Rz. 101

Unter dem Begriff des Erwerbsschadens werden alle Schadenspositionen zusammengefasst, die aus dem unfallbedingten Arbeitsausfall des Geschädigten resultieren. Woraus der Schaden im Einzelnen besteht, hängt vom Status des Geschädigten ab.

Dabei ist zu unterscheiden zwischen

Lohnempfängern,
Selbstständigen,
Auszubildenden/Schülern/Kindern,
Haushaltsvorständen,
sonstigen Anspruchsberechtigten.

I. Lohnempfänger

 

Rz. 102

Arbeiter und Angestellte besitzen gegen ihren jeweiligen Arbeitgeber einen Anspruch auf Lohnfortzahlung während ihres krankheits- oder unfallbedingten Ausfalls (§ 3 EFZG). Die Lohnfortzahlung erfolgt während der ersten sechs Wochen der Erkrankung. Bei der Berechnung des fortzuzahlenden Arbeitsentgelts gilt das Lohnausfallprinzip: Der Arbeitnehmer erhält grundsätzlich diejenige Vergütung, die er bezogen hätte, wenn er nicht arbeitsunfähig erkrankt wäre. Für die Berechnung des Verdienstausfallschadens ist hingegen zu beachten, dass Überstunden keine Berücksichtigung finden (§ 4 EFZG). Hätte der Geschädigte während des Ausfallzeitraums nachweislich Überstunden geleistet, kann dieser Ausfall auch während des Entgeltfortzahlungszeitraums geltend gemacht werden.

 

Rz. 103

Nach dem Ablauf des Fortzahlungszeitraums erhält der Verletzte von seiner Krankenversicherung sog. Krankengeld (§§ 4451 SGB V). Das Krankengeld wird nach Maßgabe des Einkommens vor dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit berechnet. In der Regel beträgt es 70 % des letzten Brutto-, aber höchstens 90 % des Nettoeinkommens (§ 47 SGB V). Bei der Berechnung werden auch die Einmalzahlungen im letzten Jahr vor der Arbeitsunfähigkeit berücksichtigt. Davon fallen noch Beiträge zur Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung an, die von der Krankenkasse einbehalten und an die entsprechenden Versicherungsträger abgeführt werden. Die Beitragsanteile des Arbeitgebers übernimmt währen des Krankengeldbezuges die Krankenkasse. In der Krankenversicherung besteht während des Bezuges von Krankengeld Beitragsfreiheit. Bei Arbeitslosen werden die Beiträge aus dem Krankengeld komplett von der Krankenkasse bezahlt. Die Berechnung des Krankengeldes erfolgt für den Kalendertag. Bezugszeiten von Krankengeld werden von Renten- und Arbeitslosenversicherung als Beitragszeiten angerechnet.

Im Ergebnis entsteht somit in jedem Fall ein Erwerbsschaden, wenn die Erkrankung den Lohnfortzahlungszeitraum von sechs Wochen übersteigt. Dann stellt die Differenz zwischen gezahltem Krankengeld und dem letzten Arbeitslohn einen Erwerbsschaden dar.

 

Rz. 104

Die Berechnung des Erwerbsschadens nach dem Abschluss des Entgeltfortzahlungszeitraums erfolgt nach der sog. modifizierten Nettolohnmethode.[145] Da die Krankenkassen nach dem Ende des Entgeltfortzahlungszeitraums Krankengeld an den Geschädigten zahlt und dabei auch die Rentenversicherungsbeiträge begleicht, verbleibt beim Geschädigten nur noch ein Schaden in Höhe der Differenz zwischen dem fiktiven Nettolohn seines Arbeitgebers und den vom Krankenversicherer entrichteten Krankengeldzahlungen.

 

Rz. 105

Muster 9.23: Erwerbsschaden bei Krankengeldzahlung

 

Muster 9.23: Erwerbsschaden bei Krankengeldzahlung

_________________________ Versicherung AG

_________________________

_________________________

Schaden-Nr./VS-Nr./Az. _________________________

Schaden vom _________________________

Pkw _________________________, amtl. Kennzeichen _________________________

Sehr geehrte Damen und Herren,

mein Mandant geht seit dem _________________________ wieder seiner Erwerbstätigkeit nach. Während seiner Krankschreibung erlitt er einen nicht unerheblichen Erwerbsschaden. Dies betrifft die Zeitdauer nach Abschluss des Entgeltfortzahlungszeitraums am _________________________ bis zur Wiederaufnahme seiner beruflichen Tätigkeit am _________________________. Die Berechnung des Erwerbsschadens erfolgt nach Maßgabe der herrschenden Rechtsprechung (BGH VersR 1995, 104) auf der Grundlage der modifizierten Nettolohntheorie. In der Anlage füge ich Ihnen die Gehaltsabrechnungen meines Mandanten für die Zeit von _________________________ Monaten vor dem schadenbegründenden Ereignis bei. Die durchschnittliche monatliche Nettovergütung betrug in dem vorgenannten Zeitraum _________________________ EUR. Daraus ergibt sich ein tägliches Nettoentgelt in Höhe von _________________________ EUR.

Hierauf erbrachte der Krankenversicherer meines Mandanten nach dem Abschluss des Entgeltfortzahlungszeitraums bis zur Wiederaufnahme seiner beruflichen Tätigkeit Krankengeldzahlungen. Ausweislich des in der Anlage in Kopie beigefügten Bescheides der Krankenkasse vom _________________________ beliefen sich die täglichen Krankengeldzahlungen auf _________________________ EUR. Die Differenz zum fiktiven Nettoentgelt beträgt demgemäß _________________________ EUR. Der Ausfallzeitraum, in dem Krankengeld geleistet wurde, beträgt _________________________ Tage. Daraus ergibt sich ein ausgleichspflichtiger Erwerbsschaden in Höhe von _________________________ EUR.

Für den Ausgleich des vorgenannten Be...

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