Rz. 13

Obwohl die gesetzliche Grundlage (§ 28 Abs. 2 WEG) dürftig ist, stellt die Rspr. detailreich ausdifferenzierte Anforderungen an die Gestaltung der Jahresabrechnung, die nachfolgend dargestellt werden. Von diesen Vorgaben darf durch Mehrheitsbeschluss nicht abgewichen werden, was mit dem ansonsten hochgehaltenen Grundsatz der Selbstverwaltung schwer zu vereinbaren ist. Die WEG-Reform 2020 hat daran nichts geändert. Neu ist nur, dass Verstöße nicht mehr zur Anfechtbarkeit des Abrechnungsbeschlusses führen (sofern sie sich nicht auf das Abrechnungsergebnis auswirken). Das bedeutet nicht, dass der einzelne Eigentümer fehlerhafte Abrechnungen ohne eine Möglichkeit des Rechtsschutzes hinzunehmen hätte; es ändert sich nur die Vorgehensweise. Will ein Eigentümer eine ordnungsmäßige, d.h. den Vorgaben der Rspr. genügende Abrechnung durchsetzen, kann bzw. muss er eine entsprechende Leistungsklage gegen die Gemeinschaft erheben.

 

Rz. 14

Seit eh und je betont die Rspr., dass die WEG-Jahresabrechnung keine Bilanz und keine Gewinn- und Verlustrechnung sein darf, sondern im Kern eine auf den Abrechnungszeitraum bezogene Einnahmen- und Ausgabenrechnung (nach dem Zufluss- und Abflussprinzip) i.S.v. § 259 Abs. 1 BGB darstellt. Hierfür verwendet der BGH den Begriff der Gesamtabrechnung.[21] Der Gesetzgeber der WEG-Reform 2020 hat diese Vorgaben (ohne den Begriff der Gesamtabrechnung zu verwenden) aufgegriffen und in § 28 Abs. 2 S. 2 WEG vorgesehen, dass die Jahresabrechnung "die Einnahmen und Ausgaben enthalten" muss. Nach der insoweit unverändert gültigen BGH-Rspr. erfordert eine ordnungsmäßige Gesamtabrechnung eine geordnete und übersichtliche, inhaltlich zutreffende und vollständige Gegenüberstellung der tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben. Die Ausgaben und Einnahmen müssen in übersichtlicher und nachprüfbarer Weise nach Grund und Höhe aufgeführt sein,[22] also ausreichend aufgeschlüsselt werden. Ausgaben, die eng zusammenhängen ("Kostenarten"), dürfen zusammengefasst werden, und zwar insbesondere entsprechend der Zusammenfassung im Betriebskostenkatalog (§ 2 BetrKV); insoweit kann für die WEG-Jahresabrechnung nichts anderes als für die mietrechtliche Betriebskostenabrechnung gelten.[23] Verschiedentlich verlangten Gerichte die separate Ausweisung von Verwaltersonderhonorar (für separat berechnete Zusatzleistungen), damit dieses nicht unter der allgemeinen Position "Verwaltervergütung" gewissermaßen versteckt wird.[24] Saldierungen[25] sind in Bilanzen gem. § 246 Abs. 2 HGB zwar grundsätzlich verboten, in einer WEG-Jahresabrechnung aber zulässig, solange die Transparenz dadurch nicht beeinträchtigt wird.[26] Weitergehende, grundsätzliche Anforderungen, die die Rspr. bislang an die Nachvollziehbarkeit des Gesamtwerks "Jahresabrechnung" stellte, sind vor dem Hintergrund des neuen Rechts weitgehend obsolet. So entschied der BGH zum alten Recht, dass die Jahresabrechnung für die Wohnungseigentümer ohne Hinzuziehung fachlicher Unterstützung aus sich heraus verständlich sein und sie in die Lage versetzen müsse, die Vermögenslage der Wohnungseigentümergemeinschaft zu erfassen und auf ihre Plausibilität hin zu überprüfen. Die Wohnungseigentümer müssten nachvollziehen können, was mit den eingezahlten Mitteln geschehen ist, insbesondere ob sie entsprechend den Vorgaben des Wirtschaftsplans eingesetzt worden sind.[27] Entschieden wurde des Weiteren, dass es nicht ausreiche, wenn die Abrechnung erst aufgrund einer erläuternden Darstellung des Verwalters, womöglich noch mit einer Vielzahl von Zu- und Abrechnungen, verständlich werde.[28] Diese Anforderungen sind nicht falsch geworden; sie dürften aber "automatisch" erfüllt sein, wenn der Verwalter die Gesamt- und Einzelabrechnungen nebst Vermögensbericht gesetzeskonform vorlegt. Unverändert aktuell und richtig ist aber jedenfalls der Grundsatz, dass die Berufung auf eine unzulängliche Abrechnungssoftware einen Verwalter nicht entlastet: Wenn eine fehlerhafte Abrechnung auf den Einsatz einer Software zurückzuführen ist, die den Anforderungen einer ordnungsgemäßen Abrechnung nicht genügt, rechtfertigt das keine abweichende rechtliche Beurteilung. Es ist Sache des Verwalters, eine zutreffende Abrechnung vorzulegen.[29]

 

Rz. 15

Nach der bisherigen Rspr. des BGH gehört zu einer vollständigen Jahresabrechnung eine "Kontenabstimmung" bzw. ein "Kontenabgleich". Dazu müssen die Kontenstände zum Beginn und zum Ende des Abrechnungszeitraums (also i.d.R. zum 1.1. und 31.12.) mitgeteilt und in Bezug zur Gesamtabrechnung gesetzt werden. Die Kontenstände müssen sich aus den Einnahmen und Ausgaben nachvollziehen lassen (Schlüssigkeitsprüfung nach dem Schema: Kontenanfangsbestand + Einnahmen ./. Ausgaben = Kontenendbestand).[30] Werden die tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben in der Abrechnungsperiode nämlich vollständig in die (Gesamt-)Abrechnung aufgenommen, so stimmt deren Differenz mit der Differenz der Anfangs- und Endbestände der Bankkonten und ggf. der Barkasse überein, über die diese Umsätz...

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