Rz. 26

Die Phase 1 ist das "Warm-up". Hier geht es darum, dass die Medianten über das Verfahren informiert werden. Ferner sollen der Gesprächsrahmen festgelegt und die Verhaltensregeln aufgestellt werden. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, die Medianten darauf hinzuweisen, dass man einander ausreden lässt, es nicht zu Zwischenkommentaren kommt und nicht alle gleichzeitig reden. Diese "Leitlinien" für die Art und Weise der Gesprächsführung stellen zwar Selbstverständlichkeiten dar, die jedoch bei einer ungünstigen Entwicklung des Gesprächs – einem Ausarten des Gesprächsverlaufs/einer Erhitzung der Gemüter – sehr gut vom Mediator noch einmal bei den Medianten in Erinnerung gerufen werden können. Den Medianten kann in einem solchen Fall ihre zu Anfang vereinbarte Art und Weise der Gesprächsführung bzw. die eingegangene Selbstverpflichtung vor Augen geführt werden. Zumeist führt dies dazu, dass sich die erhitzten Gemüter wieder abkühlen und die Gesprächsatmosphäre sich wieder verbessert. Die Vereinbarung der Verhaltensregeln in der Phase 1 schafft insoweit eine Atmosphäre, die es ermöglicht, das Gespräch über den Konflikt vorzubereiten und am Ende eine Verständigung – worauf auch immer – zu vermitteln. Zumeist beginnt die Phase 1 mit einem "Smalltalk" über die Anfahrt, das Wetter oder sonstige "belanglose" Dinge, die aber schon einmal die Gesprächsatmosphäre auflockern. Gerade bei Unfallopfern, die schwerstverletzt sind, kann man am Anfang durchaus auch auf die menschliche Komponente eingehen und den Geschädigten auf die jetzt schwierige Lebenssituation nach dem Unfall ansprechen. Wenn der Schädiger anwesend ist und nicht nur dessen Haftpflichtversicherer, kann man natürlich auch ein paar Worte seitens des Mediators an den Schädiger richten, z.B. dass auch für ihn mit dem Unfall eine schwierige Zeit begonnen hat, möglicherweise muss er jeden Tag an der Unfallstelle vorbeifahren und sich somit seiner Verantwortung, seinen Ängsten und Schuldgefühlen stellen. Durch diese Fragen kann das Eis gebrochen werden und die Medianten haben die Möglichkeit, sich kennenzulernen und sich auf den Gegenübersitzenden menschlich einzustellen. Ferner ist hier auch wichtig, dass die Medianten in einer lockeren Atmosphäre sitzen. Die Anordnung der Stühle sollte z.B. idealerweise so gestaltet sein, dass man an einem Tisch sitzt, ohne dass eine Hierarchie entsteht, wie z.B. in einem gerichtlichen Verfahren. Wenn man in einen deutschen Gerichtssaal geht, fängt es schon damit an, dass der Richter höher sitzt als die Parteien und der Vorsitzende eine längere Stuhllehne hat, als seine Beisitzer. Hier ist schon von der reinen Sitzordnung her ein Ungleichgewicht vorhanden, was bei einer Mediation, die z.B. in einem Hotel, in einer Kanzlei oder in einem anderen geeigneten Raum stattfinden kann, nicht der Fall ist. Ferner ist in der Phase 1 die Vorarbeit des Mediators zu machen, in dem er z.B. die Statthaftigkeit und Zulässigkeit prüft. Eine Mediation ist dann nicht zulässig, wenn die Medianten gar nicht mediationsfähig sind. Manchmal kann aufgrund von Medikamenten oder von dementen Erkrankungen oder bestimmten Therapien, in denen sich der Geschädigte befindet, eine Mediation gar nicht möglich sein. Dies muss der Mediator im Vorfeld klären, damit die Bemühungen, Vorarbeiten und Anreisen unter Umständen nicht vergebens waren. Im Rahmen dieser Vorprüfung ist natürlich auch zu klären, ob in dem vorliegenden Fall eine Betreuung vorliegt. Gerade bei schweren SHT-Fällen haben die Geschädigten meistens Betreuer, so dass dann natürlich der Betreuer ebenfalls anwesend sein muss. Gerade bei stark medikamentenabhängigen Medianten ist hier auch die Beeinträchtigung der Willensfreiheit zu prüfen. Da am Ende der Mediation ein Vertrag steht, in dem beide Parteien sich einigen und eine Lösung finden, müssen wie bei jedem Vertrag die Parteien rechts- als auch geschäftsfähig sein. Der Vertreter des Versicherers muss ebenfalls eine Vollmacht vorlegen, die ihn berechtigt, in einem realistischen Rahmen verbindliche Erklärungen zu Grund und Höhe der Ansprüche abzugeben. Ferner wird in der Phase 1 auch über die Prinzipien der Mediation, wie z.B. die Freiwilligkeit gesprochen. Dies bedeutet, dass die Medianten jederzeit die Mediation abbrechen können und auch den Vertrag kündigen können. Weiteres Grundprinzip der Mediation ist die Vertraulichkeit. Der Mediator weist darauf hin, dass der Verhandlungsort ein sog. geschützter Raum ist, d.h. dass alles, was im Rahmen der Mediation besprochen wird, den Raum der Mediation nicht verlässt, so dass die Parteien auch über Dinge reden können, über die sie bisher aufgrund emotionaler, rechtlicher und/oder taktischer Überlegungen noch nicht gesprochen haben. Hierzu gehört natürlich auch die Verschwiegenheit, d.h. der Mediator darf sich zu den Inhalten nicht außerhalb der Mediation äußern und diese nicht publik machen. Der Mediator wird sich neutral verhalten und von sich aus keine Entscheidung treffen, sondern das den Parteien...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge