Rz. 78
Erleidet ein Geschädigter einen schwerwiegenden Verkehrsunfallschaden, der einen Krankenhausaufenthalt erfordert, können Kosten dadurch entstehen, dass der Geschädigte von Angehörigen und Freunden besucht wird. Die bei den Besuchern eintretenden Aufwendungen stellen grundsätzlich nicht ausgleichspflichtige Drittschäden dar. Von diesem Grundsatz macht die Rechtsprechung unter besonderen Voraussetzungen eine Ausnahme. Wird der stationär aufgenommene Geschädigte von nächsten Angehörigen besucht und ist dieser Besuch medizinisch notwendig, um die durch den Unfall verursachte psychische Beeinträchtigung des Geschädigten zu lindern, sind dadurch verursachte Kosten vom Schädiger auszugleichen.[99] Zu den "nächsten Angehörigen deren Kosten für Besuchsfahrten dem materiellen Schaden eines Verletzten zugerechnet werden können, kann nach der wohl überwiegenden Rechtsprechung auch der "Lebensgefährte" zählen, und zwar auch dann, wenn die Partner nicht ständig zusammen gewohnt haben.[100] Teilweise wird dies jedoch von der älteren Rechtsprechung auch abgelehnt.[101]"
Rz. 79
Wie viele Besuche konkret angemessen sind, hängt zum einen von der Nähebeziehung zwischen Besucher und Verletztem, zum anderen von der Schwere der Verletzung ab.[102] Speziell bei verletzten Kindern ist dabei von einer deutlich höheren Besuchsfrequenz durch die Eltern auszugehen.[103] Grundsätzlich kann von folgenden "Faustregeln" ausgegangen werden:[104]
(1) | Schwerste Verletzungen mit Lebensgefahr: anfänglich 5–6 Besuche pro Woche, nach 1–2 Wochen abnehmende Frequenz auf wöchentlich 2–4 Besuche. |
(2) | Schwere Verletzungen ohne Lebensgefahr: anfänglich 4–5 Besuche pro Woche, bei Stabilisierung des Zustandes wöchentlich 2–4 Besuche. |
(3) | Mittelschwere Verletzungen: 2–3 Besuche pro Woche. |
(4) | Leichte Verletzungen: wöchentlich 1–2 Besuche. |
Rz. 80
Können Besuchskosten als außergewöhnliche Belastungen i.S.v. § 33 Einkommenssteuergesetz beim Finanzamt geltend gemacht werden, ist der Steuervorteil im Wege des Vorteilsausgleichs anzurechnen. Wird die außergewöhnliche Belastung von den Angehörigen der Klägerin, um deren Aufwendungen es letztlich geht, nicht geltend gemacht, liegt ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht vor.[105]
Rz. 81
Muster 9.19: Medizinische Notwendigkeit täglicher Besuche
Muster 9.19: Medizinische Notwendigkeit täglicher Besuche
_________________________ Versicherung AG
_________________________
_________________________
Schaden-Nr./VS-Nr./Az. _________________________
Schaden vom _________________________
Pkw _________________________, amtl. Kennzeichen _________________________
Sehr geehrte Damen und Herren,
mein Mandant wurde zwischenzeitig aus dem Krankenhaus entlassen. Er befindet sich weiterhin in ärztlicher Behandlung bei Herrn Dr. _________________________.
Während des Krankenhausaufenthaltes entstanden weit reichende Besuchskosten. Mein Mandant wurde an _________________________ von _________________________ besucht. Die Besuche waren medizinisch erforderlich, weil insbesondere _________________________ Dass die täglichen Besuche medizinisch geboten waren, kann erforderlichenfalls der behandelnde Arzt Dr. _________________________ bestätigen. Die dadurch entstandenen Fahrtkosten sind zu ersetzen (BGH NJW 1991, 2340 ff.; KG VRR 2009, 300).
Während des Krankenhausaufenthaltes waren meine Mandanten nachweislich an _________________________ Tagen im Krankenhaus. Sämtliche Fahrten wurden per Pkw zurückgelegt. Die einfache Entfernung zwischen der Wohnung der anreisenden Person sowie dem Krankenhaus beträgt _________________________ km. Nach Maßgabe der Entscheidungen des OLG Hamm VersR 1997, 1291 und VersR 2000, 66, beträgt die Pauschale pro gefahrenem Kilometer in Anlehnung an § 5 Abs. 2 Nr. 1 JVEG, 0,25 EUR. Danach berechnen sich die Fahrtkosten wie folgt:
_________________________ (Tage) x _________________________ (km) x 2 (Hin- und Rückfahrt) x 0,25 EUR = _________________________ EUR
Darüber hinaus fielen bei jeder Besuchsfahrt Parkkosten für das Parken auf dem Krankenhausgelände an. Einen entsprechenden Musterbeleg füge ich Ihnen in der Anlage in Kopie bei. Danach betragen die Parkgebühren pro Tag pauschal _________________________ EUR. Die Parkgebühren belaufen sich somit auf insgesamt
_________________________ (Tage) x _________________________ (EUR) = _________________________ EUR.
Den Gesamtbetrag in Höhe von _________________________ EUR gleichen Sie bitte möglichst umgehend, spätestens jedoch bis zum
_________________________ (14-Tages-Frist)
auf das Ihnen bekannte Konto meiner Mandantschaft aus.
Mit freundlichen Grüßen
(Rechtsanwalt)
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