Rz. 217

Zitat

"Ein Ehegatte kann auch dann verpflichtet sein, dem – der steuerlichen Entlastung des anderen Ehegatten dienenden – Antrag auf Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer zuzustimmen, wenn er während der Zeit des Zusammenlebens steuerliche Verluste erwirtschaftet hat, die er im Wege des Verlustvortrags in einem späteren Veranlagungszeitraum zur Verminderung seiner eigenen Steuerlast einsetzen könnte. Wenn die Ehegatten die mit Rücksicht auf eine – infolge der Verluste zu erwartende – geringere Steuerbelastung zur Verfügung stehenden Mittel für ihren Lebensunterhalt oder eine Vermögensbildung, an der beide Ehegatten teilhaben, verwendet haben, ist es einem Ehegatten im Verhältnis zu dem anderen verwehrt, für sich die getrennte steuerliche Veranlagung zu wählen. Durch die Verweigerung der Zustimmung zur Zusammenveranlagung macht er sich schadensersatzpflichtig.[133]"

 

Rz. 218

Der Bundesgerichtshof leitet dieses Ergebnis wiederum aus der familienrechtlichen Überlagerung und dem Rechtsgedanken des § 1360b BGB her:

Zitat

"Ein Ehegatte kann eine Belastung aber auch zu tragen haben, weil sich dies aus der tatsächlichen Gestaltung im Rahmen der ehelichen Lebensgemeinschaft ergibt. Insofern ist davon auszugehen, dass sich üblicherweise die Lebensverhältnisse den vorhandenen Mitteln anpassen, also mit Rücksicht auf eine zu erwartende geringere Steuerbelastung ein höherer Lebensstandard gepflegt wird. Die insofern eingesetzten Mittel können, wenn ein Ehegatte trotz Erwerbstätigkeit nicht über positive Einkünfte verfügt, zunächst nur von dem anderen Ehegatten stammen, der entsprechend mehr für den Familienunterhalt aufwendet, als er es ohne die Erwartung einer steuerlichen Entlastung tun könnte und würde. Zur Finanzierung dieser Vorleistung bringt der andere Ehegatte letztlich seinen Verlust als Beitrag zum Familienunterhalt in die eheliche Lebensgemeinschaft ein. Fällt mithin der Zeitraum, in dem der Verlust entstanden ist, in die Zeit des Zusammenlebens, ist die vorhandene Liquidität durch das Zusammenwirken der Ehegatten erhöht, entweder schon dadurch, dass bereits Steuervorauszahlungen angepasst wurden oder entfallen sind, oder aber durch erfolgende Steuererstattungen. Jedenfalls nachdem beide Ehegatten in einer solchen Weise nach ihren jeweiligen Möglichkeiten zum Familienunterhalt beigetragen haben, ist es ihnen nach Treu und Glauben, aber auch nach dem Rechtsgedanken des § 1360b BGB, verwehrt, dieser Gestaltung rückwirkend die Grundlage zu entziehen. Das wäre aber der Fall, wenn einem Ehegatten im Verhältnis zu dem anderen die Möglichkeit zustünde, seine Verluste nachträglich anderweit, nämlich zu seinem alleinigen Vorteil, zu nutzen. Die steuerrechtlich bestehende Möglichkeit einer Wahl der getrennten Veranlagung hat in solchen Fällen der familienrechtlichen "Überlagerung" außer Betracht zu bleiben, weil sie zu einer auf den Zeitraum des gemeinsamen Lebens und Wirtschaftens zurückwirkenden Korrektur führen würde."

[133] BGH FamRZ 2010, 269.

(a) Unterhalt

 

Rz. 219

Steuerrückerstattungen sind Einkommen und im Jahr der Zahlung zu berücksichtigen (In-Prinzip). Das gilt umgekehrt für Nachzahlungen.[134] Eine Steuererstattung aus der Zeit des Zusammenlebens ist nicht zu berücksichtigen, da sie vor der Trennung eine Erhöhung des Familienunterhalts bewirkt hatte.

 

Rz. 220

Hat einer der Ehegatten – in der Regel der unterhaltsberechtigte – die ungünstigere Steuerklasse – in der Regel Steuerklasse V – und erhält dadurch einen höheren Unterhalt, kann dies in Bezug auf Steuerrückerstattungen zu berücksichtigen sein, da er bereits am höheren Einkommen des anderen Ehegatten partizipiert, sofern der Unterhalt auf der Grundlage dieses Einkommens berechnet ist (und nicht z.B. aufgrund freier Vereinbarung).

[134] BGH FamRZ 1980, 984; 2011, 1851.

(b) Zugewinnausgleich

(aa) Richtiger Zeitpunkt des Scheidungsantrags und andere Haftungsfallen

 

Rz. 221

Das Entstehen der Schuld (Steuernachzahlung) oder des Anspruchs (Steuererstattungsanspruch) gegenüber dem Finanzamt steht fest, nämlich das Ende des Steuer = Kalenderjahrs (§§ 25, 36 Abs. 1, 51a EStG).

 

Rz. 222

Nicht fest steht hingegen der Endstichtag des § 1384 BGB. Dieser kann vom Anwalt beeinflusst werden.

Daher ist sorgfältig zu prüfen, ob die Einreichung des Antrags vor oder aber nach dem Jahreswechsel zu empfehlen ist, je nach Anspruchslage. Im Falle der Nichtbeachtung droht der Regress.

 

Rz. 223

Auch muss bedacht werden, dass – bei Selbstständigen – die Erhöhung von Vorauszahlungen das Endvermögen vermindern kann, bezügliche derer ein Bescheid zu beantragen ist. Es genügt nicht, dem Finanzamt ohne Bescheid einen "Vorschuss" zu überweisen.

 

Hinweis

Zeichnet sich für das laufende Kalenderjahr aufgrund eines erhöhten Einkommens/Gewinns eine Einkommensteuernachzahlung ab, sollte beim Finanzamt formell eine Erhöhung der Vorauszahlungen beantragt werden. Dabei ist zu berücksichtigen, ob der Steuerberater bereits gewinnreduzierende Steueroptimierungsmaßnahmen empfohlen hat.

(bb) Konkurrenzverhältnis von Gesamtschuldnerausgleich und Zugewinnausgleich

 

Rz. 224

Der Gesamtschuldnerausgleich wird nicht durch den Zugewinnausgleich verdrängt, sondern beide Ausgleichsformen bestehen nebe...

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