Rz. 1

Der im Familienrecht tätige Rechtsanwalt wird immer häufiger mit Fragestellungen, die Auslandsberührungen haben, konfrontiert. Die enger werdende Zusammenarbeit der Europäischen Länder und die Globalisierung der Märkte ermöglichen und fördern Ehen und Partnerschaften mit unterschiedlichen Staatsangehörigkeiten, Religionen und Kulturen. Die Möglichkeiten für Familien sind sowohl hinsichtlich der Anlage des Vermögens, des Erwerbs von Immobilien oder aber des Arbeitsplatzes vielfältig und grenzübergreifend. Daraus ergeben sich Rechtsfragen und Probleme sowohl bei der Eheschließung als auch bei einer Trennung und Scheidung. Die Klärung der vermögensrechtlichen Angelegenheiten ist dabei nicht selten die Schlüsselproblematik, da gerade sie die Zukunft der Eheleute entscheidend prägt und bestimmt. Der zu Rate gezogene Anwalt muss daher nicht nur die Regelungen des deutschen Vermögensrechts kennen, sondern auch die anzuwendenden internationalen Normen und Staatsverträge, um sowohl bei der Eheschließung als auch bei der Scheidung und Trennung eine umfassende Beratung vornehmen zu können. Nicht selten wird auch die Anwendung des ausländischen Rechtes notwendig sein.[1]

Geht man von 2,4 Mio. Eheschließungen in einem EU-Mitgliedsstaat aus, so haben 12,5 % (300.000) davon einen internationalen Bezug, bei 1.040.000 Ehescheidungen in einem EU-Mitgliedstaat sind dies 13 % (Stand 2007).[2] Diese Zahlen zeigen deutlich, dass die Beratung von Paaren mit Auslandsbezug und internationale Scheidungen nicht nur ein Randbereich sind, sondern zunehmend an Bedeutung gewinnen werden.

Sobald ein Fall einen Auslandsbezug hat, sind zunächst die einschlägigen Rechtsnormen und Rechtsquellen zu ermitteln. Dies stellt sich aufgrund der verschiedenen nationalen Rechtsnormen und der verschiedenen internationalen Verträge häufig nicht ganz einfach dar. Speziell im Güterrecht mangelt es jedoch an auf diesem Gebiet zugeschnittenen Staatsverträgen. Eine spezielle Europäische Güterrechtsverordnung ist jedoch geplant.[3]

Zunächst ist zu unterscheiden zwischen dem Internationalen Verfahrensrecht (besonders die Überprüfung der Internationalen Zuständigkeit der Gerichte) und dem Internationalen Privatrecht (die Überprüfung, welche materiell-rechtlichen Normen aus welchem Recht eines Staates zur Anwendung kommen). Hier erfolgt eine strikte Trennung. Aus der Zuständigkeit eines Gerichtes kann nicht auf das anzuwendende Recht geschlussfolgert werden.

 

Rz. 2

Die wesentlichen Rechtsquellen für die Bearbeitung eines Falles mit Auslandsbezug sind:

EGBGB

Im EGBGB sind es im Wesentlichen die Art. 15 (Güterrechtsstatut), Art. 14 (Ehewirkungsstatut) und Art. 16 (Schutz Dritter) die bei der Bearbeitung von güterrechtlichen Problemen und Fragen zur Anwendung kommen.

FamFG

Das FamFG befasst sich in seinem Abschnitt 9 des ersten Buches mit den Verfahren mit Auslandsbezug. Hier geht es um die Klärung der internationalen Zuständigkeit der Gerichte. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte in Güterrechtsangelegenheiten wird nicht durch internationale Verträge oder Abkommen bestimmt, so dass für isolierte Verfahren § 105 FamFG zur Anwendung kommt. Die Bestimmung der internationalen Zuständigkeit eines Gerichtes folgt der örtlichen Zuständigkeit, sog. Doppelfunktionstheorie. Für im Verbund anhängige Verfahren folgt die Zuständigkeit über die Verbundzuständigkeit, so dass das im Scheidungsverfahren zuständige Gericht auch international für die Klärung der Güterrechtsangelegenheiten zuständig ist. Hier erfolgt die Zuständigkeit aus den Normen für die Zuständigkeit der Ehesache nach Art. 3, Art. 19 Brüssel IIa-VO.

Rom III-VO[4]

Die Rom III-VO gilt für alle Scheidungsverfahren, die nach dem 21.Juni 2012 eingeleitet wurden und werden und regelt die Anwendung des für die Ehescheidung anzuwendenden Kollisionsrechts.

 

Hinweis

Damit richtet sich das auf die Ehescheidung anzuwendende Recht – Achtung! nicht das Güterrecht – nicht mehr nach den Normen des EGBGB, sondern nach dieser ROM III-VO.

Die VO findet nur in den Mitgliedsstaaten Anwendung, die sich an der Zusammenarbeit beteiligt haben. Derzeit sind das: Belgien, Bulgarien, Deutschland, Frankreich, Italien, Lettland, Spanien, Luxemburg, Malta,[5] Ungarn, Österreich, Portugal, Rumänien, Litauen, Griechenland und Slowenien. Sofern ein Mitgliedsstaat durch den Fall betroffen ist, der sich der Rom III-VO nicht angeschlossen hat, erfolgt die Anwendung und die Bestimmung des Kollisionsrechts durch die jeweiligen nationalen Kollisionsnormen.

Die Rom III-VO ist gem. Art. 1 Abs. 2 nicht auf die Scheidungsfolgen, und damit nicht auf Unterhaltsrecht, Kindschaftsrecht und Güterrecht anzuwenden.

Deutsch-Iranisches Niederlassungsabkommen v. 1929[6]

Das Niederlassungsabkommen vom 17.2.1929 zwischen dem Deutschen Reich und dem Kaiserreich Persien bestimmt, dass für Beteiligte, die beide die iranische Staatsangehörigkeit besitzen, gem. Art. 8 Abs. 3 des Abkommens, iranisches Recht zur Anwendung kommt. Dieses ist vorrangig. Bes...

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