Rz. 15

Erweisen sich Reparaturarbeiten einer Werkstatt als mangelhaft, stellt sich die Frage, wer die daraus resultierenden Folgeschäden (z.B. Kosten einer Nachbesserung, verlängerter Ausfallschaden) zu tragen hat. Dieses Risiko hat i.d.R. die Schädigerseite zu tragen, die ja ebenfalls für die Mehraufwendungen aufkommen müsste, wenn sie (theoretisch) selber die Reparaturwerkstatt ausgewählt hätte.[19] Im Gegenzug ist der Geschädigte allerdings dazu verpflichtet, dem Schädiger die ihm gegen die Werkstatt zustehenden Ansprüche (ggf. in analoger Anwendung des § 667 BGB) abzutreten.[20] Auf diesem Wege wird es dem Schädiger ermöglicht, die Mehrkosten bei der Reparaturwerkstatt beizutreiben.

 

Rz. 16

Muster 8.2: Mehrkosten wegen mangelhafter Reparatur

 

Muster 8.2: Mehrkosten wegen mangelhafter Reparatur

_________________________ Versicherung AG

_________________________

_________________________

Schaden-Nr./VS-Nr./Az. _________________________

Schaden vom _________________________

Pkw _________________________, amtl. Kennzeichen _________________________

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich nehme Bezug auf Ihr Schreiben vom _________________________. Darin vertreten Sie die Auffassung, die durch die mangelhafte Reparatur verursachten Mehrkosten seien von meinem Mandanten zu tragen. Hiermit vermag ich mich nicht einverstanden zu erklären.

Entgegen der von Ihnen vertretenen Auffassung muss sich meine Mandantschaft das Fehlverhalten der von ihm beauftragten Werkstatt nicht zurechnen lassen. Nach einhelliger Auffassung in der Rechtsprechung ist die Reparaturwerkstatt nicht Erfüllungsgehilfe des Geschädigten. Führt die vom Geschädigten beauftragte Reparaturwerkstatt die Reparaturarbeiten unsachgemäß aus, hat der Schädiger auch die dadurch verursachten Mehrkosten zu übernehmen (vgl. BGH NJW 1992, 302; OLG Hamm NZV 1995, 442).

Danach habe ich Sie aufzufordern, den von Ihnen in Abzug gebrachten Reparaturkostenbetrag umgehend, spätestens jedoch bis zum

_________________________ (10-Tages-Frist)

auszugleichen. Im Gegenzug wird Ihnen mein Mandant die ihm möglicherweise zustehenden Mängelgewährleistungsrechte gegen die Reparaturwerkstatt abtreten, sofern Sie dies möchten (LG Hagen, Urt. v. 4.12.2009 – 8 O 97/09 – juris).

Sollte der Ausgleich der weiteren Reparaturkosten nicht innerhalb der gesetzten Frist erfolgen, werde ich meinem Mandanten empfehlen, gerichtliche Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Mit freundlichen Grüßen

(Rechtsanwalt)

 

Rz. 17

Das Werkstattrisiko einer unsachgemäßen oder verzögerten Reparatur verbleibt daher grundsätzlich beim Geschädigten.[21] Dies gilt auch dann, wenn durch fehlerhafte Reparaturarbeiten ein weiterer nicht unfallkompatibler Schaden verursacht worden ist.[22] Im Gegenzug steht der Schädigerseite ein Anspruch auf Abtretung möglicher Ersatzansprüche des Geschädigten als Vertragspartner gegenüber der Reparaturwerkstatt wie schon dargelegt zu[23] und diesbezüglich kann die Schädigerseite zumindest ein Zurückbehaltungsrecht geltend machen. Dieses sollte im Fall eines Prozesses durch die Beklagtenseite hilfsweise ausgesprochen werden und zugleich eine Streitverkündung gegenüber dem Reparaturbetrieb erfolgen. Der Geschädigte hat dagegen seine Schadensminderungspflicht gem. § 254 Abs. 2 BGB zu wahren und ggf. die Mängelbeseitigungs- und Schadensersatzrechte durch eine Fristsetzung zu wahren.

 

Rz. 18

Muster 8.3: Zurückbehaltungsrecht im Prozess wegen Ersatzanspruch gegenüber der Werkstatt

 

Muster 8.3: Zurückbehaltungsrecht im Prozess wegen Ersatzanspruch gegenüber der Werkstatt

Selbst wenn der Vortrag der Klägerseite zutrifft und diese Verantwortung für den verfolgten Schaden trifft, sondern hierfür allein die eingeschaltete Reparaturwerkstatt verantwortlich sein sollte, so steht der Schädigerseite bei Übernahme des sog. Werkstattrisikos ein Anspruch gegen den Geschädigten auf Abtretung eines Ersatzanspruchs gegenüber der Werkstatt zu (BGH NJW 1975, 160; LG Hagen, Urt. v. 14.12.2009 – 8 O 97/09 – juris Rn 32). Ein solcher Anspruch berechtigt zu der Einrede des

Zurückbehaltungsrechts,

welches hilfsweise für den Fall geltend gemacht wird, dass die Einwendungen zur Verantwortlichkeit der Klägerseite nicht eingreifen und der Beklagtenseite das alleinige "Werkstattrisiko" auferlegt wird. Es könnte allenfalls ein Verurteilung Zug-um-Zug erfolgen.

 

Rz. 19

Der Grundsatz, wonach sich der Geschädigte im Rahmen seiner freien Auswahl der Reparaturwerkstatt kein Fehlverhalten der Reparaturwerkstatt zurechnen lassen muss, findet dort seine Grenze, wo die fehlerhaften Reparaturarbeiten durch unsachgemäße Beauftragung oder Auswahl der Reparaturwerkstatt vom Geschädigten mitverschuldet oder mitverursacht wurden. Dies ist der Fall, wenn die vom Geschädigten beauftragte Reparaturwerkstatt erkennbar und voraussehbar nicht über ausreichende Sachkunde für die Durchführung der Reparatur verfügt.[24]

 

Rz. 20

Die Schadensminderungspflicht gebietet dem Geschädigten jedoch in Ausnahmefällen, auf eine vom Schädiger empfohlene Reparaturwerkstatt zurückzugreifen. D...

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