Rz. 37

Der Nacherbe hat einen Anspruch auf ein (Bestands-)Verzeichnis der zur Erbschaft gehörenden Gegenstände (§ 2121 Abs. 1 S. 1 BGB),[59] der während der gesamten Dauer der Vorerbschaft gegenüber dem verpflichteten Vorerben zum Zwecke der Beweiserleichterung zum Zeitpunkt der Herausgabe geltend gemacht werden kann. Der Anspruch erlischt mit dem Eintritt des Nacherbfalls (§ 2139 BGB).[60] Inwieweit der Anspruch der Verjährung unterliegt, ist noch nicht abschließend geklärt. In der 1. Auflage dieses Handbuchs wurde noch die Auffassung vertreten, der Anspruch verjähre gem. § 199 Abs. 3a BGB 30 Jahre von seiner Entstehung an. Überzeugender erscheint es dagegen, den Anspruch als verhaltenen Anspruch zu werten, der erst mit seiner Geltendmachung entsteht.[61] Das Bestandsverzeichnis gibt den zur Zeit seiner Aufnahme vorhandenen Bestand des Aktivnachlasses wieder, ohne dass – im Unterschied zum Inventar (§ 2009 BGB) – eine Vollständigkeitsvermutung begründet wird.[62] Wertangaben sind nicht zwingend erforderlich, da diese für den Herausgabeanspruch des Nacherben (§ 2130 BGB) irrelevant sind.[63] Angaben zu den Nachlassverbindlichkeiten sind ebenso wenig erforderlich.[64] Der Vorerbe hat die Pflicht nur einmal zu erfüllen, so dass Ergänzungen oder Nachbesserungen nicht mehr verlangt werden können.[65] Im Falle mehrerer Nacherben kann jeder Nacherbe das Bestandsverzeichnis auch gegen den Willen der übrigen Nacherben verlangen.[66] Ebenso wie die Hinzuziehung und Aufnahme durch die Behörde oder den Notar, kann der Nacherbe die öffentliche Beglaubigung verlangen (§ 2121 Abs. 1 S. 2, Hs. 2, Abs. 2, Abs. 3 BGB). Die Kosten der Aufnahme des Verzeichnisses sind Nachlassverbindlichkeiten (§ 1967 BGB).

[59] Vgl. OLG München ZEV 2020, 366, wonach das Verzeichnis weder Erinnerungsstücke ohne materiellen Wert noch Verbindlichkeiten enthalten muss.
[60] RGZ 98, 25, 26; Damrau/Tanck/Bothe, § 2121 Rn 3.
[61] Dahin tendierend auch Trappe, in: Beck´sche Online-Formulare Erbrecht, 9.3.2.1 Rn 6.
[62] Burandt/Rojahn/Lang, § 2121 Rn 12.
[63] MüKo/Lieder, § 2121 Rn 8; Damrau/Tanck/Bothe, § 2121 Rn 5.
[64] MüKo/Lieder, § 2121 Rn 8.
[65] BGH 127, 360.
[66] RGZ 98, 25 f.; zur (umstrittenen) Frage, ob der Vorerbe auch bei Vorhandensein mehrerer Nacherben nur einmal zur Erstellung des Verzeichnisses verpflichtet ist oder ob jeder Nacherbe den Anspruch für sich – auch zeitlich nacheinander – geltend machen kann, vgl. MüKo/Lieder, § 2121 Rn 5 m.w.N.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge