Eine Renovierung führt zu Herstellungskosten, wenn …

Soweit nicht bereits anschaffungsnahe Herstellungskosten i. S. d. § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG vorliegen (s. hierzu unter Abschn. 5), stellt sich im Einzelfall die Frage, ob Herstellungs-/Anschaffungskosten oder (noch) Erhaltungsaufwand vorliegt. Denn wird durch die Maßnahme ein vorhandenes Gebäude erweitert oder wird es über seinen bisherigen Zustand hinaus wesentlich verbessert, liegen Herstellungs-/Anschaffungskosten vor, anderenfalls handelt es sich um Erhaltungsaufwand.[1]

[1] Erfolgt die wesentliche Verbesserung/Erweiterung im Zuge der Anschaffung eines Gebäudes, liegen begrifflich Anschaffungskosten vor, z.  B. Erwerb eines Altbaus mit anschließender Sanierung: Durch die Sanierung wird das Gebäude aus der Sicht des Käufers dann "in einen betriebsbereiten Zustand versetzt", was zu Anschaffungskosten führt (s.  o. Begriff "Anschaffungskosten").

6.1 Die wesentliche Verbesserung eines Gebäudes

Führen Renovierungsarbeiten zu einer wesentlichen Verbesserung des Gebäudes, sind die getätigten Aufwendungen nicht mehr Erhaltungsaufwand, sondern Herstellungs-/Anschaffungskosten.

Erhöhung des Gebrauchswerts und Erweiterung der Nutzungsmöglichkeit

Eine wesentliche Verbesserung ist gegeben, wenn die Renovierung in ihrer Gesamtheit über eine zeitgemäße substanzerhaltende (Bestandteil-)Erneuerung hinausgeht, den Gebrauchswert des Gebäudes insgesamt deutlich erhöht und damit für die Zukunft eine erweiterte Nutzungsmöglichkeit geschaffen wird.

 
Praxis-Beispiel

Renovierung als bloße substanzerhaltende oder als weitergehende Maßnahme?

  • Aufwendungen für den Einbau eines Kachelofens anstelle des bisherigen offenen Kamins sind keine Erhaltungsaufwendungen, sondern Herstellungskosten.[1]
  • Die Umstellung einer Heizungsanlage von Einzelöfen auf eine Zentralheizung hingegen ist gemäß Urteil des Bundesfinanzhofs als Erhaltungsaufwand einzuordnen.[2]
  • Der Einbau einer Solaranlage ist weder als Erweiterung noch als wesentliche Verbesserung zu beurteilen, sodass die hierfür aufgewendeten Kosten als Erhaltungsaufwand zu qualifizieren sind.[3]

Übliche, d.  h. normalerweise anfallende Instandsetzungs- oder Modernisierungsmaßnahmen werden den Gebrauchswert eines Gebäudes insgesamt nicht so deutlich erhöhen, dass es dadurch i. S. d. § 255 HGB wesentlich verbessert wird. Auch die Behebung eines Instandsetzungsstaus muss keine wesentliche Verbesserung zur Folge haben.

Bloße Instandsetzung

So wird die bloße Instandsetzung vorhandener Sanitär-, Elektro- und Heizungsanlagen, der Fußbodenbeläge, der Fenster und der Dacheindeckung in der Regel den Nutzungswert eines Wohngebäudes nicht wesentlich verändern. Eine Werterhöhung infolge derartiger Maßnahmen bedingt noch keine wesentliche Verbesserung i.  S.  d. § 255 HGB.[4]

Allerdings können Renovierungsmaßnahmen, die für sich allein noch als Erhaltungsmaßnahmen zu beurteilen wären, in ihrer Gesamtheit zu einer wesentlichen Verbesserung führen, wenn dadurch der Gebrauchswert (das Nutzungspotenzial) des Gebäudes gegenüber dem ursprünglichen Zustand deutlich erhöht wird.

 
Hinweis

Hebung des Standards

Die Renovierungsarbeiten erhöhen den Gebrauchswert deutlich, wenn sie sich nicht auf eine Instandsetzung der vorhandenen Ausstattung beschränken, sondern durch sie der Standard gehoben wird (Hebung des Standards).

Dies ist der Fall, wenn durch die Renovierung

  • der Standard von einem sehr einfachen auf einen mittleren oder
  • der Standard von einem sehr einfachen bzw. mittleren auf einen sehr anspruchsvollen gehoben wird.

Beurteilung des Standards

Wesentlich für die Beurteilung des Standards sind insbesondere Umfang und Qualität der Heizungs-, Sanitär- und Elektroinstallationen sowie der Fenster (zentrale Ausstattungsmerkmale).[5]

 
Praxis-Beispiel

Einfacher Standard

Ein sehr einfacher Standard ist anzunehmen, wenn die zentralen Ausstattungsmerkmale nur im nötigen Umfang, in sehr sparsamer Ausführung oder in einem technisch überholten Zustand vorhanden sind.[6]

Beispiele:

  • Das Bad ist nicht beheizbar.
  • Das Bad besitzt kein Handwaschbecken.
  • Eine Entlüftung ist im Bad nicht vorhanden.
  • Die Wände im Bad sind nicht überwiegend gefliest.
  • Die Badewanne steht ohne Verblendung frei.
  • Die Fenster haben nur Einfachverglasung.
  • Es ist eine technisch überholte Heizungsanlage vorhanden.
  • Die Elektroversorgung ist unzureichend.
 
Praxis-Beispiel

Mittlerer Standard

Ein mittlerer Standard liegt vor, wenn die zentralen Ausstattungsmerkmale in Umfang und Ausführung durchschnittlichen und selbst höheren Ansprüchen genügen.

 
Praxis-Beispiel

Anspruchsvoller Standard

Ein sehr anspruchsvoller Standard liegt vor, wenn nicht nur das Zweckmäßige, sondern sogar das Mögliche vorhanden ist und das vor allem unter Verwendung außergewöhnlich hochwertiger Materialien.

Steigerung des Wohnkomforts

Werden im Zuge von Renovierungsmaßnahmen diese Einrichtungen nicht nur in zeitgemäßer Form ersetzt, sondern darüber hinaus in ihrer Funktion (Gebrauchswert) deutlich erweitert und ergänzt, und wird dadurch der Wohnkomfort des Hauses insgesamt deutlich gesteigert, ist eine wesentliche V...

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