Rz. 8

Bei Neuerteilung der Fahrerlaubnis nach Entziehung aufgrund festgestellten Umgangs mit Betäubungs- und Arzneimitteln ist die Fahrerlaubnisbehörde zur Anordnung der Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens im Rahmen der Neuerteilung verpflichtet, wenn aus Gründen des Umgangs mit Betäubungs- und Arzneimitteln die Fahrerlaubnis entzogen war, oder wenn zu klären ist, ob Abhängigkeit oder Einnahme von Betäubungs- und Arzneimitteln nicht mehr vorliegen (§ 14 Abs. 2 FeV).

 

Rz. 9

Auch kann die Beibringung eines Gutachtens einer BfF angeordnet werden, wenn Cannabis gelegentlich eingenommen wurde und weitere Tatsachen Zweifel an der Eignung gemäß § 14 Abs. 1 S. 3 FeV rechtfertigen. Gleiches gilt, wenn gelegentlicher Cannabiskonsum mit gelegentlichem Alkoholkonsum in der Weise zusammentrifft, dass eine kombinierte Rauschwirkung entstehen kann (Mischkonsum).[8] Diese Rechtsprechung ist nach Ansicht des Verfassers jedenfalls in Fällen, bei denen kein Zusammenhang des Mischkonsums zum Straßenverkehr besteht, kritikwürdig; es besteht nämlich kein Erfahrungssatz, nach dem eine Person nach der Einnahme von Cannabis und Alkohol (und bewusster Entscheidung, kein Fahrzeug zu führen) weniger an ihrem Trennungsentschluss festhalte als eine Person, die nur gelegentlich Cannabis konsumiert: Eine Schlechterstellung der Gruppe von Mischkonsumenten gegenüber der Gruppe gelegentlicher Cannabiskonsumenten ist damit nicht gerechtfertigt.[9] Der bloß gelegentliche Cannabiskonsum lässt, ohne das Vorliegen von Zusatztatsachen, die Fahreignung unberührt; Gleiches sollte für Mischkonsum mit Alkohol gelten, so lange kein Bezug zum Straßenverkehr besteht.

Liegt nur einmaliger Cannabiskonsum vor, rechtfertigen auch Zusatztatsachen keine Entziehung.[10] Allerdings geht die neue Rechtsprechung davon aus, dass der Betroffene konkrete und nachvollziehbare Angaben dazu machen muss, dass tatsächlich erstmaliger Konsum vorliegt.[11] Die Rechtsprechung knüpft hier daran an, dass das Zusammenfallen von Probierkonsum, Fahrtentschluss und Kontrolle so selten auftritt, dass eine solche Behauptung nicht glaubhaft erscheint. Diese Sichtweise ist, vor dem Hintergrund der Feststellungslast der Behörde für Tatsachen, welche Eignungszweifel begründen, ebenfalls kritikwürdig: Weisen z.B. die Werte des THC-Abbauproduktes THC-COOH auf einmaligen Konsum hin, dürfte es nicht statthaft sein, eine solche Substantiierungspflicht zu verlangen.

 

Rz. 10

Bei nachgewiesenem, regelmäßigem polytoxischen Drogenkonsum wird für die Frage der Wiedererteilung der Fahrerlaubnis ein dauerhafter und stabiler Einstellungswandel gefordert. Maßgebend sind die Umstände des Einzelfalles.[12] Rechtliche Vorgabe für die Beurteilung ist Nr. 9.5 der Anlage 4 zur Fahrerlaubnisverordnung, wonach die Fahreignung nach Entgiftung und Entwöhnung sowie anschließender (in der Regel) einjähriger Abstinenz wieder zu bejahen ist. Diese Regelung ist anzuwenden auf Fälle, in denen eine Abhängigkeit von Betäubungsmitteln bestand.[13]

 

Rz. 11

Den Fahrerlaubnisbehörden steht es nach pflichtgemäßem Ermessen frei, darüber zu entscheiden, ob sie Hinweise oder Auskünfte über Hilfen zur Wiedererlangung der Fahrerlaubnis geben. Gibt eine Fahrerlaubnisbehörde solche Hinweise, so kann sie dies auf Stellen beschränken, die bestimmte gesetzlich geregelte Kriterien erfüllen. Beschränkt eine Fahrerlaubnisbehörde die Hinweise nicht auf solche Stellen, so darf sie nicht einzelne Stellen von Hinweisen ausnehmen, soweit nicht eine Gefahr für Hilfesuchende gegeben ist.[14]

[8] BVerwG SVR 2014, 314 m. Anm. v. Koehl.
[9] VGH München, Urt. v. 12.3.2012 – 11 B 10.955; Pießkalla, NZV 2008, 542.
[10] Zuletzt OVG Hamburg Blutalkohol 51 (2014), 246.
[11] VG München, Beschl. v. 23.1.2017 – M 26 S 16.5527.
[12] VG Saarlouis Blutalkohol 45 (2008), 86.
[13] VG Saarlouis Blutalkohol 45 (2008), 86.
[14] VG Stuttgart NZV 2000, 351.

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