Rz. 358

Zwar liegt der Schluss nahe, dass der Geschädigte nach dem Unfall sein Fahrzeug wie bisher weiter nutzen will. Da dies aber nicht zwingend ist, sondern der Unfall für den Geschädigten auch den Anlass geben kann, sein Fahrzeug nicht weiter nutzen zu wollen, hat er seinen Nutzungswillen und die ihm mögliche Nutzung zumindest dann darzulegen und zu beweisen, wenn die Gegenseite dies bestreitet.[477] Der Nutzungswille muss dann festgestellt werden.[478] Zum Nachweis des Nutzungswillens genügt insoweit eine Reparaturbestätigung bzw. der Nachweis einer Neuanschaffung.[479] An der Nutzungsmöglichkeit fehlt es, wenn der Geschädigte aufgrund eines Personenschadens kein Fahrzeug führen kann.[480] Freilich sind Verletzungsarten denkbar, die den Geschädigten nicht beim Führen des Fahrzeugs einschränken, so dass eine pauschale Ablehnung des gegnerischen Versicherers nur wegen eines Personenschadens unzulässig ist. Denkbar ist etwa, dass derjenige, der an seinem linken Bein verletzt ist, noch sein Fahrzeug mit Automatikgetriebe nutzen kann. Bei einer HWS-Verletzung kann dies mitunter anders aussehen, wenn beispielsweise eine Cervicalstütze ("Halskrawatte") verordnet wurde und getragen wird. Dann dürfte es dem Geschädigten nicht möglich sein, das Fahrzeug zu führen, da er beispielsweise nicht in der Lage sein wird, den Schulterblick vorzunehmen. Dieser Grundsatz greift dann jedoch nicht, wenn das unfallbeschädigte Fahrzeug von nahen Angehörigen oder anderen Personen benutzt worden wäre.[481] In diesen Fällen ist allerdings zu beachten, dass aufgrund der Subjektbezogenheit des Schadens u.U. nur die Vorhaltekosten zu erstatten sind.[482]

 

Rz. 359

Muster 8.96: Nutzungsausfall trotz Personenschadens

 

Muster 8.96: Nutzungsausfall trotz Personenschadens

_________________________ Versicherung AG

_________________________

_________________________

Schaden-Nr./VS-Nr./Az. _________________________

Schaden vom _________________________

Pkw _________________________, amtl. Kennzeichen _________________________

Sehr geehrte Damen und Herren,

soweit Sie in vorbezeichneter Schadensache durch Schreiben vom _________________________ den Ausgleich jedweden Nutzungsausfallschadens ablehnen, vermag ich mich damit nicht einverstanden zu erklären.

Während der Reparatur in der Zeit vom _________________________ bis _________________________ stand das Unfallfahrzeug meinem Mandanten nicht zur Verfügung. Zwar war es ihm aufgrund des durch den Unfall verursachten erheblichen Personenschadens nicht möglich, das Fahrzeug in dieser Zeit praktisch zu nutzen. Dem Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung steht dies jedoch nicht entgegen. Nach einhelliger Auffassung in der Rechtsprechung und Literatur reicht es für die Nutzungsmöglichkeit aus, wenn das Unfallfahrzeug während der Ausfallzeit von nahen Angehörigen des Geschädigten genutzt worden wäre (BGH DAR 1974, 18, 19; OLG Koblenz NJW-RR 2004, 747; OLG Oldenburg (Oldenburg), Urt. v. 26.6. 2014 – 1 U 132/13, DAR 2015, 527).

Hier wurde das Fahrzeug vor dem Unfall gemeinsam von _________________________ und meinem Mandanten genutzt.

Während des reparaturbedingten Ausfalls stand das Unfallfahrzeug beiden nicht zur Verfügung.

Nach alledem ist der Anspruch meines Mandanten auf Ausgleich des bezifferten Ausfallschadens begründet. Für den Ausgleich des geltend gemachten Betrags habe ich mir eine letzte Frist bis zum

_________________________ (10-Tages-Frist)

notiert. Nach fruchtlosem Fristablauf werde ich meinem Mandanten die Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe empfehlen.

Mit freundlichen Grüßen

(Rechtsanwalt)

 

Rz. 360

Muster 8.97: Kein Nutzungsausfall bei Personenschaden

 

Muster 8.97: Kein Nutzungsausfall bei Personenschaden

Dem Kläger steht eine Nutzungsausfallentschädigung nicht zu.

Es fehlt an der Nutzungsmöglichkeit. An der Nutzungsmöglichkeit fehlt es, wenn der Geschädigte aufgrund eines Personenschadens kein Fahrzeug führen kann (OLG München VersR 1991, 324; LG Ingolstadt SP 2012, 224; OLG Frankfurt SP 2011, 291).

So liegt der Fall hier.

Der Kläger lässt vortragen, er nutze das verunfallte Fahrzeug allein. Er legt als Anlage K _________________________ den ärztlichen Bericht seines behandelnden Arztes _________________________ vor. Daraus ergibt sich, dass der Kläger für insgesamt 10 Tage wegen seiner diagnostizierten HWS-Verletzung eine Cervicalstütze ("Halskrawatte") tragen musste. Damit war der Kläger nicht in der Lage, ein Fahrzeug verkehrssicher im Straßenverkehr zu führen. Aufgrund der Cervicalstütze war es ihm nämlich etwa nicht möglich, den Schulterblick durchzuführen, der aber beispielsweise in Abbiegekonstellationen von der StVO und Rechtsprechung sogar mehrfach vorausgesetzt wird, z.B. beim Überholen, § 5 StVO.

Beweis: Sachverständigengutachten

Mangels Nutzungsmöglichkeit ist dem Kläger daher keine Nutzungsausfallentschädigung zu erstatten.

 

Rz. 361

Das Vorliegen des notwendigen Nutzungswillens ist grundsätzlich anzunehmen.[483] Er hat sich auf das verunfallte Fahrzeug zu beziehen.[484] Der Wille zur Nutzung des U...

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