümer K vor. Das Amtsgericht erklärt den Beschluss für ungültig. Hiergegen richtet sich die Berufung der beklagten Wohnungseigentümer.
  2. Die Beklagten begründen ihre Berufung insbesondere damit, dass die Abnahme des gemeinschaftlichen Eigentums genauso gemeinschaftsbezogen sei wie dessen Herstellung und wie die Beseitigung von Mängeln. Eine rein individualvertragliche Sicht sei daher nicht überzeugend. Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer habe ein Interesse daran, die Abnahme durch Beschluss an sich zu ziehen, da sie bereits die Mängelgewährleistungsrechte vergemeinschaftet habe. Die Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen setze aber eine Abnahme voraus. Wegen dieses engen Zusammenhangs zwischen Abnahme und Mängelrechten bestehe eine Beschlusskompetenz zur Vergemeinschaftung. Wohnungseigentümer K meint hingegen, auch nach der WEG-Novelle bestehe keine Rechtsgrundlage für die Vergemeinschaftung der Abnahme. § 10 Abs. 6 Satz 3 WEG sei nicht einschlägig, da die Abnahme von jedem Erwerber problemlos selbst erklärt werden könne und die Erwerber bei einer individuellen Abnahme aufgrund der unterschiedlichen Verjährungsfristen sogar besser gestellt seien. Eine geborene Ausübungsbefugnis könne schon deshalb nicht bestehen, weil ansonsten auch Klauseln zu Abnahmevollmachten in Bauträgerverträgen ohne Weiteres möglich sein müssten. Die Rechtsprechung halte aber nahezu sämtliche solcher Klauseln für unwirksam. Anders als bei der Geltendmachung von Mängelrechten komme es bei der Abnahme nicht zu Durchsetzungsproblemen. Im Übrigen dürfte eine einheitliche Abnahme nicht zur Benachteiligung von Nacherwerbern führen.
 

Die Entscheidung

  1. Die Berufung hat keinen Erfolg! Das Amtsgericht habe zutreffend die Möglichkeit verneint, die Abnahme des gemeinschaftlichen Eigentums durch Beschluss zu einer Angelegenheit der gemeinschaftlichen Verwaltung zu machen.
  2. Die Frage, ob die Abnahmeverpflichtung durch Beschluss vergemeinschaftet werden könne, sei von der höchstrichterlichen Rechtsprechung noch nicht entschieden worden. Soweit ersichtlich lägen auch von Untergerichten nur die im hiesigen Verfahren zitierten Entscheidungen des AG München v. 7.7.2010, 482 C 287/10 sowie des AG Tettnang v. 21.4.2011, 4 C 1132/10 vor, die sich für die Möglichkeit einer Vergemeinschaftung aussprechen. Die Entscheidung des LG München I v. 18.1.2013, 18 O 1668/11 gehe zwar davon aus, dass die Gemeinschaft aufgrund der Parallele zur Zulässigkeit einer Vergemeinschaftung der Mängelrechte im Rahmen eines wirksamen Beschlusses die Erklärung der Abnahme auf den Verwaltungsbeirat übertragen könne. Zu berücksichtigen sei jedoch, dass es sich um einen umfangreichen Baumängelprozess gehandelt habe, bei dem von der zuständigen Baukammer auch aufgrund der fehlenden Spezialisierung auf das WEG-Recht keine vertieften Erörterungen zu der hier zentralen Frage erfolgt seien, zumal diese nur einen Teilaspekt des vielschichtigen Verfahrens darstellte.
  3. Nach Ansicht der Kammer lasse sich auch aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes im Zusammenhang mit der Vergemeinschaftung von Mängelrechten nicht eindeutig herauslesen, wie er die hier zu entscheidende Frage beantworten würde. Auf der einen Seite könnte man aus der Formulierung, dass nur die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer die Voraussetzungen für die der geborenen Ausübungsbefugnis unterfallenden Mängelrechte auf Minderung und kleinen Schadensersatz schaffen könne (Hinweis auf BGH v. 24.7.2015, V ZR 167/14, Rn. 9 und BGH v. 12.4.2007, VII ZR 236/05, Rn. 19), ableiten, dass damit auch die Abnahme als jedenfalls für die Entstehung des Minderungsrechts entscheidende Voraussetzung auf Gemeinschaftsebene erfolgen könne. Auf der anderen Seite heiße es bei BGH v. 21.2.1985, VII ZR 72/84, ein Nacherwerber müsse eine früher erfolgte Abnahme des gemeinschaftlichen Eigentums nicht ohne Weiteres gegen sich gelten lassen. In dieser Entscheidung habe der Bundesgerichtshof zudem jedenfalls eine geborene Ausübungsbefugnis verneint, ohne sich aber mangels entsprechender Fallgestaltung mit der hier vorliegenden Frage einer gekorenen Ausübungsbefugnis auseinanderzusetzen. Auch aus den Entscheidungen BayObLG v. 30.4.1999, 2 Z BR 153/98 und BayObLG v. 4.11.1999, 2 Z BR 89/99 lasse sich für die Frage, ob eine Vergemeinschaftung der Abnahmeverpflichtung durch Beschluss möglich ist bzw. ordnungsgemäßer Verwaltung entspricht, nichts ableiten. Denn dort sei jeweils nur die Vereinbarung einer einheitlichen Abnahme des gemeinschaftlichen Eigentums für zulässig erachtet worden. Weiter heiße es zwar jeweils, dass die gleiche Wirkung einem bestandskräftigen Beschluss zukomme. Nach Ansicht der Kammer bedeute dies aber nicht, dass das BayObL...

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