Rz. 1

Als Hausgeldinkasso wird hier die Gesamtheit der Maßnahmen zur (zwangsweisen) Durchsetzung von Hausgeld- bzw. Beitragsforderungen der Gemeinschaft gegen einzelne Miteigentümer bezeichnet.[1] Das "Inkassoverfahren" beginnt mit der Anmahnung der Forderung durch den Verwalter und führt über die gerichtliche Titulierung zur Zwangsvollstreckung oder zum Einsatz von "Druckmitteln" wie Versorgungssperre oder Insolvenzantrag. Der Begriff Beiträge bezeichnet die vom Wohnungseigentümer zu zahlenden Vorschüsse gemäß dem Wirtschaftsplan, die Nachschüsse gemäß der Jahresabrechnung sowie etwaige Sonderumlagen. Man spricht oft auch von "Hausgeld" oder Wohngeld“.[2] Manchmal wird der Begriff "Hausgeld" auch nur für die Vorschüsse nach dem Wirtschaftsplan verwendet. Eine einheitliche oder gar zwingende Begrifflichkeit gibt es nicht und ist auch nicht erforderlich. Dass (Geld-)Beiträge an die Gemeinschaft zu leisten sind, ergibt sich bereits aus § 16 Abs. 2 S. 1 WEG, wonach jeder Wohnungseigentümer den anderen gegenüber verpflichtet ist, die gemeinschaftlichen Kosten nach dem Verhältnis seines Anteils zu tragen. Eine durchsetzbare Forderung setzt aber auch eine Beschlussfassung gem. § 28 Abs. 1, 2 WEG voraus, wobei man darüber streiten kann, ob die Beitragspflicht durch die Beschlussfassung erst entsteht[3] oder ob die Beschlussfassung eine notwendige "Konkretisierung" oder "Fälligstellung" der dem Grunde nach bereits kraft Gesetzes bestehenden Beitragspflicht darstellt.[4]

 

Rz. 2

Beitragsgläubiger ist die Gemeinschaft.[5] Beitragsschuldner ist der zum Zeitpunkt der Fälligkeit im Grundbuch eingetragene Eigentümer; nur im Entstehungsstadium der Gemeinschaft ist es statt des im Grundbuch eingetragenen Bauträgers ein etwaiger Käufer als "werdender Eigentümer" (→ § 1 Rdn 18). Ob eine Einheit baulich existiert (oder – insbes. bei einer Mehrhausanlage – noch gar nicht errichtet wurde), ist prinzipiell unerheblich.[6] Falls das Grundbuch unrichtig sein sollte, ist der "wahre" Eigentümer Beitragsschuldner. Zu einer unrichtigen Grundbucheintragung kann es kommen, wenn ein Erwerber Kaufvertrag und Übereignung erfolgreich angefochten hat; dann schuldet er als "Bucheigentümer" (Scheineigentümer) kein Hausgeld und kann bezahlte Beiträge zurückverlangen,[7] wenn nicht Treu und Glauben (z.B. bei jahrelanger Eigennutzung durch den Bucheigentümer) eine Ausnahme gebieten.[8] Gehört ein Wohnungseigentum mehreren Personen (z.B. Ehegatten oder Miterben) haften diese als Gesamtschuldner (§ 421 BGB),[9] d.h. jeder auf das Ganze. Ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) Eigentümerin, haften deren Gesellschafter analog § 128 HBG gesamtschuldnerisch, und zwar analog § 160 Abs. 1 S. 1 HGB bis zu 5 Jahre nach einem etwaigen Ausscheiden aus der Gesellschaft.[10]

 

Rz. 3

Nach dem Tod eines Wohnungseigentümers sind dessen Hausgeldrückstände Nachlassverbindlichkeiten, was die Beschränkung der Haftung auf den Nachlass ermöglicht.[11] Nach dem Erbfall fällig werdende Hausgeldpflichten sind hingegen aus der Eigentümerstellung resultierende Eigenverbindlichkeiten des Erben (ohne die Möglichkeit der Haftungsbeschränkung).[12] Für den Fiskus als "Noterben" gilt das aber grundsätzlich nicht; für ihn sind Hausgeldverbindlichkeiten Nachlassschulden (weil er nicht die Möglichkeit der Ausschlagung der Erbschaft hat).[13] Ein Testamentsvollstrecker haftet in dem einen wie im anderen Fall gem. § 2213 Abs. 1 BGB mit dem Nachlass, nicht mit dem Privatvermögen.[14] Ist der Erbe unbekannt, sollte die WEG in einem ersten Schritt beim zuständigen Nachlassgericht (gem. § 343 FamFG das Amtsgericht am letzten Wohnsitz des Verstorbenen/Erblassers, der sich im Zweifel durch Nachfragen beim Einwohnermeldeamt herausfinden lässt) Auskunft zur Person des Erben beantragen. Denn mit jedem Erbfall wird beim Nachlassgericht eine eigene Akte angelegt; das Recht auf Auskunft betreffend den Inhalt der Nachlassakte ergibt sich aus § 13 Abs. 1 FamFG. Führt das zu keinem Ergebnis, kann die Gemeinschaft gem. § 1961 BGB beim Nachlassgericht die Bestellung eines Nachlasspflegers beantragen, der den Erben zu ermitteln hat.[15] Zur Hausgeldzahlung ist der Nachlasspfleger zwar nicht verpflichtet, aber berechtigt. Bleibt das Hausgeld offen, ist ein Nachlasspfleger für die dann notwendige Titulierung und anschließende Zwangsversteigerung sowieso nötig. Achtung: Wenn man nicht sicher ist, ob ein Wohnungseigentümer, der seine Zahlungen eingestellt hat, noch lebt, sollte man sich hierüber vor der Titulierung sichere Kenntnis verschaffen (was mitunter detektivische Arbeit erfordert). Ein Titel gegen eine verstorbene Person nützt nichts ("rausgeworfenes Geld"); eine Umschreibung gem. § 727 ZPO auf den (irgendwann ermittelten) Erben ist nämlich nicht möglich, weil sie eine Rechtsnachfolge nach Rechtshängigkeit voraussetzt.

 

Rz. 4

Bei einem Eigentümerwechsel schuldet der bisherige Eigentümer die Beiträge, die noch zum Zeitpunkt seiner Eigentümerstellung fällig wurden (Fälligkeitstheorie → § 8 Rdn 34). A...

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