Rz. 33

Soweit es für die Begründung eines Arbeitsverhältnisses mit dem (zukünftigen) Beschäftigten erforderlich ist, dürfen personenbezogene Daten auch im Vorfeld der Eingehung eines Beschäftigungsverhältnisses verarbeitet werden (§ 26 Abs. 1 BDSG-Neu).

 

Rz. 34

Nach der Zweckbestimmung des Anbahnungsverhältnisses, welches durch eine Bewerbung begründet wird, kann die Erhebung von Daten über den Bewerber aus öffentlichen Quellen dazu dienen, über die Eignung des Bewerbers Auskunft zu geben. Arbeitgeber dürfen bei der Bearbeitung der Bewerbungsunterlagen grundsätzlich alle für den Auswahlprozess benötigten Angaben verwenden.[24]

 

Rz. 35

Jeder Arbeitgeber hat ein Interesse daran, sich bei der Vorstellung des Bewerbers nach dessen persönlichen Verhältnissen zu erkundigen. So kann es für ein Sicherheitsunternehmen erforderlich sein, bereits vor der Einstellung zu erfahren, ob der Bewerber bislang strafrechtlich in Erscheinung getreten ist. Wer beispielsweise in einer Sicherheitszentrale Alarmanlagen von Juweliergeschäften beaufsichtigten soll, sollte nicht schon wegen einschlägiger Diebstahlsdelikte auffällig geworden sein. Das BAG geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass bei der Prüfung der Eignung des Arbeitnehmers für die geschuldete Tätigkeit selbst die Frage nach anhängigen Ermittlungsfragen zulässig sein kann.[25] Ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers an einer solchen Frage sei zu bejahen, wenn auch ein Ermittlungsverfahren Zweifel an der persönlichen Eignung des Arbeitnehmers begründen könne. Ein Kindergärtner etwa, gegen den ein Ermittlungsverfahren wegen sexuellen Missbrauches von Kindergartenkindern im vorgehenden Arbeitsverhältnis läuft, hat regelmäßig kein schützenswertes Interesse daran, eine erneute Einstellung als Kindergärtner dadurch zu erreichen, dass er wahrheitswidrig bei der Bewerbung angibt, es laufe gegen ihn kein Ermittlungsverfahren. Dem steht selbst die in Art. 6 Abs. 2 EMRK verankerte Unschuldsvermutung nicht entgegen, denn aus der Unschuldsvermutung lässt sich nicht der Schluss ziehen, dass dem Betroffenen aus der Tatsache, dass ein Ermittlungsverfahren gegen ihn anhängig ist, überhaupt keine Nachteile entstehen dürften.

 

Rz. 36

Ist der Arbeitgeber im Einzelfall berechtigt, den Arbeitnehmer nach einem laufenden Ermittlungsverfahren zu befragen, kann es bei einem längeren Bewerbungsverfahren auch zulässig sein, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer, der im Laufe des Bewerbungsverfahrens erklärt hat, gegen ihn laufe kein Ermittlungsverfahren, verpflichtet, ein bis zum tatsächlichen Vertragsabschluss noch anhängig werdendes Ermittlungsverfahren nachträglich mitzuteilen. Eine solche Verpflichtung tangiert die Interessen des Bewerbers nicht erheblich mehr als die im Laufe des Bewerbungsverfahrens durch den Arbeitgeber mehrfach gestellte Frage nach einem laufenden Ermittlungsverfahren. Dem Arbeitnehmer ist es in derartigen Fällen regelmäßig nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) zumutbar, nachdem er eine entsprechende Verpflichtung übernommen hat, selbst tätig zu werden und das später eingeleitete Ermittlungsverfahren zu offenbaren.

 

Rz. 37

Fraglich ist jedoch, ob schutzwürdige Interessen der betroffenen Person einer Datenerhebung entgegenstehen. Dies ist jedenfalls der Fall, wenn das Interesse des (potenziellen) Arbeitnehmers, seine persönlichen Lebensumstände zum Schutze seines Persönlichkeitsrechtes und zur Sicherung der Unverletzlichkeit seiner Individualsphäre geheim zu halten, überwiegt.[26] Derartige schutzwürdige Interessen des (potenziellen) Arbeitnehmers überwiegen jedenfalls dort, wo die Rechtsordnung den Schutz der persönlichen Lebensumstände des Arbeitnehmers konkret festgelegt hat.

 

Rz. 38

Nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 81 Abs. 2 Satz 1 SGB IX ist es dem Arbeitgeber grundsätzlich untersagt, schwerbehinderte Beschäftigte wegen ihrer Behinderung zu benachteiligen. § 81 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 S. 1 SGB IX legt im Weiteren ausdrücklich fest, dass ein schwerbehinderter Beschäftigter bei einer Vereinbarung oder einer Maßnahme, insbesondere bei der Begründung des Arbeits- oder sonstigen Beschäftigungsverhältnisses, beim beruflichen Aufstieg, bei einer Weisung oder einer Kündigung nicht benachteiligt werden darf. Mit dieser Vorschrift ist zugleich die allgemeine Gleichbehandlungsrichtlinie der Europäischen Union vom 27.11.2000[27] umgesetzt worden, deren Art. 1 und 2 die unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung u.a. wegen einer Behinderung untersagt. Art. 5 verlangt, dass der Arbeitgeber die geeigneten und im konkreten Fall erforderlichen Maßnahmen ergreift, um Menschen mit Behinderung den Zugang zur Beschäftigung, die Ausübung des Berufes, den beruflichen Aufstieg und die Teilnahme an Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen zu ermöglichen, sofern diese den Arbeitgeber nicht unverhältnismäßig belasten. Eine unterschiedliche Behandlung wegen einer Behinderung ist nur insoweit zulässig, als eine Vereinbarung oder eine Maßnahme die Art der von dem schwerbehinderten Beschäftigten auszuübend...

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