Das Wichtigste in Kürze:

1. Nach Nr. 187 Abs. 3 RiStBV wird AE grds. in den Diensträumen der StA oder des Gerichts gewährt.
2. § 32f Abs. 2 S. 3 bestimmt allerdings, dass dem Verteidiger – "auf besonderen Antrag" – die Akten in seine Geschäftsräume oder in die Wohnung mitgegeben/übersandt werden.
3. Dem Verteidiger können die Akten auch zugesandt werden, wenn der Verwahrungsort der Akten nicht der Kanzleisitz des Verteidigers ist.
4. Der Verteidiger kann die Entscheidung über die Mitgabe/Nichtmitgabe der Akten in seine Kanzlei nicht anfechten.
 

Rdn 456

 

Literaturhinweise:

Groh, Zum Recht des Strafverteidigers auf Einsichtnahme in staatsanwaltschaftliche Ermittlungsakten, DRiZ 1985, 52

Köllner, Kann die Verteidigung die Mitgabe von Originaltonbandaufzeichnungen verlangen, die im Wege der Durchführung eines Rechtshilfeersuchens erstellt worden sind?, StraFo 1995, 50

Pawlita, Die Wahrnehmung des Akteneinsichtsrechts im gerichtlichen und behördlichen Verfahren durch Überlassung der Akten in die Rechtsanwaltskanzlei, AnwBl 1986, 7

Rieß, Amtlich verwahrte Beweisstücke (§ 147 StPO), in: Festgabe für Karl Peters, 1984, S. 113

Traut/Cunningham, Akteneinsichtsrecht des Verteidigers mit Kanzleisitz im Ausland – Theorie und Praxis, StraFo 2017, 222

s.a. die Hinw. bei → Akteneinsicht, Allgemeines, Teil A Rdn 226.

 

Rdn 457

1. Nach Nr. 187 Abs. 3 RiStBV wird AE grds. in den Diensträumen der StA oder des Gerichts gewährt. Einen größeren Umfang garantiert das AER des § 147 nicht (BVerfG NStZ 1997, 42). Der Verteidiger hat nach h.M. keinen Rechtsanspruch auf Aushändigung der Akten zur Mitnahme in sein Büro oder seine Wohnung (BGH DRiZ 1990, 455; NStZ-RR 2008, 48 [Ls.]; NStZ-RR 1998, 258 [K]; OLG Brandenburg, Beschl. v. 2.7.2008 – 1 Ws 107/08; Meyer-Goßner/Schmitt, § 32f Rn 10; krit. Eisenberg NJW 1991, 1259 zu § 147 Abs. 4 a.F.im Hinblick auf eine höchstmögliche Effizienz der Verteidigung; krit. auch Pawlita AnwBl 1986, 8). U.a. deshalb ist aus verfassungsrechtlicher Sicht nichts gegen die Erhebung der Pauschale von 12,00 EUR in Nr. 9003 KV GKG einzuwenden (BVerfG, a.a.O.; → Akteneinsicht, Kosten, Teil A Rdn 424).

 

☆ An dieser Rechtslage soll sich durch die Änderungen in § 147 a.F. durch das Gesetz zur Einführung der elektronischen Akte in der Justiz und zur weiteren Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs v. 5.7.2017 nichts geändert haben ( Meyer-Goßner/Schmitt , § 32f Rn 10). Nach § 32f Abs. 2 S. 1 wird AE in Akten, die in Papierform vorliegen (nach wie vor) durch Einsicht in die Akten in den Diensträumen gewährt. Die Einsicht in elektronisch vorliegende Akten, was noch die Ausnahme sein dürfte, erfolgt nach § 32f Abs. 1 (→ Akteneinsicht, elektronische Akte , Teil A Rdn  401 ). Man wird jedoch den gegenüber § 147 Abs. 4 a.F. geänderten Wortlaut der Regelung in § 32f Abs. 2 S. 3 nicht übersehen dürfen. Dort war mit soll formuliert, jetzt werden die Akten mitgegeben. Auf der Grundlage wird man fragen können, warum dann nicht auch ein Anspruch auf Übersendung besteht (offen bei BVerfG NJW 2012, 141).Rechtslage soll sich durch die Änderungen in § 147 a.F. durch das "Gesetz zur Einführung der elektronischen Akte in der Justiz und zur weiteren Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs v. 5.7.2017" nichts geändert haben (Meyer-Goßner/Schmitt, § 32f Rn 10). Nach § 32f Abs. 2 S. 1 wird AE in Akten, die in Papierform vorliegen (nach wie vor) durch Einsicht in die Akten in den Diensträumen gewährt. Die Einsicht in elektronisch vorliegende Akten, was noch die Ausnahme sein dürfte, erfolgt nach § 32f Abs. 1 (→ Akteneinsicht, elektronische Akte, Teil A Rdn 401). Man wird jedoch den gegenüber § 147 Abs. 4 a.F. geänderten Wortlaut der Regelung in § 32f Abs. 2 S. 3 nicht übersehen dürfen. Dort war mit "soll" formuliert, jetzt "werden" die Akten mitgegeben. Auf der Grundlage wird man fragen können, warum dann nicht auch ein Anspruch auf Übersendung besteht (offen bei BVerfG NJW 2012, 141).

Die neue Form der elektronischen Akteneinsicht (→ Akteneinsicht, elektronische Akte, Teil A Rdn 402) kann auch für die noch in Papierform geführten Akten möglich sein, soweit nicht wichtige Gründe entgegenstehen (§ 32f Abs. 2 S. 2). Ein Anspruch auf die Zurverfügungstellung einer nicht elektronisch geführten Akte in elektronischer Form soll aber nicht bestehen. Der Regelfall soll nach wie vor die Einsichtnahme in die Papierakte auf der Dienststelle sein (§ 32f Abs. 2 S. 1).

 

Rdn 458

2.a) § 32f Abs. 2 S. 3 bestimmt allerdings, dass dem Verteidiger –"auf besonderen Antrag" – die Akten in seine Geschäftsräume oder in die Wohnung mitgegeben/übersandt werden (so auch Nr. 187 Abs. 2 RiStBV). Allein das ist auch sinnvoll, da der Verteidiger Ruhe haben muss, um die Akten durchzusehen und sich daraus Fotokopien machen zu können (Bosbach, Rn 114; s.a. Rieß, a.a.O., S. 127, der zum alten Recht davon ausgegangen ist, dass, wenn keine wichtigen Gründe entgegenstehen [dazu Teil A Rdn 460], von einem Rechtsanspruch auf Mitnahme auszugehen war).

 

Rdn 459

Fraglich ist, ob aus ...

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