Rz. 25

Hat sich jemand als ungeeignet zum Führen von Fahrzeugen erwiesen und ist zu einem späteren Zeitpunkt im Rahmen der Wiedererteilung zu prüfen, ob er seine Eignung wiedererlangt hat, so muss die Prüfung auch die Beurteilung von Änderungen in den Eignungsvoraussetzungen einschließen.

 

Rz. 26

Die Bedeutung von Veränderungen in den Eignungsvoraussetzungen bei der zu treffenden Entscheidung über die Eignung muss im Zusammenhang mit dem konkreten Anlass der Eignungsprüfung gesehen werden. In Betracht kommt eine erneute Eignungsprüfung nach vorangegangener Verneinung der Eignung, z.B. beim Ersterwerb oder bei der Fahrerlaubnis auf Probe. Auch bei der Eignungsprüfung aufgrund von Maßnahmen nach dem Punktesystem kann ins Gewicht fallen, ob die Voraussetzungen, die zu den Verkehrsverstößen und damit zu den Eintragungen im Fahreignungsregister geführt haben, sich geändert haben, z.B. eine berufliche Veränderung eines Führerscheininhabers, etwa im Falle eines Berufskraftfahrers, der stets unter dem Stress beruflicher Belastung gearbeitet hatte und nunmehr nicht mehr beruflich mit dem Auto ständig unterwegs ist. Insbesondere bei der Eignungsprüfung im Falle der beantragten Wiedererteilung einer entzogenen Fahrerlaubnis kommt dem Aspekt der Änderungen in den Eignungsvoraussetzungen, speziell bei einer vorangegangenen Alkoholtat, eine große Bedeutung zu.

1. Konkrete Veränderungen der Lebenssituation und Lebensführung

 

Rz. 27

Bei der (Neu-)Beurteilung der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen sind konkrete Änderungen der Lebenssituation und Lebensführung, die auf die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen Einfluss haben können, zu berücksichtigen.

 

Rz. 28

Nach Bode/Winkler können dies verschiedene Umstände sein, z.B.

Stress,
Belastung,
Ermüdung,
Krankheit,
berauschende Mittel,
Alkohol.[28]

Bei der (Neu-)Erteilung der Fahrerlaubnis besteht keine Eignungsvermutung, d.h. die Erteilung der Fahrerlaubnis ist zu versagen, wenn die Eignung nicht positiv festgestellt werden kann.[29]

 

Rz. 29

Stress, Belastungen oder Überforderungen können dazu führen, dass die Grenzen der Leistungsfähigkeit eines Fahrzeugführers überschritten und Verkehrssituationen nicht richtig beurteilt bzw. gemeistert werden. Zu denken wäre z.B. an die Situation des Auslieferungsfahrers, der ständig in dem Konflikt, schnell Waren auszuliefern einerseits und keine Verkehrsbehinderungen beim Ladevorgang zu verursachen andererseits, in Stress gerät und schließlich – um den Arbeitsplatz nicht zu verlieren – die Interessen des Arbeitgebers als wichtiger bewertet als ein verkehrsgerechtes Verhalten. Diesem so belasteten Kraftfahrer kann es passieren, dass er wegen häufiger Verkehrsbehinderungen auffällig wird durch hohe Punkteintragungen im Fahreignungsregister. Ändert sich die berufliche Situation für diesen Auslieferungsfahrer, so kann dieser Umstand einen wichtigen Aspekt darstellen, der die durch sein früheres Verhalten indizierte Ungeeignetheit wieder aufhebt.

 

Rz. 30

Auch Ermüdung führt zu einem Absinken der Leistungsfähigkeit.[30] Eine ständige, evtl. berufsbedingte Überlastung führt zur Übermüdung. Diese Situation, welche die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen beeinflusst, kann sich ändern, wenn die zur Übermüdung führenden Umstände ausgeräumt werden entweder durch bessere Zeit- und Terminplanung oder durch eine Änderung der persönlichen oder beruflichen Situation.

 

Rz. 31

Auch krankheitsbedingte Einschränkungen der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen können ausgeschaltet sein nach Diagnose der Ursachen und erfolgreicher therapeutischer Behandlung der Krankheit.

 

Rz. 32

Bei dem die Eignung aufhebenden oder einschränkenden Genuss von Drogen und insbesondere Alkohol führt eine festgestellte und objektiv nachgewiesene Abstinenz von diesen Drogen zu einer Veränderung bei der Eignungsbeurteilung.

[28] Bode/Winkler, § 3 Rn 315.
[29] OVG Münster NJW 2007, 2938; dazu Geiger, SVR 2008, 154.
[30] Zur Thematik allg. Quarch, SVR 2009, 215; ders., SVR 2012, 19.

2. Alkohol und Trinkgewohnheiten

 

Rz. 33

Die Teilnahme am Straßenverkehr unter Einfluss von Alkohol wird vom Gesetz als Straftatbestand oder Ordnungswidrigkeit sanktioniert.

 

Rz. 34

Zunächst ist die Beurteilung der Alkoholproblematik im Hinblick auf die "Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen" nicht nur zu sehen unter dem Aspekt der absoluten oder relativen Fahruntüchtigkeit,[31] sondern insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Gefährlichkeit, die von der Teilnahme am Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss ausgehen kann. Also ist entscheidend die Frage, ob bei dem Fahrerlaubnisinhaber oder -bewerber eine Alkoholproblematik festzustellen ist, die die Annahme rechtfertigt, dass es unter dem Einfluss von Alkohol zu Gesetzesverstößen im Straßenverkehr kommen wird.

 

Rz. 35

Die Alkoholproblematik verdeutlicht sich an verschiedenen Merkmalen, nämlich

der Höhe der Blutalkoholkonzentration,
der Art des Verkehrsverstoßes,
der Tageszeit der festgestellten Alkoholkonzentration und schließlich
am Verhalten im Zusammenhang mit den Feststellungen bei der Blutentnahme.[32]
 

Rz. 36

Ein Führen eines Fahrzeuges ohne Veru...

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