Rz. 137

Zu den Rücklagen findet sich in der Gesetzesbegründung folgende Erläuterung: "Der Vermögensbericht muss den Stand der Erhaltungsrücklage (§ 19 Abs. 2 Nr. 4 WEG) und etwaiger durch Beschluss vorgesehener Rücklagen enthalten. Anzugeben ist jeweils der Ist-Stand des tatsächlich vorhandenen Vermögens, das für die Erhaltung beziehungsweise andere Zwecke reserviert ist; offene Forderungen oder zur Liquiditätssicherung umgewidmete Mittel sind insoweit nicht anzugeben. Der Stand der Rücklagen ist ungeachtet seiner Höhe anzugeben. Hierin liegt auch der Grund, warum das Gesetz die Rücklagen ausdrücklich erwähnt, obwohl sie begrifflich bereits vom Gemeinschaftsvermögen erfasst werden."[241]

 

Rz. 138

Nach der zum alten Recht ergangenen Rspr. des BGH gehörte zu einer vollständigen Jahresabrechnung die Darstellung des Bestands und der Entwicklung der Instandhaltungsrücklage sowie eine Gegenüberstellung von "Soll- und Ist-Rücklage", die insbesondere Aufschluss über Zahlungsrückstände geben sollte.[242] Die neue gesetzliche Regelung hat diese Vorgaben nur teilweise übernommen. Zum einen sind Informationen über die Erhaltungsrücklage nicht mehr Gegenstand der Jahresabrechnung, sondern des Vermögensberichts, was zur Folge hat, dass fehlende oder fehlerhafte Angaben nicht zur Anfechtbarkeit des Abrechnungsbeschlusses führen. Zum anderen verlangt das Gesetz nur eine Mitteilung über den Stand der Rücklage (Ist-Stand zum Jahresende), nicht aber eine Darstellung über deren Entwicklung. Man kann nicht davon ausgehen, dass dem Gesetzgeber die BGH-Rspr. unbekannt war; es liegt insoweit also keine planwidrige Lücke vor. Tatsächlich ist die knappe, nach dem Gesetz erforderliche Pflichtangabe auch ausreichend. Den Stand der Rücklage zum Jahresanfang können die Wohnungseigentümer dem Vermögensbericht des Vorjahres entnehmen. Etwaige Zahlungsrückstände sind im Vermögensbericht ohnehin gesondert auszuweisen. Und die vom BGH ehedem so hochgehaltene "Darstellung der Entwicklung der Rücklage" ist entbehrlich – zumindest dann, wenn in den Einzelabrechnungen ausgewiesen wird, welche Ausgaben aus der Rücklage finanziert wurden.

 

Rz. 139

Weil es sich bei der Rücklage um ein rein buchhalterisches Vermögen handelt, kann ihre Ausweisung Schwierigkeiten machen, wenn die Buchhaltung der Vergangenheit fehlt oder ungeordnet ist. Vor diesem Problem stehen Verwalter nicht selten nach der Übernahme eines neuen Objekts. Manchmal weist die Vorjahresabrechnung eine Rücklage (Ist-Stand) zum Jahresende aus, die in dieser Höhe gar nicht vorhanden ist. Manchmal fehlt es auch an einer Vorjahresabrechnung oder sind dieser keine klaren Angaben zu entnehmen. Der (den Tatsachen entsprechende) Ist-Stand zum Jahresanfang des Folgejahres kann deshalb nicht an die Vorjahresabrechnung anknüpfen.[243] Sinnvollerweise wird in diesen Fällen der "Ist-Stand" zum Jahresanfang bzw. zum Ende des Vorjahres per Beschluss festgelegt,[244] und zwar am einfachsten dahingehend, dass der gesamte Geldbestand als Rücklage definiert wird. Wird ein solcher Beschluss nicht gefasst, sollte sich im Vermögensbericht jedenfalls ein erläuternder Hinweis darauf finden, dass und warum es diese Diskrepanz gibt.[245]

[241] RegE WEMoG BT-Drucks 19/18791, 77 f.
[243] Zu Unrecht sind Dötsch/Schultzky/Zschieschack, Kap. 10 Rn 142 der Meinung, dass dieses Problem zusammen mit der "Soll-Rücklage" weggefallen sei.
[244] AG Pinneberg v. 6.6.2017 – 60 C 71/16, ZMR 2017, 771; LG München I v. 11.8.2016 – 1 T 10569/16, IMR 2016, 473, Rn 5.
[245] LG Frankfurt/M. v. 5.3.2020 – 13 S 65/19, IMR 2020, 299 zum alten Recht.

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