Rz. 26

Bereits vor Begründung eines Arbeitsverhältnisses können Fragen des Datenschutzrechtes in verschiedenen Konstellationen Bedeutung erlangen.

 

Rz. 27

Bereits im Vorfeld der Begründung von Beschäftigungsverhältnissen gelangt der Arbeitgeber in den Besitz einer Vielzahl von personenbezogenen Daten des Betroffenen. Die klassische Bewerbungsmappe enthält neben dem Namen, der Anschrift und der Telefonnummer oftmals auch die Adresse der elektronischen Post eines Beschäftigten, Angaben über seine fachlichen und persönlichen Fähigkeiten, seine Kenntnisse und Erfahrungen sowie über die Ausbildung und seinen bisherigen beruflichen Werdegang. All dies sind unstreitig personenbezogene Daten, die mit dem Eingang der Bewerbung beim Arbeitgeber durch diesen wahrgenommen und erhoben werden.

 

Rz. 28

Das Web 2.0 macht es möglich: Immer mehr persönliche Daten finden den Weg in das Internet. Dass Personalabteilungen bei Bewerbungsverfahren nicht mehr allein auf die durch die Bewerber zur Verfügung gestellten Unterlagen zurückgreifen, sondern auch das Internet als Recherche-Instrument nutzen, um zusätzliche Informationen über den Bewerber zu erlangen, ist kein Geheimnis. Nach einer Studie des Bundes Deutscher Unternehmensberater nutzen bereits nahezu 30 % der Personalabteilungen diese Möglichkeit für die Erstellung konkreter Bewerberprofile.[22] Dabei kann es sich um Daten handeln, die der Betroffene selbst ins Netz gestellt hat, sei es aus beruflichen Gründen (z.B. bei solchen Diensten wie Xing) oder aus privaten Gründen jeglicher Art (beispielsweise auf der eigenen Internethomepage, auf Netzwerken wie Facebook oder StudiVZ). Schon durch einfaches "Googlen" können Unternehmen eine Vielzahl von Informationen über einen Bewerber erhalten, die die Erstellung eines ausführlichen Persönlichkeitsprofiles erlauben.

 

Rz. 29

DIE WELT[23] berichtete über einen Fall, in dem eine angehende Lehrerin auf der Internetplattform "MySpace" ein Bild von sich eingestellt hat, das sie mit gerötetem Gesicht, rosa T-Shirt und schwarzem Hut, auf dem ein Totenkopf mit Augenklappe aufgeklebt war, zeigte. Das entsprechende Foto hatte die angehende Lehrerin bezeichnenderweise mit "drunken pirate" betitelt. Die Leitung ihrer Universität bekam das Foto zu Gesicht, worauf die Professoren der angehenden Lehrerin die Zulassung als Pädagogin verweigerten. Zumindest in den USA – in der Bundesrepublik dürfte es Gott sei Dank anders sein – wurde diese Verweigerung als zulässig angesehen, nach Auffassung der US-Gerichte hatte die Lehrerin über ihr "privates Fotos" ab dem Zeitpunkt der Einstellung bei MySpace keine Kontrolle mehr, weswegen es aus Sicht der Universität gerechtfertigt erschiene, der Lehrerin die Eignung als Pädagogin abzusprechen.

 

Rz. 30

Hat der Betroffene die Hürde des Auswahlverfahrens einmal genommen und ist von dem Stapel aller Bewerbungen auf den Stapel "potenzieller Kandidaten" für die ausgeschriebene Stelle gelangt, folgt in aller Regel das Bewerbungsgespräch. Auch hier ergeben sich aus datenschutz- wie arbeitsrechtlicher Sicht erhebliche Probleme, die im Wesentlichen mit der "Befragungstechnik" und dem Inhalt konkreter Fragestellungen des Unternehmers an seinen potenziellen neuen Arbeitnehmer zu tun haben.

 

Rz. 31

Arbeitgeber sind verständlicherweise daran interessiert, vorzugweise leistungsfähige und gesunde Arbeitnehmer einzustellen. die Versuchung dazu, die Anfälligkeit für bestimmte Krankheiten bereits im Vorfeld einer möglichen Beschäftigung herauszufinden, liegt auf der Hand. Die allgegenwärtige Frage nach bestehender oder beabsichtigter Schwangerschaft dürfte dabei als eher "harmlos" einzustufen sein. Auch Informationen über

die rassische und ethnische Herkunft,
die Religion oder Weltanschauung,
eine Behinderung,
die sexuelle Identität,
die Vermögensverhältnisse,
Vorstrafen oder
laufende Ermittlungsverfahren

dürften für viele Arbeitgeber von erheblichem Interesse sein. Soweit der Bewerber nicht "freiwillig" Auskunft erteilt, bietet sich die Etablierung ärztlicher Untersuchungen oder von Eignungstests vor Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses an. All dies ist datenschutzrechtlich nicht ohne Weiteres zulässig, vieles in jedem Fall unzulässig.

 

Rz. 32

Die im Vorfeld der Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses zu beachtenden datenschutzrechtlichen Vorgaben sollen im Folgenden anhand bestimmter ausgewählter Fallkonstellationen dargestellt werden.

[22] Vgl. den Hinweis bei Oberwetter, BB 2008, 1562 ff.
[23] Artikel abrufbar unter: http://www.welt.de/welt_print/article1441060/experte_fordert_ablauffrist_fuer_daten_im_internet.html.

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