Die Renovierungsaufwendungen sind Anschaffungskosten, wenn das Gebäude durch die Arbeiten erst betriebsbereit wird.

Zweckbestimmung des Erwerbers

Ob ein erworbenes Gebäude durch die Baumaßnahmen erst betriebsbereit wird, hängt von der Zweckbestimmung des Erwerbers ab. Denn gemäß § 255 HGB sind Anschaffungskosten Aufwendungen, "um den Vermögensgegenstand in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen". Wurde das Gebäude hingegen unentgeltlich erworben – z.  B. Schenkung oder Erbschaft –, liegt keine Anschaffung und damit auch keine Anschaffungskosten vor. In diesem Fall liegen Erhaltungsaufwendungen oder, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, Herstellungskosten vor. Bei einem teilentgeltlichen Erwerb können Anschaffungskosten zur Herstellung der Betriebsbereitschaft nur im Verhältnis zum entgeltlichen Teil des Erwerbsvorgangs gegeben sein.[1]

Möchte der Erwerber das Gebäude (oder einen Teil des Gebäudes) z.  B. zu Wohnzwecken vermieten, ist für die Betriebsbereitschaft entscheidend, ob die Teile, die für eine Nutzung zu Wohnzwecken unerlässlich sind, funktionsfähig sind. Ist das nicht der Fall, dann gehören die Aufwendungen für Baumaßnahmen, die im Anschluss an den Erwerb und vor erstmaliger Nutzung des Gebäudes durchgeführt werden, um die Funktionstüchtigkeit herzustellen, zu den Anschaffungskosten. Analog gilt dies zur Herstellung der Betriebsbereitschaft (Funktionsfähigkeit) eines Gebäudes, das z.  B. für Bürozwecke, für eine Arztpraxis etc. genutzt werden soll. Die Aufwendungen, die der Erwerber für die notwendigen Umbaumaßnahmen tätigt, gehören zu den Anschaffungskosten.

Ein für Wohnzwecke erworbenes Gebäude ist z.  B. dann nicht funktionstüchtig, wenn die Heizungsanlage defekt ist. Wird diese vor der erstmaligen Nutzung ausgetauscht, sind die Aufwendungen hierfür Anschaffungskosten.

Erwerbersicht

Möchte der Erwerber das Gebäude zu Wohnzwecken vermieten, entspricht das Gebäude aber in seiner Ausstattung nicht dem Standard, den es nach den Vorstellungen des Erwerbers haben soll, ist es aus seiner Sicht nicht betriebsbereit. Aufwendungen, die dazu dienen, diesen Standard herbeizuführen, sind daher Anschaffungskosten.[2]

Die Betriebsbereitschaft ist für jeden Teil eines Gebäudes, der nach seiner Zweckbestimmung selbstständig genutzt werden soll, gesondert zu prüfen.

 
Praxis-Beispiel

Anschaffungskosten bei Erwerb eines Mehrfamilienhauses

A hat ein Mehrfamilienhaus mit insgesamt 6 Wohnungen erworben. Im EG und im 2. OG stehen 2 Wohnungen leer, die Wohnungen im 1. OG sind vermietet. Alle Wohnungen weisen nur einen einfachen Standard auf. A will die Wohnungen im EG als Büroraum nutzen, die Wohnungen im 2. OG will er vermieten, nachdem er sie auf einen höheren Standard gebracht hat. Die hierfür notwendigen Aufwendungen werden insgesamt zu den Anschaffungskosten zu rechnen sein, wenn die Renovierungsaufwendungen 15 % der Gebäudeanschaffungskosten überschreiten.

Wird ein Gebäude im Zeitpunkt der Anschaffung zunächst nicht genutzt, ist offen, ob es aus Sicht des Erwerbers betriebsbereit ist. Führt er im Anschluss an den Erwerb und vor der erstmaligen Nutzung Baumaßnahmen durch, die das Gebäude für seine konkreten Zwecke erst nutzbar machen, sind die Aufwendungen hierfür Anschaffungskosten.

[2] Siehe zur Standardhebung Abschn. 6.1 "Wesentliche Verbesserung eines Gebäudes". Eine Standardhebung ist jedoch nicht zu prüfen, wenn diesbezügliche Renovierungsaufwendungen 15 % der Anschaffungskosten nicht übersteigen, vgl. BMF, Schreiben v. 18.7.2003, IV C 3 – S 2211 – 94/03, BStBl 2003 I S. 386, Rn. 38.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge