Rz. 153

Mit dem am 1.4.2005 in Kraft getretenen Justizkommunikationsgesetz[161] (JKomG) wurden für den Bereich der Justiz und Rechtspflege weitere rechtliche Voraussetzungen geschaffen, um Verfahrensabläufe für alle hieran Beteiligten den gegenwärtigen technischen Möglichkeiten der Informationsverarbeitung anzupassen.[162] Das zentrale Ziel der Neuregelungen ist die Ermöglichung einer elektronischen Aktenführung sowie im Rahmen des so genannten elektronischen Rechtsverkehrs eine umfassende rechtsverbindliche elektronische Kommunikation zwischen Verfahrensbeteiligten und Gerichten. Auf diese Weise sollen elektronische Akten u.a. kontinuierlich verfügbar sein und der Akten- und Dokumententransfer beschleunigt werden. Des Weiteren sollen verschiedene Bearbeiter an unterschiedlichen Orten gleichzeitig auf die Akten zugreifen können und durch Suchfunktionen verschiedenste Akteninhalte in kürzester Zeit auffindbar sein. Im Jahr 2017 wurden mit dem E-Akte-Gesetz[163] weitere rechtliche Grundlagen für eine elektronische Aktenführung geschaffen.

 

Rz. 154

§ 46d ArbGG, § 130b ZPO erlauben, dass gerichtliche Dokumente (Urteil, Beschluss, Protokoll), die der Schriftform bedürfen, als elektronische Dokumente aufgezeichnet werden können. Hierbei kann die handschriftliche Unterzeichnung durch eine qualifizierte elektronische Signatur ersetzt werden. § 46e ArbGG, § 298a ZPO erlauben die Führung einer elektronischen Prozessakte. Näheres wird von Bund und Ländern jeweils durch Verordnung geregelt.[164] § 46e Abs. 2 ArbGG sieht derweil vor, dass in Papierform eingereichte Schriftstücke und andere Unterlagen in ein elektronisches Dokument übertragen werden sollen; im Ergebnis wird also eine Hybridakte eingeführt.[165]

Ab dem 1.1.2026 werden gemäß § 46e Abs. 1a ArbGG (i.d.F. ab 1.1.2018) die Prozessakten elektronisch geführt. Die Bundes- und Landesregierungen haben jeweils für ihren Bereich durch Rechtsverordnung die organisatorischen und dem Stand der Technik entsprechenden technischen Rahmenbedingungen für die Bildung, Führung und Aufbewahrung der elektronischen Akten einschließlich der einzuhaltenden Anforderungen der Barrierefreiheit zu regeln. Ferner können Bundesregierung und die Landesregierungen jeweils für ihren Bereich durch Rechtsverordnung bestimmen, dass Akten, die in Papierform angelegt wurden, in Papierform weitergeführt werden. Der Gesetzgeber hat sich damit noch nicht zwingend auf eine Technik festgelegt und es können ohne weitere Gesetzesänderungen kraft Rechtsverordnung die technischen und organisatorischen Rahmenbedingungen festgesetzt werden.[166]

 

Rz. 155

Um die Beteiligten nicht zu überfordern und zur Sicherstellung ordnungsgemäßer Bearbeitung, erlaubt § 298 Abs. 1 ZPO (im Arbeitsgerichtsprozess anzuwenden nach § 495 ZPO, §§ 46 Abs. 2, 80 Abs. 2 ArbGG) den Ausdruck für die Akten von elektronischen Dokumenten (§§ 46c, 46d ArbGG, §§ 130a, 130b ZPO). Beim derzeitigen Stand der Technik dürfte dies auch den Erfordernissen der unabhängigen richterlichen Tätigkeit entsprechen.[167] Der Aktenausdruck ist nach den allgemeinen, für Schriftstücke geltenden Aufbewahrungsvorschriften zu behandeln. § 298 Abs. 3 ZPO regelt die diesbezüglichen – aufwendigen – Formerfordernisse für elektronische Dokumente, die mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen und nicht auf einem sicheren Übermittlungsweg i.S.d. § 46c Abs. 4 ArbGG (§ 130a Abs. 4 ZPO) eingereicht wurden. Es ist ein Transfervermerk erforderlich, der dreierlei enthalten muss: zunächst die Angabe, wer der Inhaber des mit dem Dokument verbundenen Signaturschlüssels ist, also der Signaturschlüssel-Inhaber. Zudem muss festgestellt werden, wann die elektronische Signatur mit dem Do­kument verbunden wurde. Der Zeitpunkt lässt sich zum Beispiel anhand einer mit einem Zeitstempel ­versehenen qualifiziert-elektronischen Signatur eines akkreditierten Zertifizierungsdiensteanbieters bestimmen. Schließlich ist die Angabe notwendig, welche Zertifikate mit welchen Daten der Signatur zugrunde lagen. Hierdurch kann in Verbindung mit den anderen Angaben die Geltung des Signaturschlüssels überprüft und festgestellt werden, ob der Signaturschlüssel zum Zeitpunkt seiner Nutzung noch gültig war und ob das zugehörige Zertifikat entsprechende Rechtshandlungen, ggf. in Verbindung mit Attributzertifikaten, ermöglichte. Der gem. § 298 Abs. 3 ZPO erforderliche Transfervermerk kann maschinell erstellt werden. Um diese Verfahrensweise zu ermöglichen, verzichtet das Gesetz auf das Erfordernis einer handschriftlichen Unterzeichnung des Transfervermerks. Diese Voraussetzungen entsprechen weitgehend den Formerfordernissen, die für die behördliche Beglaubigung von Ausdrucken öffentlicher elektronischer Dokumente gem. § 33 Abs. 5 VwVfG gelten.[168]

Wird das elektronische Dokument auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht, so genügt es nach § 298 Abs. 2 ZPO, dies aktenkundig zu machen.

 

Rz. 156

Umgekehrt können gem. § 46e Abs. 2 ArbGG (§ 298a Abs. 2 ZPO) auch Papierdokumente der elektronisc...

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