Rz. 1

Wer das Mandat erhält, bei der Erstellung von Vorsorgevollmachten, Generalvollmachten und Patientenverfügungen zu beraten oder entsprechende Entwürfe zu fertigen bzw. als Notar anschließend zu beurkunden, sieht sich hohen Herausforderungen gegenüber, bei denen hohe Fachkompetenz ebenso gefragt ist wie Sozialkompetenz. Die insoweit abgefragte Fachkompetenz gilt es ständig zu aktualisieren, um veränderter Rechtsprechung aber auch veränderter Gesetzgebung Rechnung tragen zu können. Beispielhaft sei nur auf den zum 1.1.2023 in Kraft getretenen neuen § 1831 BGB verwiesen (vgl. hierzu aber auch schon § 1906a BGB a.F. bis 31.12.2022).[1]

 

Rz. 2

Sozialkompetenz ist dort aufzubringen, wo man auf Menschen trifft, die sich in einer besonders sensiblen Verfassung befinden, tragen sie sich doch mit dem Gedanken, Vorkehrungen für schwere Erkrankungen und ihr Ableben zu treffen.

Bei derartigen Anforderungen ist es sicherlich gerechtfertigt, auch auf ein entsprechend faires Honorar hinzuwirken. Wer sein Honorar sichern will, muss demgemäß schon bereits mit äußerster Sorgfalt vor Übernahme des Mandates vorgehen, Hinweispflichten beachten und insbesondere sog. Vergütungsfallen zu vermeiden suchen. Dies funktioniert nur dann, wenn man der aktuellen Gesetzgebung und der entsprechenden Rechtsprechung zum anwaltlichen Gebührenrecht ebenso Beachtung schenkt wie den das eigentliche Mandat prägenden Vorschriften. Die Gefahren sind hier für den tätigen Rechtsanwalt weitaus größer als für den mit der Erstellung von Vollmachten beauftragten Notar, der bei der Honorargestaltung aufgrund der Vorschriften des GNotGK praktisch keinerlei Gestaltungsmöglichkeiten zur Verfügung hat.

 

Rz. 3

Solche Gestaltungsmöglichkeiten sind vom Gesetzgeber geradezu gewünscht, was sich darin zeigt, dass zum 1.7.2006 für den gesamten außergerichtlichen Beratungsbereich die gesetzlichen Gebühren außer Kraft gesetzt wurden.

Der damalige VV 2100 RVG a.F. wurde durch § 34 RVG ersetzt, wodurch der Rechtsanwalt praktisch gezwungen ist, auf eine Gebührenvereinbarung mit dem Mandanten hinzuwirken.

 

Rz. 4

Wenn dies – aus welchen Gründen auch immer – unterlassen wird, so verweist man ihn auf die Vorschrift von § 612 Abs. 2 BGB, was letztendlich darauf hinausläuft, dass durch ein Gericht anschließend im Streitfalle festgestellt werden muss, was einer ortsüblichen Vergütung entspricht.

 

Rz. 5

Zu Recht ist es inzwischen nicht mehr zweifelhaft, dass der Gesetzgeber es hier nicht zulässt, bei der Frage der "üblichen Vergütung" auf die gesetzliche Vergütung vor dem 1.7.2006 zurückzugreifen. Schon früh gab Römermann zu bedenken, dass der Gesetzgeber die deutsche Anwaltschaft nicht in das Nirwana seiner eigenen Hilflosigkeit geschickt habe, um es letztendlich doch wieder bei den gesetzlichen Gebühren des RVG zu belassen.[2] Zulässig ist es natürlich, über eine Gebührenvereinbarung die Anwendung des alten Rechts und damit die Anwendung einer gegenstandswertorientierten Abrechnung aus dem RVG Geltung zu verschaffen (siehe Rdn 21).

 

Rz. 6

Wird die Tätigkeit des Rechtsanwalts gegenüber einem Verbraucher im Sinne von § 13 BGB erbracht, was bei der Erstellung von Vorsorgevollmachten stets der Fall ist, ist die Vergütung – soweit keine andere Vereinbarung getroffen ist – auf 190 EUR zzgl. Umsatzsteuer gedeckelt, wenn sich die Beratungstätigkeit auf ein erstes Beratungsgespräch beschränkt, und auf 250 EUR zzgl. Umsatzsteuer, wenn ansonsten Beratung geleistet wird.

 

Rz. 7

Der in den vergangenen Jahren bisweilen gesuchte Ausweg, Entwurfstätigkeiten gegenstandswertorientiert über eine Geschäftsgebühr nach VV 2300 RVG abzurechnen, ist durch die Entscheidungen des BGH vom 22.2.2018 sowie vom 15.4.2021 – nunmehr endgültig – verbaut. Dort wird in der erforderlichen Eindeutigkeit bekräftigt, dass der Entwurf eines Testaments, eines einseitigen Schreibens oder aber der Entwurf einer wie auch immer gearteten Vollmacht nicht die Geschäftsgebühr auslöse, sondern über § 34 RVG abzurechnen sei.[3]

 

Rz. 8

Überraschend kam die Entscheidung nicht, nachdem bereits die Oberlandesgerichte Nürnberg, Düsseldorf und Frankfurt in gleicher Richtung geurteilt hatten und damit Gegenansichten in der Literatur widersprachen.[4]

Versuche, den Gesetzgeber dazu zu bewegen, die Erstellung von Entwürfen wieder in den Bereich einer Geschäftsgebühr zu verlegen (wie es bei § 118 BRAGO noch der Fall war) sind gescheitert. Wer hierüber immer noch klagt, übersieht die Chancen, die § 34 RVG bietet, wenn man das Instrumentarium der Gebührenvereinbarung richtig angewendet. Dazu gehört, dass bereits zu Beginn des Mandates die Vergütungsfrage mit dem Auftraggeber unter Berücksichtigung aller Hinweispflichten umfassend und transparent geregelt werden sollte, will man spätere vergütungsrechtliche Nachteile nicht in Kauf nehmen. Die nachfolgenden Ausführungen sollen den Blick in einen speziellen Vergütungsrechtskommentar allerdings nicht ersetzen, sondern den hier angesprochenen Anwalt für besondere Vergütungsprobleme sensibilisieren, die mit...

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