Rz. 43

Auch bei älteren Fahrzeugen kann es dem Geschädigten u.U. unzumutbar sein, sich auf die Reparatur in einer nicht markengebundenen Fachwerkstatt verweisen lassen zu müssen. Hierbei kann es auch von Bedeutung sein, ob es sich um ein "scheckheftgepflegtes" Fahrzeug handelt und in welcher Werkstatt es nach dem Unfall tatsächlich repariert worden ist. Der BGH hat in dem oben genannten "VW-Urteil"[46] ausdrücklich zwei Fälle erwähnt, bei denen eine Verweisung für den Geschädigten allein unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten unzumutbar ist.[47] Dies ist zum einen der Fall, wenn der Geschädigte durch eine konkrete Reparaturrechnung nachweist, dass er sein Fahrzeug tatsächlich in einer markenbezogenen Fachwerkstatt hat reparieren lassen. Zum anderen wäre eine Verweisung unzumutbar, wenn der Geschädigte sein Fahrzeug bisher stets in einer markenbezogenen Fachwerkstatt hat warten und reparieren lassen. Der Geschädigte muss dabei im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast zu den in der Vergangenheit erfolgten Wartungen und Reparaturarbeiten Stellung nehmen.

 

Rz. 44

Muster 8.8: Unzulässigkeit der Verweisung bei einem älteren Fahrzeug

 

Muster 8.8: Unzulässigkeit der Verweisung bei einem älteren Fahrzeug

Vorliegend sind die Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt in Ansatz zu bringen. Das Fahrzeug meiner Mandantschaft ist am _________________________ zugelassen worden und war zum Unfallzeitpunkt erst _________________________ Jahre alt. Die Verweisung auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit ist meiner Mandantschaft vor diesem Hintergrund nicht zuzumuten.

Zum einen bereits deshalb nicht, da eine solche Verweisung auch bei einem zum Unfallzeitpunkt über 3 Jahre alten Fahrzeug ausscheidet, wenn dieses in der Vergangenheit stets in einer markengebundenen Fachwerkstatt gewartet und repariert worden ist (BGH, Urt. v. 20.10.2009 – VI ZR 53/09 = NJW 2010, 606 und BGH, Urt. v. 23.2.2010 – VI ZR 91/09 = NJW 2010, 2118). Dies ist vorliegend der Fall. Wir überreichen insoweit als Nachweis _________________________.

Zum anderen scheidet vorliegend eine Verweisung auch deshalb aus, da die Gefahr besteht dass bei einer späteren Inanspruchnahme von Gewährleistungsrechten, einer Herstellergarantie oder Kulanzleistungen Schwierigkeiten auftreten können (BGH, Urt. v. 20.10.2009 – VI ZR 53/09 = NJW 2010, 606). Nach Auskunft des Herstellers ist bei dem hier betroffenen Fahrzeugtyp eine Herstellergarantie von _________________________ Jahren vorgesehen.

Zudem setzt der Hersteller nach den Richtlinien zur Reparatur folgende Umstände voraus, deren Vorhandensein bei der von Ihnen benannten Fachwerkstatt nicht nachgewiesen ist: _________________________.

 

Rz. 45

Zu beachten ist, dass der BGH dem Geschädigten eine sekundäre Darlegungslast im Hinblick auf die in seinem Wissens- und Herrschaftsbereich liegenden Umstände auferlegt hat, die für die Bestimmung der Zumutbarkeit der Verweisung auf die Reparatur in einer nicht markengebundenen Fachwerkstatt von Bedeutung sind. Dabei kann der Richter im Prozess auf Antrag der Schädigerseite dem Geschädigten oder einem Dritten gem. § 142 Abs. 1 ZPO auferlegen, in seinem Besitz befindliche Urkunden (insb. Wartungs- oder Reparaturrechnungen) vorzulegen. Die bloße Behauptung des Geschädigten, er habe sein Fahrzeug in der Vergangenheit immer in einer markengebundenen Fachwerkstatt warten lassen, genügt ohne Vorlage von Belegen jedoch nicht.[48]

 

Rz. 46

Muster 8.9: Subjektive Darlegungslast bei Streit über die in der Vergangenheit erfolgte Wartung

 

Muster 8.9: Subjektive Darlegungslast bei Streit über die in der Vergangenheit erfolgte Wartung

Die pauschale, mangels Belegen nicht überprüfbare Behauptung des Geschädigten, ihm wäre eine Verweisung auf die Reparatur in einer anderen nicht markengebundenen Werkstatt nicht zumutbar, da sein Fahrzeug in der Vergangenheit immer in einer Markenwerkstatt gewartet und repariert worden sei, ist unbeachtlich. Bzgl. dieser allein in seinem Wissen gestellten Umstände obliegt dem Geschädigten eine sekundäre Darlegungslast, welcher er substantiiert und durch Vorlage von Belegen (vgl. § 142 Abs. 1 ZPO) nachzukommen hat (BGH, Urt. v. 20.10.2009 – VI ZR 53/09 = NJW 2010, 606; BGH, Urt. v. 23.2.2010 –VI ZR 91/09 = NJW 2010, 2118). Bzgl. der angeblich angefallenen Arbeiten in einer markengebundenen Fachwerkstatt ist im Einzelnen darzulegen, wann diese angeblichen Arbeiten mit welchem Inhalt bei welcher Werkstatt erfolgt sind (AG Mülheim, Urt. v. 25.7.2011 – 13 C 677/11 – juris). Ohne einen derartigen Vortrag kommt die Geschädigtenseite ihrer Darlegungslast nicht nach und ihr diesbezügliches Vorbringen ist unbeachtlich (LG Nürnberg- Fürth, Urt. v. 13.1.2010 –8 S 6446/09 – juris; LG Halle, Urt. v. 26.3.2010 – 2 S 191/09 – juris).

Das Fahrzeug muss jedenfalls unabhängig davon, ob der Besitzer gewechselt hat, in der Vergangenheit bei einer markengebundenen Fachwerkstatt gewartet und repariert worden sein. Nur dann besteht ein entsprechend schützenswertes Vertrauen des Mar...

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