Während § 10 KSchG für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch Urteil des Arbeitsgerichts – und ebenso § 1a Abs. 2 KSchG für die Abfindung nach betriebsbedingter Kündigung – bestimmte Vorgaben für die Bemessung einer Abfindung festsetzt, bestehen solche für die einvernehmliche Aufhebung[1] des Arbeitsverhältnisses nicht. Die Parteien sind also grundsätzlich frei, höhere oder niedrigere Beträge zu vereinbaren.

In der Praxis orientieren sich die Parteien dennoch nicht selten an einem Betrag zwischen 0,5 und 1 Bruttomonatseinkommen für jedes Jahr der Beschäftigung im Unternehmen und den in § 10 KSchG festgelegten Höchstbeträgen.

Mit steigendem Lebensalter und wachsender Beschäftigungsdauer nimmt die Höhe der Abfindung zu. Allerdings nehmen auf die Höhe einer Abfindung eine Reihe weiterer Faktoren, etwa die individuellen Chancen auf dem Arbeitsmarkt, und nicht zuletzt das Verhandlungsgeschick der Parteien Einfluss, sodass eine verlässliche Prognose schwierig ist.

Wie bei der prozessualen Auflösung nach §§ 9, 10 KSchG spielen auch die Aussichten des Arbeitnehmers in einem Kündigungsschutzverfahren eine entscheidende Rolle. Beruht die Kündigung auf einem Sachverhalt, den der Arbeitnehmer selbst pflichtwidrig herbeigeführt hat (z. B. unzutreffende Angaben in Arbeitszeitnachweisen, Unstimmigkeiten bei Reisekostenabrechnungen o. Ä.), wird dies vom Gericht im Rahmen der Ermessensentscheidung über die Höhe der festzusetzenden Abfindung mit einbezogen und kann im Einzelfall zu einer beträchtlichen Reduzierung des festzusetzenden Abfindungsbetrags führen. Entsprechendes gilt daher auch für den außergerichtlichen Bereich. Muss demgegenüber der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den Bestandsschutz quasi abkaufen, was insbesondere bei bestehendem Sonderkündigungsschutz[2] in Betracht kommt, wird eine relativ hohe Abfindung zu zahlen sein.

Ein Betriebsratsmitglied wird durch einen im Zuge einer kündigungsrechtlichen Auseinandersetzung abgeschlossenen Aufhebungsvertrag in der Regel auch dann nicht unzulässigerweise begünstigt i. S. v. § 78 Satz 2 BetrVG, wenn der Aufhebungsvertrag besonders attraktive finanzielle oder sonstige Konditionen enthält, die einem Arbeitnehmer ohne Betriebsratsamt nicht zugestanden worden wären. Diese Begünstigung beruht regelmäßig auf dem besonderen Kündigungsschutz des Betriebsratsmitglieds nach § 15 Abs. 1 KSchG, § 103 BetrVG, der seine Rechtsposition gegenüber anderen Arbeitnehmern ohne vergleichbaren Sonderkündigungsschutz erheblich verbessert. Es kommt daher nicht darauf an, ob die in dem Aufhebungsvertrag vereinbarten Leistungen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls angemessen sind.[3]

Der Frage nach einer möglichen Frühverrentung des Arbeitnehmers kommt in diesem Zusammenhang ebenfalls eine hohe Bedeutung zu.

 
Praxis-Tipp

Formel zur Berechnung der Abfindung

Insgesamt wird man mit folgender Formel arbeiten können:

Abfindung = 0,5 bis 1 Monatsgehalt (abhängig von der sozialen Schutzbedürftigkeit) × Beschäftigungsdauer in Jahren × Risikofaktor (Aussichten in einem Bestandsschutzprozess).

Abfindung und Arbeitslosengeld I

Wird das Arbeitsverhältnis beendet und dem Arbeitnehmer eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung gezahlt, so ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld, wenn die Beendigung ohne Einhaltung der Frist erfolgt, die der fristgemäßen Kündigung durch den Arbeitgeber entspricht.[4] Die ordentliche arbeitgeberseitige Kündigungsfrist gilt auch, wenn das Arbeitsverhältnis im gegenseitigen Einvernehmen (insb. durch Aufhebungsvertrag) oder durch Urteil beendet wird.[5]

Wenn in einem Aufhebungsvertrag eine Abfindungssumme in Höhe des Differenzbetrags vereinbart wird, der sich unter anderem aus dem zum Vertragsschluss maßgeblichen Nettoeinkommen des Arbeitnehmers und der Höhe des Arbeitslosengeldes bis zum Rentenbezug zusammensetzt, berechtigt eine Minderung des Arbeitslosengeldbezugs infolge einer späteren Gesetzesänderung den Arbeitnehmer nicht, den Differenzbetrag nach den Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage vom Arbeitgeber ersetzt zu verlangen.

Anders ist die Rechtslage, wenn – was häufiger geschieht – dem Arbeitnehmer ein bestimmter Prozentbetrag seines bisherigen Nettoeinkommens garantiert wird. Hier ist der Arbeitgeber "Ausfallbürge" für eventuelle Kürzungen des Arbeitslosengeldes.

 
Hinweis

Keine Entlassungsentschädigung

Die Abfindung nach § 1a KSchG ist keine Entlassungsentschädigung i. S. d. § 158 Abs. 1 SGB III.

Zwar spricht für eine Einordnung der Leistung nach § 1a KSchG als "Entlassungsentschädigung" im Sinne der Vorschrift zunächst, dass die Leistung im Kündigungsschutzgesetz selbst als "Abfindungsanspruch" bezeichnet wird. Es fehlt jedoch an dem notwendigen Ursachenzusammenhang zwischen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und dem Entstehen des Abfindungsanspruchs.

Abfindung und Arbeitslosengeld II

Es ist insbesondere auch zu beachten, dass Abfindungsansprüche als Einkommen in voller Höhe angerechnet werden und regelmäßig zu einem Wegfall der Hilfebedürftigkeit a...

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