Rz. 65

Die Auseinandersetzung mit der Thematik der "Eignung" oder "Ungeeignetheit" zum Führen von Kraftfahrzeugen in Verbindung mit Drogenkonsum ist einmal zu sehen unter der Definition und Klärung der vorgenannten Begriffe sowie unter dem Aspekt der möglichen Maßnahmen der Straßenverkehrsbehörde. Zur Thematik der "Eignung" bzw. der "Ungeeignetheit" sowie ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen eine Begutachtung angeordnet werden kann, ist zu verweisen auf Literaturbeiträge.[52]

 

Rz. 66

Die Thematik des Einflusses von Drogen auf die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen beschäftigt sich mit der Art der Drogen, der Menge, der Gewöhnung und der Fähigkeit zur Trennung zwischen dem Führen eines Kraftfahrzeuges und der Einnahme von Drogen.

 

Rz. 67

Zunächst ist festzustellen, dass die unterschiedliche rechtliche Behandlung im Hinblick auf die Fahreignung des einmaligen Konsums von Alkohol einerseits und von harten Drogen andererseits mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist.[53]

 

Rz. 68

Die regelmäßige Einnahme von Cannabis lässt nach Nr. 9.2.1 der Anlage 4 zur FeV die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen in der Regel entfallen. Unter diesem Verhalten ist ein täglicher oder nahezu täglicher Konsum – an der Mehrzahl der Wochentage – zu verstehen.[54] Das Rauchen von zwei bis drei Joints täglich über den Zeitraum von über einem halben Jahr stellt einen solchen regelmäßigen Konsum dar.[55] Zur Feststellung eines solchen regelmäßigen Konsums reichen die eigenen Angaben des Betroffenen im Strafverfahren aus.[56] Grund für den Ausschluss der Fahreignung bei regelmäßigen Konsumenten ist die Gefahr, dass der Betroffene durch die häufige Aufnahme fortlaufend unter Drogeneinfluss steht, die Frage einer verantwortungsvollen Trennung zwischen Drogenkonsum und Verkehrsteilnahme stellt sich somit nicht mehr.

 

Rz. 69

Ein gelegentlicher Konsum von Cannabis führt nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV noch nicht zum Verlust der Kraftfahreignung. Liegt keine Kombination von gelegentlicher Einnahme von Cannabis mit dem Fehlen der Fähigkeit zur Trennung des Konsums vom Führen eines Kraftfahrzeuges vor, bleibt die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen erhalten.[57] Von einem gelegentlichen Konsum von Cannabis ist dann zu sprechen, wenn der Betroffene mehrmals, aber deutlich weniger als täglich die Droge zu sich nimmt.[58] Der zweimalige Konsum innerhalb eines längeren Zeitraums genügt für Gelegentlichkeit. Ein gelegentlicher Cannabiskonsum schon im jugendlichen Alter stellt einen Anhaltspunkt dar, "der auf das ständige Vorhandensein fahreignungsrelevanter körperlich-geistiger Leistungsdefizite schließen lässt".[59] Fällt ein gelegentlicher Cannabiskonsum mit zeitgleichem Alkoholkonsum in der Art und Weise zusammen, dass eine kombinierte Rauschwirkung entstehen kann, entfällt die Kraftfahreignung nach der kritikwürdigen Rechtsprechung des BVerwG regelmäßig, d.h. auch ohne Verkehrsteilnahme.[60] Der einmalige "Probierkonsum" von Cannabis bleibt demgegenüber ohne Belang für die Kraftfahreignung.[61] Von einem solchen einmaligen Cannabiskonsum ist auszugehen, wenn dem Betroffenen nur ein Fall von Cannabiskonsum nachgewiesen werden kann.[62] Zutreffend ist hier davon auszugehen, dass auch zwei Konsumakte innerhalb eines kurzen Zeitraums das Stadium des Probierkonsums nicht unterbrechen: Voraussetzung ist lediglich, dass der neue Konsumakt den vorhandenen Rausch perpetuieren soll, jedoch kein neues Rauscherlebnis gesucht wird.[63]

 

Rz. 70

Hat es die zuständige Fahrerlaubnisbehörde im Anschluss an eine Fahrt unter Ecstasy- und Cannabis-Einwirkung versäumt, (damals) rechtmäßigerweise die Fahrerlaubnis wegen bestehender Ungeeignetheit zu entziehen, so kann nach Ablauf eines Zeitraums von fast vier Jahren nur noch dann von einem Eignungszweifel ausgegangen werden, wenn Anhaltspunkte für einen weiteren Drogenkonsum vorliegen. Aufgrund des Zeitablaufs seit dem Vorkommnis ist kein Regelfall i.S.d. Nr. 9.1 der Anlage 4 FeV mehr anzunehmen. Jedoch ist in einem solchen Fall die Anordnung einer Medizinisch-Psychologischen Untersuchung gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 2 FeV rechtmäßig.[64]

 

Rz. 71

Ist die Fahrerlaubnis wegen eines Drogendeliktes im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr entzogen worden, so ist bei Neuerteilung der Fahrerlaubnis die Anordnung der Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens nach § 14 Abs. 1 Nr. 2 FeV nicht mehr zulässig, wenn die Tat wegen Zeitablaufs einem Verwertungsverbot unterliegt.[65]

[52] B. NK-GVR/Koehl, § 11 FeV Rn 26–58; Geiger, NZV 2003, 272; Bode, Blutalkohol 41 (2004), 234; Hillmann III, zfs 2004, 49; Krumm, NZV 2009, 215.
[53] VGH Mannheim zfs 2005, 158 m. Anm. Haus.
[54] VGH Mannheim DAR 2004, 170 = zfs 2004, 189; ebenso VGH Mannheim DAR 2004, 49; NK-GVR/Koehl, § 11 FeV Rn 35.
[55] BayVGH SVR 2010, 310.
[56] VG Braunschweig SVR 2014, 356 m. Anm. Koehl.
[57] NK-GVR/Koehl, § 11 FeV Rn 37.
[58] VGH Mannheim NZV 2004, 213.
[59] OVG Lüneburg zfs 2003, 322.
[60] BVerwG SVR 2014, 314 m. Anm. v. Koehl; a.A. Pießkalla, NZV 2008, 542 und VGH Mün...

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